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Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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versucht, mich umzubringen. Und das war sehr ungewöhnlich. Meine lange Erfahrung hatte mich gelehrt, dass immer, wenn man irgendwelchen Übeltätern auf der Spur war, früher oder später einer von ihnen versuchte, einen umzubringen. Was ja aus Sicht der Übeltäter auch durchaus sinnvoll war.
    Trotz dieser Anomalie schlief ich sofort ein. Doch als mich am nächsten Tag tatsächlich jemand umzubringen versuchte, war ich beinahe erleichtert.

Kapitel IX
    Am nächsten Morgen verließen wir Pompeji mit noch dröhnenden Köpfen und leicht zittrigen Händen. Das Wetter war umgeschlagen, und es hatte angefangen zu nieseln, ein wenig Regen im Gesicht war genau das Richtige für uns. Gegen Mittag waren unsere Köpfe beinahe wieder klar. Alle fünf Meilen gab es an der Straße einen angenehmen Rastplatz, an dem Reisende sich ausruhen konnten. Jeder dieser Rastplätze war mit steinernen Tischen, einem Brunnen mit klarem, sauberem Wasser und Schatten spendenden Platanen ausgestattet.
    Als die Sonne unserer Meinung nach im Zenith stand (sie war noch immer nicht zu sehen, aber es hatte aufgehört zu regnen) legten wir an einem dieser Plätze eine Rast ein.
    Wir saßen von unseren Pferden ab, ließen sie grasen und packten das Mittagessen aus, das Belasus uns aufmerksamerweise aus den Resten des vorabendlichen Gelages zusammengestellt hatte. Während meine Männer auf einem Tisch ein großes Tuch ausbreiteten, hockte ich mich unter einen der Bäume auf den Boden. Der morgendliche Nieselregen war zu schwach gewesen, um das dichte Laub der Platane zu durchdringen, so dass der Boden trocken geblieben war.
    „Willst du dich nicht zu uns gesellen, Praetor?“, fragte einer der Männer, als der Tisch gedeckt war.
    „Nein, ich bleibe lieber hier unten. Bring mir einfach,,,“, in diesem Augenblick wurde ich von einem Pfeil getroffen.
    In meinem langen, kampferprobten Leben bin ich etliche Male verletzt worden. Ich bin von Speeren durchbohrt und mit Steinschleudern traktiert worden, man hat mit Schwertern und Dolchen auf mich eingestochen, mir Messerwunden zugefügt, mich niedergeknüppelt, mit Fäusten auf mich eingeprügelt, mich mit Steinen und Dachziegeln beworfen und sogar mit einem Streitwagen überrollt, doch ich war noch nie von einem Pfeil getroffen worden. Pfeile hatte ich nie besonders gefürchtet, denn Italier sind im Großen und Ganzen jämmerliche Bogenschützen. Wir sind mehr auf Nahkampf mit kaltem Stahl spezialisiert, und die Legionen heuern ihre Bogenschützen normalerweise in Kreta oder im Osten an, wo der Bogen als bevorzugte Waffe gilt.
    Doch da saß ich im südlichen Campania unter einer Platane, und plötzlich schoss aus dem Nichts ein Pfeil durch die Reste des morgendlichen Nebelschleiers und traf mich in den Oberkörper, direkt unterm linken Schlüsselbein. Gerade wartete ich noch friedlich auf mein Mittagessen, leicht verkatert zwar, aber mit der Welt im Einklang, und im nächsten Augenblick sah ich verblüfft hinab auf den gefiederten Schaft eines Pfeils, der aus meinem eigenen allzu sterblichen Fleisch ragte. Manchmal spielt einem das Leben übel mit.
    „Praetor!“, schrie einer meiner Männer. Alle eilten zu mir. Bis auf Hermes natürlich. Er verschwendete für solchen Unsinn keine Zeit. Stattdessen zog er sein Schwert und stürmte in das Gebüsch auf der anderen Straßenseite, aus dem der Pfeil gekommen war.
    „Helft ihm!“, brachte ich hervor. Außer einem Jungen namens Manius Silvius folgten alle meiner Anweisung. Er war der Sohn einer mit uns befreundeten Familie. Ich war auf die Seite gefallen, und er hob mich vorsichtig an und lehnte mich gegen den Baumstamm.
    „Du hast keine große Zukunft in der römischen Politik, Manius“, krächzte ich mühsam, „wenn du dich lieber um einen sterbenden Praetor kümmerst, als einen Mörder zu jagen, was zumindest ein bisschen Spaß verspricht.“
    „Du wirst nicht sterben, Praetor“, stammelte er, ganz und gar nicht überzeugt.
    „Und warum nicht?“, fragte ich. „Meine Brust ist von einem Pfeil durchbohrt. So sterben Menschen nun einmal.“ „Aber wer könnte es auf dich abgesehen haben?“, fragte er.
    „Vielleicht Cupido, aber eigentlich bezweifle ich das. Schließlich sind keine Frauen in der Nähe.“
    „Wie bitte?“, fragte er. Manchmal verschwende ich meine geistreichsten Sprüche an solche Leute.
    Kurz danach kehrten Hermes und die anderen ohne jegliche Trophäen zurück. „Ihr habt ihn entkommen lassen, stimmt´s?“, fragte ich

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