Das Orakel des Todes
mir Kissen in den Rücken schoben. Mir wurde schwarz vor Augen, und ich biss die Zähne zusammen, um nicht zu schreien. Dann lehnte ich mich zurück in die Kissen, und der Schmerz ließ nach, doch der Schweiß lief mir in Strömen übers Gesicht Julia reichte mir einen Becher stark gewässerten Weins mit Eiswürfeln (in der Villa des Hortalus mangelte es uns an keiner Annehmlichkeit), und nach kurzer Zeit konnte ich wieder reden.
„Hast du irgendetwas in Erfahrung gebracht?“, fragte ich Hermes.
„Ich habe den Pfeil einem Pfeilmacher gezeigt, und er meint, dass er in dieser Gegend hergestellt wurde. Seiner Meinung nach handelt es sich um einen gängigen Typ, der vor allem für Jagdzwecke verwendet wird. Außerdem habe ich ein paar Jäger mit Hunden angeheuert und sie an die Stelle geführt, an der du attackiert wurdest, aber wie du dich erinnerst, hat es an dem Tag geregnet, und in der darauf folgenden Nacht hat es sogar richtig geschüttet. Die Hunde haben zwar im Gebüsch das Versteck des Schützen entdeckt, aber das ist auch alles.“
„Er muss uns gefolgt sein. Erinnerst du dich, wer auf der Straße in unserer Nähe war?“
„Es herrschte ziemlich viel Verkehr, aber die meisten Leute waren zu Fuß unterwegs. Wer auch immer uns gefolgt ist, muss ein Pferd gehabt haben.“
„Oder er ist vor uns geritten und hat kehrtgemacht, als wir die Rast eingelegt haben.“
„Wenn ein Jäger auf dich angesetzt wurde“, wandte Hermes ein, „hätte er auch zu Fuß mit uns Schritt halten können, allerdings müsste er dann jenseits der Straße durch die Felder gerannt sein. Wir sind schließlich sehr gemächlich vor uns hin getrottet.“
„Zu viele Möglichkeiten“, stellte Julia fest. „Wie immer.“
„Dieser verflixte Fall zeichnet sich nicht gerade dadurch aus, dass wir bei seiner Aufklärung übermäßig viel Glück haben“, seufzte ich.
„Als sich herumsprach, dass ich wieder unter den Lebenden weilte, bekam ich jede Menge Besuch. Sämtliche Amts- und Würdenträger der umliegenden Städte machten mir ihre Aufwartung, ebenso die wichtigsten Landbesitzer. Auch Pompeius kam vorbei, um zu sehen, wie es mir ging, und wollte mir weismachen, dass ich mich besser der Behandlung mit dem heißen Eisen unterzogen hätte, da dies die Wundheilung beschleunigt hätte. Ich verkniff mir die ,Frage, ob er die Tortur je über sich selbst hatte ergehen lassen. Sabinilla schaute ebenfalls herein, diesmal trug sie eine schwarze Perücke. Porcia beehrte mich mit einem Arm voller Heilkräuter aus ihrem eigenen Garten und gab Julia genaue Anweisungen für die Zubereitung. Ich dankte ihr für ihre Aufmerksamkeit, doch meine Wunde schien gut zu heilen, weshalb ich mir die Einnahme der Kräuter ersparte.
Jedes medizinische Gebräu schmeckt abscheulich.
Nach zehn Tagen war ich wieder auf den Beinen, konnte umherlaufen und fast wieder normal atmen. Zum Glück hatte sich die Wunde nur leicht entzündet, und die Entzündung war schnell zurückgegangen. Ich hatte schon befürchtet, dass, die Infektion mich monatelang ans Bett fesseln oder ich sogar sterben würde.
Sobald meine Brust und meine Schultern das Gewicht aushalten konnten, trug ich, wenn ich das Haus verließ, unter meiner Kleidung eine Rüstung. Es war eine vernünftige Vorsichtsmaßnahme, und Julia hatte darauf bestanden. Meine Männer begleiteten mich jetzt auf Schritt und Tritt, und zwar immer bewaffnet. An einem Gebüsch vorbei zu gehen, machte mich jedes Mal total nervös. Ich war in meinem Leben schon etliche Male attackiert worden, doch wenn es Klinge gegen Klinge ging, hatte ich immer das Gefühl gehabt, der Situation gewachsen zu sein. Aus der Ferne von einem unsichtbaren Feind beschossen zu werden, hatte hingegen etwas zutiefst Beunruhigendes.
Als ich ausreichend genesen war, verordnete mir der Arzt regelmäßige körperliche Bewegung. Auf dem Anwesen befanden sich alle nur erdenklichen Einrichtungen, unter anderem auch ein Gymnasium, aber als amtierender Praetor und Mann des öffentlichen Lebens galt es als unschicklich, sich vom Volk abzukapseln, weshalb ich den Besuch einer öffentlichen Einrichtung vorzog. In der Nähe von Baiae gab es eine große Palaestra im griechischen Stil, die von den Einwohnern etlicher umliegender Städte genutzt wurde. Sie verfügte über Anlagen zum Laufen, Ringen, Boxen und so weiter, und, da wir uns in Italia befanden, auch über ein großes Feld zum Üben mit Waffen, auf dem sogar Übungswaffen und -schilde sowie Ziele zum
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