Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel des Todes

Das Orakel des Todes

Titel: Das Orakel des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
gehört, und die ganze Gegend brodelt von Gerüchten, dass dort angeblich ein handfester Kampf der Götter im Gange sei.“
    „Von solcher Tragweite ist das Ganze nun auch wieder nicht“, entgegnete ich und fasste in groben Zügen zusammen, was sich ereignet hatte und was wir bereits wussten. Darüber hinaus weihte ich ihn auch in einige unserer Mutmaßungen und Spekulationen ein. Das mag vielleicht unklug erscheinen, wenn man sich mitten in einer laufenden Untersuchung befindet, aber ich hatte schon des Öfteren die Erfahrung gemacht, dass es sich mitunter auszahlte, den Rat eines an dem Fall Unbeteiligten einzuholen, der die Beweise mit frischen Augen und unbelastet von den Mutmaßungen und Vorurteilen derjenigen sieht, die zu eng mit dem Fall befasst sind und deren Blick dadurch häufig verengt ist.
    Er stieß einen Pfiff aus. „Was für eine Geschichte! Du glaubst also, dass dort eine kriminelle Bande ihr Unwesen treibt?“
    „Unter anderem, aber eine Reihe von Dingen passen für mich bisher einfach nicht zusammen. Der Hekatekult bereitet mir dabei noch das geringste Kopfzerbrechen. Ausländische Kulte sind immer verdächtig, Gier und Diebstahl weit verbreitet. Aber eine Reihe Dinge stellen mich vor ein Rätsel. Zum Beispiel die Frage, wie sie es geschafft haben, so lange mit ihrem Treiben unbehelligt davonzukommen. Und was haben die Apollopriester mit der ganzen Sache zu tun? Gut, Apollo ist ebenfalls kein römischer Gott, aber sowohl er selbst als auch seine Anhänger und Priester sind seit Jahrhunderten der Inbegriff von Respektabilität.“
    Belasus dachte eine Weile nach, wobei er gelegentlich an seinem exzellenten Wein nippte. „Na ja, auch Tempel machen mitunter harte Zeiten durch. Die Angehörigen des Tempels leben schließlich nicht von der Freigiebigkeit des Gottes. Ohne einen Wohltäter können sie sich nicht über Wasser halten. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Tempel sich betrügerischer Machenschaften bedient, um seine Existenz zu sichern. Im Osten soll es sogar Tempel geben, die Huren als Priesterinnen ausgeben und für deren Dienste wie in jedem Bordell bezahlt werden muss.“
    „Stimmt“, pflichtete ich ihm in Gedanken versunken bei. Der Hinweis auf die Wohltäter hatte in meinem Kopf etwas angestoßen. „Was weißt du über eine Familie namens Pedarius?“
    „Sie leben nördlich von hier. Ich sehe sie so gut wie nie, aber sie sind Patrizier, und die Ursprünge der Familie gehen bis auf Aeneas zurück, wenn man ihnen glauben kann. Nach allem, was ich höre, sind sie völlig verarmt und lassen sich kaum blicken, da es ihnen peinlich ist, dass sie sich den Stil einer patrizischen Familie nicht leisten können.“
    „Warum fungiert die Familie dann als Patron des Apollotempels?“, fragte ich mich laut.
    „Keine Ahnung“, erwiderte Belasus. „Aber wenn diese Familie mein Patron wäre, würde ich auch stehlen.“
    Das Essen war vorzüglich, und die Stimmung ausgelassen. Der Speiselieferant verstand sein Geschäft. Es gab frischen Fisch aus der nahe gelegenen Bucht, geröstetes Zicklein, gegrilltes Ferkel und etwas, das in jenen Tagen nur äußerst selten serviert wurde: gebratenes Rindfleisch. Wir sahen in Rindern vor allem Arbeitstiere, die bis auf die ganz jungen Tiere viel zu zäh waren, als dass sie zum Verzehr geeignet wären, doch ein ansässiger Bauer hatte eine verwöhnte Rinderherde, die er, anstatt sie zur Arbeit einzusetzen, auf einer Weide faulenzen und Gras fressen ließ. Außerdem fütterte er sie mit einer speziellen Kost aus in Wein getränktem Getreide, und sie hatten erstaunlich schnell Fleisch angesetzt. Die bloße Vorstellung von zartem Fleisch mag vielleicht schon als ein Widerspruch in sich erscheinen, aber dieses Fleisch war so zart wie das erlesenste Lamm, und es hatte den feinsten Geschmack, den ich je kennen gelernt hatte. Die Gallier und die Briten aßen zwar häufig Rindfleisch, aber sie kochten die einzelnen Teile so lange, bis das Fleisch nahezu geschmacklos war und nur noch die Brühe zum Verzehr taugte.
    Wie auch immer, der Abend war ein voller Erfolg. Wir tranken und aßen alle viel zu viel, was Männer hin und wieder tun müssen, da sonst die Welt aus dem Gleichgewicht gerät. An diesem Abend hielten wir die Welt perfekt im Lot.
    Als ich später in einem der zahlreichen Schlafzimmer zu Bett ging, wusste ich, dass irgendetwas nicht stimmte. Und dann fiel es mir schlagartig ein. Es war etwas, das ich Julia gegenüber erwähnt hatte. Niemand hatte

Weitere Kostenlose Bücher