Das Orakel des Todes
Bogenschützen, Freund der Weinverkäufer und Feind der Abstinenz! „ „Salve, glorreicher Pompeius!“, rief der „Praetor“, „vor dem die Rekruten heute die Flucht ergreifen wie einst seine, Feinde! „
In diesem Stil machten sie noch eine ganze Weile weiter und überzogen einander mit übertriebenen Komplimenten, die in Wahrheit Beleidigungen waren. Mitunter war es schwer, die Darsteller über die johlenden Zuschauer hinweg zu verstehen. Zuzusehen, wie Pompeius verspottet wurde, nahm der Tatsache, dass wir ebenfalls Zielscheibe des Spotts waren, ein wenig den Stachel. Offenbar hatten die Leute an diesem Festtag die Freiheit, jeden nach Belieben zu verhöhnen.
Im Laufe des Tages sahen wir noch weitere derartige Aufführungen, bei denen die örtliche Prominenz lächerlich gemacht wurde. Sogar Caesar war Ziel des Spotts, und es gab einen vollständigen „Senat“, zusammengesetzt aus Zwergen, Albinos, Riesen und Missgebildeten, die über die absurdesten Themen diskutierten, etwa einen Krieg gegen Indien vom Zaun zu brechen, durch den Bau von Schiffen ohne Nägel bei der Seeflotte Geld einzusparen, zum Mond zu fliegen und so weiter. Jede Debatte endete damit, dass der Senat“ sich selbst mehr Land, mehr Geld oder mehr Macht bewilligte. Letzteres war vermutlich näher. an der Wirklichkeit, als die meisten der Zuschauer sich vorzustellen wagten.
Wir sahen einer Gruppe spanischer Tänzer zu, die die berühmten anzüglichen Tänze ihres Heimatlandes vorführten, und besuchten eine Komödie von Aristophanes, die, verglichen mit den übrigen Darbietungen, geradezu schicklich war. Je weiter der Abend voranschritt, desto hemmungsloser und wilder ging es zu, und schließlich kam Julia zu dem Schluss, dass wir besser aufbrächen, bevor ich der Versuchung erläge, mich ebenfalls in das Treiben zu stürzen. Widerwillig stimmte ich zu, und wir bahnten uns unseren Weg Richtung Stadttor, wobei wir über zahlreiche bewusstlose, häufig unbekleidete, am Boden liegende Menschen steigen mussten. Eines Tages, schwor ich mir, würde ich dieses Fest ohne Julia besuchen.
„Du hast einen Tag im Gymnasium geschwänzt“, erinnerte mich Hermes vergnügt, als wir unseren Heimweg antraten. „Morgen musst du dafür doppelt so hart ran.“
„Danke für den Hinweis“, entgegnete ich ungnädig.
„Zurück in der Villa, sagte Julia: „Es stehen ein paar Entscheidungen an. So sehr ich Campania auch liebe, wir können nicht ewig hier bleiben. Du hast dich von deiner Verletzung erholt und musst bald irgendwo anders Gericht halten, in Sicilia oder wo auch immer.“
„Ich weiß, dass ich unsere Abreise nicht mehr viel länger hinausschieben kann“, entgegnete ich. „Aber ich kann unmöglich weiterziehen, ohne die Mörder der Priester und der Tempelsklavin gefasst zu haben - ganz zu schweigen von dem Schurken, der mich mit einem Pfeil durchbohrt.
„So schmerzlich es auch sein mag, aber es kommen ständig schlimme Verbrecher ungestraft davon. Du solltest dir einfach eingestehen, dass du diesen Fall nicht lösen kannst, deinen Stolz überwinden und aufbrechen.“
„Du weißt doch genau, was meine politischen Feinde in Rom verbreiten, wenn ich das tue. Sie werden herumerzählen, dass Metellus aus Angst Reißaus genommen hat. So etwas ist Gift für die politische Karriere.“
„Und du weißt genau, dass sie sowieso Lügen über dich verbreiten. Sollen sie doch erzählen, was sie wollen.“
„Sie werden das Ganze gehörig ausschlachten. Aus dem Hinterhalt von einem Bogenschützen attackiert! Was für eine Schande! Selbst für Achilles war es entehrend, von einem Feigling mit einem Pfeil getötet zu werden.“
„Belastet dich das etwa im Ernst? Das ist doch kindisch - selbst für dich! „
„Ich weiß“, entgegnete ich. „Ich habe es nur gesagt, um dich zu ärgern. Ich gebe uns noch ein paar Tage. Wenn ich sie in vier oder fünf Tagen nicht aufgespürt habe, brechen wir nach Sicilia auf. Ich sende schon mal in alle größeren Städte entsprechende Briefe und kündige an, dass ich dem nächst auf der Insel Gericht halten werde.“
Das schien Julia zu beruhigen. Mich, ehrlich gesagt, weniger. Ich fühlte mich zunehmend von den streitenden Fraktionen in die Zange genommen. Der Luxus, mich neutral zu geben, war mir verwehrt. Wenn ich nicht von mir aus bekannte, auf welcher Seite ich stand, würden sie mich dazu zwingen. Es war mein Pech, dass die Republik ausgerechnet in jenem Jahr vor einer schwer wiegenden Entscheidung stand,
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