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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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Worum im Krieg wirklich gekämpft wurde, war dieses: alt gegen neu. Geld – aus diesem Grunde haben die Nazis die Judenfrage mit hineingezogen, aber dabei hatten sie unrecht – gegen den gemeinsamen Geist der Massen, das, was die Nazis Gemeinschaft nennen, die Sowjets Kommune. Stimmt’s? Nur daß die Kommunisten panslawistische Ambitionen, die noch von Peter dem Großen stammten, mit hineingeschmuggelt haben, wodurch sie ihre Sozialreformen dazu benutzt haben, ihre imperialistischen Ambitionen zu verwirklichen.«
    Genauso, wie Mussolini es gemacht hat, dachte Juliana.
    »Die Brutalität der Nazis ist eine Tragödie«, plapperte Joe weiter und überholte einen langsamen LKW. »Aber große Veränderungen haben immer ihre Opfer. Das ist nicht neu. Denk doch an frühere Revolutionen, die französische zum Beispiel. Oder Cromwell gegen die Iren. Im Temperament der Deutschen ist viel zu viel Philosophie; zu viel Theatralik. All diese Versammlungen. Echte Faschisten findet man nie beim Redenhalten; sie handeln lieber – so wie ich. Stimmt’s?«
    Sie lachte.
    »Großer Gott, du redest etwa eine Meile pro Minute.«
    Und er schrie erregt: »Ich erkläre dir die Theorie der Faschisten!«
    Sie gab keine Antwort, sondern griff wieder nach ihrem Buch. Aber er ließ sie nicht lesen.
    »Großbritannien siegt«, sagte Joe und deutete auf das Buch. »Du brauchst dir die Mühe gar nicht zu machen. Die USA sinken wieder ab. Und Großbritannien dehnt sich immer weiter aus, bohrt hier, gibt dort einen Anstoß, behält die Initiative. Du kannst es also weglegen.«
    »Hoffentlich haben wir in Denver Spaß«, sagte sie und klappte das Buch zu. »Du mußt dich etwas entspannen. Ich möchte das.« Wenn du das nicht tust, dachte sie, wirst du in eine Million Stücke fliegen. Wie eine platzende Feder. Und was wird dann aus mir? Wie komme ich zurück? Und – laß ich dich einfach allein…
    Ich möchte das haben, was du mir versprochen hast, dachte sie. Spaß und Vergnügen. Ich möchte nicht betrogen werden; ich bin in meinem Leben schon zu oft betrogen worden, von zu vielen Leuten.
    »Ganz bestimmt«, sagte Joe. »Hör zu.« Er studierte sie, sah sie mit eigenartigem Blick an. »Dieses Heuschreckenbuch scheint dich zu beeindrucken; ich frage mich – glaubst du, daß ein Mann, der einen Bestseller schreibt, ein Autor wie dieser Abendsen… glaubst du, daß die Leute ihm Briefe schreiben? Ich möchte wetten, daß viele Leute ihm Briefe schreiben, vielleicht sogar ihn besuchen.«
    Sie begriff sofort. »Joe – das sind bloß noch hundert Meilen!«
    Seine Augen glänzten; er lächelte ihr zu, plötzlich wieder glücklich, nicht mehr beunruhigt.
    »Das könnten wir doch!« sagte sie. »Du fährst so gut – es würde dir doch nichts ausmachen, dorthin zu fahren, oder?«
    Und Joe sagte langsam: »Nun, ich bezweifle, daß ein berühmter Mann Besucher einfach so hereinplatzen läßt. Wahrscheinlich hat er viel zu viele.«
    »Warum versuchen wir es denn nicht? Joe -«, sie packte seine Schulter und krallte sich darin fest. »Im schlimmsten Fall schickt er uns doch nur weg. Bitte .«
    Und Joe sagte sehr langsam: »Wenn wir einkaufen waren, uns neue Kleider gekauft haben, uns etwas herausgeputzt haben… das ist wichtig, damit wir einen guten Eindruck machen. Vielleicht sollten wir sogar in Cheyenne einen neuen Wagen mieten. Ich wette, das kannst du.«
    »Ja«, sagte sie. »Und du mußt zum Haarschneiden gehen. Und laß mich deine Kleider aussuchen; bitte, Joe. Ich habe Frank auch immer die Anzüge ausgesucht; ein Mann kann das einfach nicht.«
    »Du hast einen guten Geschmack in Kleidern«, sagte Joe und wandte sich wieder der Straße zu. »In anderen Dingen auch. Besser, wenn du ihn anrufst.«
    »Ich werde zum Friseur gehen«, sagte sie.
    »Tu das.«
    »Ich habe überhaupt keine Angst, einfach hinzugehen und auf den Klingelknopf zu drücken«, sagte Juliana. »Ich meine, man lebt doch nur einmal. Warum sollten wir solche Angst haben? Er ist doch auch nur ein Mensch, so alt wie wir anderen. Wahrscheinlich würde er sich sogar freuen, daß jemand so weit kommt, bloß um ihm zu sagen, daß sein Buch ihm gefallen hat. Wir könnten ein Autogramm ins Buch bekommen. Stimmt’s? Wir sollten uns eine neue Ausgabe davon kaufen; das hier ist so schmutzig. Es würde nicht gut aussehen.«
    »Was du willst«, sagte Joe. »Das kannst alles du entscheiden; ich weiß, daß du das kannst. Ein hübsches Mädchen bekommt immer alles. Wenn er dich sieht, wird er die

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