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Das Orakel vom Berge

Das Orakel vom Berge

Titel: Das Orakel vom Berge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phillip K. Dick
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Unternehmungen, die mit ganz niedrigen Kosten für ihn produzieren. Das ist alles im Orient, wo die Arbeit billiger ist.«
    »Warum ist er…«, begann Childan.
    Aber Paul unterbrach ihn. »Solche Stücke…« – er griff wieder nach der Nadel und klappte dann den Deckel der Kassette zu – »… können in Massen produziert werden. Entweder aus einfachen Metallen oder aus Plastik. Gegossen. In jeder gewünschten Menge.«
    Nach einer Weile sagte Childan: »Was ist dann mit dem Wu? Bleibt das dann in den Stücken?«
    Paul gab keine Antwort.
    »Sie raten mir, ihn zu sehen?« fragte Childan.
    »Ja«, sagte Paul.
    »Warum?«
    »Amulette«, sagte Paul.
    Childan starrte ihn an.
    »Glücksbringer, die man trägt. Relativ arme Leute. Eine Linie von Amuletten, die man in ganz Lateinamerika und im Orient vertreiben kann. Die meisten der Massen dort glauben immer noch an Zauberei, das wissen Sie ja. Zaubersprüche. Zaubertränke. Ich höre, das ist ein großes Geschäft.« Pauls Gesicht war hölzern und seine Stimme ausdruckslos.
    »Das klingt so, als könnte man eine Menge Geld damit verdienen«, sagte Childan langsam.
    Paul nickte.
    »War das Ihre Idee?« fragte Childan.
    »Nein«, sagte Paul und blieb dann stumm.
    Ihr Chef, dachte Childan. Sie haben das Stück ihrem Vorgesetzten gezeigt, und der kennt diesen Importeur. Irgend jemand hat über ihren Kopf hinweg mit diesem Importeur gesprochen. Deshalb gibst du es mir zurück, erkannte Childan. Du willst nichts damit zu tun haben, aber du weißt, daß ich hingehen und einen Abschluß machen werde.
    »Das ist eine Chance für Sie«, sagte Paul. »Eine Chance, ungeheuer reich zu werden.« Er blickte starr vor sich hin.
    »Eine bizarre Idee«, sagte Childan. »Glücksamulette aus solchen Kunstgegenständen zu machen; ich kann es mir nicht vorstellen. Was würden Sie denn an meiner Stelle tun?«
    »Sie dürfen die Chance nicht unterschätzen, die Ihnen dieser Importeur bietet. Er ist ein tüchtiger Geschäftsmann. Sie und ich – wir haben keine Vorstellung von der ungeheuren Zahl ungebildeter Menschen, die es gibt. Und sie werden an in Massen hergestellten identischen Gegenständen eine Freude empfinden, die uns versagt bleiben würde. Wir müssen glauben, daß wir das einzige seiner Art haben, oder wenigstens etwas Seltenes, das nur wenige besitzen. Und natürlich etwas wirklich Authentisches. Nicht ein Modell oder einen Abklatsch.« Er starrte immer noch an Childan vorbei, ins Leere. »Nicht etwas, das zehntausendfach hergestellt wird.«
    Und Childan dachte, in Wirklichkeit sagte er: Was bist du, Robert? Jener, den das Orakel ›den niedrigen Menschen‹ nennt, oder jener andere, für den all die guten Ratschläge bestimmt sind? Du mußt dich hier entscheiden. Du kannst den einen Weg beschreiten oder den anderen. Aber nicht beide. Dies ist der Augenblick der Wahl.
    »Sie kämpfen mit sich«, stellte Paul fest. »Zweifellos zieht man es in einer solchen Situation vor, allein zu sein.« Er ging auf die Tür seines Büros zu.
    »Ich habe mich bereits entschlossen«, sagte er.
    Pauls Augen flackerten.
    Und Childan verbeugte sich und sagte: »Ich werde Ihrem Rat folgen. Ich besuche jetzt den Importeur.« Er griff nach dem Papier.
    Eigenartigerweise schien Paul nicht erfreut zu sein; er knurrte bloß und wandte sich wieder seinem Schreibtisch zu. Sie lassen sich ihre Gefühle nicht anmerken, überlegte Childan.
    »Vielen Dank für Ihre Unterstützung«, sagte Childan, als er sich zum Gehen anschickte. »Ich werde mich eines Tages, wenn möglich, revanchieren. Ich werde es nicht vergessen.«
    Aber der junge Japaner zeigte keine Reaktion, als er ihn zur Tür führte. Und dann platzte er plötzlich heraus: »Amerikanische Künstler haben dieses Stück mit der Hand gefertigt, stimmt das? Persönliche Arbeit?«
    »Ja. Vom ersten Entwurf bis zur Endpolitur.«
    »Sir! Werden diese Künstler einverstanden sein? Ich kann mir vorstellen, daß sie sich für ihr Werk etwas anderes erträumt hatten.«
    »Ich glaube, man wird sie überreden können«, sagte Childan. Ihm erschien das Problem unbedeutend.
    »Ja«, sagte Paul. »Wahrscheinlich schon.«
    Irgend etwas in seiner Stimme ließ Childan plötzlich aufmerken. Eine nebulöse eigenartige Betonung. Und dann erfaßte es ihn. Ohne Zweifel durchschaute er den anderen jetzt – natürlich. Das Ganze war Abscheu für alles, was Amerikaner taten. Zynismus – und er hatte den Köder und den Haken geschluckt. Er hat mich Schritt für Schritt zu

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