Das Orakel von Antara
große Anzahl Antarenkrieger stürmten herein. Drohend richteten sie ihre Wa ffen auf die moradonischen Edlen.
„Ruhe!“ brüllte Yorn. „Sofort Ruhe, oder ich lasse euch alle in den Kerker sperren!“
Widerwillig verstummten die Leute. Als alle wieder schwiegen, wies Yorn die Soldaten wieder aus dem Saal und befahl ihnen, die beiden Toten fortzuschaffen.
„Vereios und Pelegar haben ihre gerechte Strafe erhalten“, sagte er. „Beide hatten Verrat geplant. Beide hofften auf die Hand Sabretes, um nach Abzug der antarischen Truppen wieder zur gewohnten Art zurückkehren zu können.
Doch ich sage es euch noch einmal! “ donnerte Yorn. „Nie wieder werden die Moradonen Sklaven haben! Und nie wieder werden sich Antaren versklaven lassen! Und alle hier im Saal“, er deutete auf die einzelnen Männer, deren Gesichter er sich genau gemerkt hatte, „die geglaubt haben, mit Vereios oder Pelegar gemeinsame Sache machen zu können, werden sehr genau beobachtet und bei dem geringsten Verstoß verbannt werden.
Und nun geht nach Hause und beginnt mit der Aufstellung eurer Habe! Ihr seid die, die am meisten besi tzen. Somit werdet ihr genug zu tun haben. Und lasst euch nicht einfallen, etwas zu unterschlagen. Bedenkt, jeder eurer ehemaligen Sklaven kennt euren Besitz genauso gut wie ihr. Ich werde jeden streng bestrafen, der etwas auf die Seite zu bringen versucht!“
Mit hängenden Köpfen wandten sich die Leute zur Tür. Doch plötzlich ertönte von draußen Geschrei und Tumult.
„Ihr sollt mich sofort durchlassen, ihr Holzköpfe!“ dröhnte eine gewaltige Stimme von draußen. „Wenn ihr nicht sofort aus dem Weg geht, schlage ich euch die Schädel zusammen, dass es nur so kracht!“
Yorn, Vanea, Nith und Schorangar standen wie vom Donner gerührt. „Nein!“ hauchte Vanea. „Das ist er doch nicht! Yorn, das kann er doch nicht sein!“
Da flog auch schon die Tür auf, und eine riesige Gestalt mit einem turbanähnlichen weißen Kopfputz stand im Saal. Mit gewaltigen Armschwüngen schob sie die verdutzten Moradonen auf die Seite und kam mit langen Schritten auf die Freunde zu.
„Kandon!“ Ein Schrei aus allen vier Kehlen - und dann hingen die Gefährten am Hals des totgeglaubten Freundes, und keiner schämte sich seiner Tränen.
„Halt, halt, hört auf! So gut geht es mir noch nicht!“ stöhnte Kandon unter dem Ansturm. „Ich weile doch sozusagen erst seit zwei Tagen wieder unter den Lebenden. Der Moradone, der mir sein Schwert auf den Schädel drosch, war ungewöhnlich stark und hat mir eine Beule verpaßt, die selbst ich nicht so schnell verdauen konnte.“
„Ja, und in diesen zwei Tagen hat er mich alle Sünden meines Lebens büßen lassen“, sagte eine Stimme hinter Kandon. „Er hat mich fast wahnsinnig gemacht, weil er euch sofort suchen gehen wollte, inmitten des Chaos und der Belagerung.“
Der kleine Lagor war hinter Kandons breitem Rücken überhaupt nicht zu sehen gewesen. Freudig begrüßten sie nun auch den tapferen Helfer aus dem Schloss.
„Aber sagt, wo hat Kandon denn nur die ganze Zeit gesteckt?“ fragte Schorangar. „Ich habe jeden Stein umgedreht, um herauszufinden, was aus ihm - oder besser, seiner Leiche, wie wir glaubten - geworden sei?“
Ehe Lagor oder Kandon antworten konnte, unterbrach Sabrete sie. „Ich glaube, ein solch wunderbares Wiedersehen unter Freunden sollte nicht hier im ungemütlichen Thronsaal stattfinden.
Kommt, folgt mir in meine Gemächer. Den Fürsten werde ich Räume anweisen lassen und auch für euch später sorgen. Doch z uerst: Sei mir herzlich willkommen, Kandon! Ich habe schon so viel von dir gehört und war traurig, dich nie richtig kennengelernt zu haben. Ich erinnere mich jedoch noch sehr genau an den Tag, an dem ich dich das erste Mal sah. Aber heute sollst du als Gast meine Gemächer betreten, nicht als Eindringling, und es wird dir auch keiner wieder aufs Haupt schlagen“, lächelte sie.
„Nun“, schmunzelte Kandon und griff an seinen dicken Verband, „das würde ich im Augenblick auch sehr schlecht vertragen können, denn um mich richtig zu wehren, bin ich noch nicht wieder sicher genug auf den Beinen.“
Glücklich lachend hakte er rechts Yorn und links Vanea unter, und dann folgten sie alle der vorangehenden Sabrete. Vier antarische Krieger folgten ihnen und bezogen Wache, nachdem sich die Türen von Sabretes Gemächern hinter den Freunden geschlossen hatten.
Als sie alle
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