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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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zurückbrachte, erinnerte sich sicher jemand an die Frau und den Mann, die im Innenhof des Gouverneurspalastes verschwunden waren. Das Beste, was sie erhoffen konnten, war, dass der Todesmagier – Maura brachte es immer noch nicht über sich, von ihm als ihrem
Vater
zu denken – bereits auf dem Weg zur Armee war, die das Gebirge überquerte.
    Sollte er Maura wiedersehen, erriet er vielleicht die Wahrheit. Und sie wusste, dass sie dann von ihm kein Erbarmen zu erwarten hatte.
    “Ich weiß nicht, ob das etwas bringt”, sagte sie schließlich, nachdem sie eine Zeit lang vergeblich an dem verknoteten Seil gezerrt hatte.
    “Pst!”, flüsterte Delyon. “Ich höre jemanden kommen!”
    Sie lösten sich voneinander und Maura rollte sich wieder auf ihre Seite. Der flackernde Schein einer kleinen Fackel fiel durch die Luke, als die Han-Frau auf den Heuboden kletterte.
    Sich neben Maura kniend flüsterte sie: “Was Kez euch sagte, ist nicht wahr. Die Minen
wurden
angegriffen und die Gefangenen freigelassen.”
    Maura sah sie überrascht an. “Warum sagt Ihr uns das?”
    “Wenn ich euch helfe, von hier fortzukommen …”, Songrid schaute über die Schulter und dämpfte die Stimme noch mehr, “… nehmt ihr mich dann mit?”
    “Warum wollt Ihr mit uns gehen?”
    Die hübschen Gesichtszüge der Frau verhärteten sich. “Glaubt ihr, Eure Leute sind die Einzigen, die Unterdrückung erleiden?”
    Maura schüttelte den Kopf. In den Frauengemächern des Palasts hatte sie genug gesehen, um es besser zu wissen. Eine Kriegerrasse, welche die Heilkunst verachtete, brauchte immerzu Ersatz für die, die getötet oder verwundet wurden. Und das hieß, dass viele hanische Frauen von einem sehr frühen Alter an ständig schwanger waren. Kaum entwöhnt, wurden die meisten Jungen ihren Müttern weggenommen, um sie in einer militärischen Umgebung großzuziehen, wo man die Schwachen aussonderte und alle lästigen Eigenschaften wie Neugier, Trotz und Mitleid zerstörte.
    Maura fürchtete eine Falle und beantwortete die Frage der Frau mit einer Gegenfrage. “Wenn Ihr fliehen wollt, warum tut Ihr es dann nicht einfach?”
    “Wenn wir erwischt werden, kann ich behaupten, ihr nahmt mich gegen meinen Willen mit.” Die Frau schien ihnen gegenüber genauso misstrauisch zu sein wie umgekehrt. “Ich will, dass Ihr mir versprecht, mich mit übers Gebirge zu nehmen und mir einen Platz unter eurem Volk zu verschaffen.”
    “Verachtet Ihr uns denn nicht als Eure Feinde?”
    “So hat man es mich gelehrt.” Vielleicht um ihren guten Willen zu zeigen, begann Songrid, Mauras Fesseln zu lösen. “Aber ich habe Augen im Kopf und einen Verstand, der besser funktioniert als meine Gebärmutter. Es gibt vieles an eurem Volk, das ich nicht verstehe, aber ich weiß, dass eure Frauen es besser haben als wir, obwohl ihr die Unterdrückten seid und wir die Herrscher.”
    Delyon spürt, wie die Worte der Frau Maura schwanken ließen. “Maura”, warnte er sie, “woher wisst Ihr, ob wir ihr trauen können?”
    Songrid starrte ihn wütend an. “Woher weiß ich, ob ich Euch trauen kann,
Mann?
Ich würde Euch ja liebend gern zurücklassen. Doch wenn wir erwischt werden, glaubt kein Han, dass es einer anderen Frau gelungen ist, mich gefangen zu nehmen.” Nachdem sie ihn so eingeschüchtert hatte, richtete sie ihren strahlend blauen Blick wieder auf Maura. “Es gibt zwei Pferde, die wir nehmen können, Essen, warme Kleidung für die Reise ins Gebirge.”
    Falls das eine Falle war und Maura auf den Köder hereinfiel, würden sie und Delyon höchstwahrscheinlich noch an Ort und Stelle hingerichtet. Doch wenn Songrid aufrichtig war …
    Maura beugte sich vor und begann, ihre Fußfesseln aufzuknoten. “Der Mann – Kez – was ist mit ihm?”
    “Maura!”, rief Delyon. “Wollt Ihr unser Schicksal in die Hände dieser …”
    “Passt auf, was Ihr sagt,
Mann!”
    Trotz der Spannung, die in der Luft lag, und allem, was auf dem Spiel stand, war Maura versucht zu kichern. Songrid und Delyon hörten sich genauso an wie sie und Rath zu Anfang ihrer Bekanntschaft. “Vergesst nicht die Erste Regel, Delyon. Vertrau auf die Vorsehung des Allgebers.”
    “Wie können wir sicher sein, dass es sich hier um die Vorsehung des Allgebers handelt und nicht um den Verrat der Han?”
    Jetzt, wo sie die Füße frei hatte, kroch Maura zu ihm hinüber und begann, ihn loszubinden, da Songrid allem Anschein nach keine Lust dazu hatte. “Ich kann nicht sicher sein. Wenn ich es

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