Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
wäre, gäbe es keinen Grund, zu vertrauen, oder?”
    Delyon antwortete mit einem unverständlichen Murren, während Songrid Mauras Frage beantwortete. “Kez macht sich fürs Bett fertig. Er schickte mich raus, um die Hunde wieder loszulassen. Gibt es in deinem Schultergurt etwas, das ich ihm in ein Getränk mischen kann, damit er lange und tief schläft?”
    “Bitte, Maura. Traut ihr nicht.” Delyon sprach auf Twaran. Glaubte er wirklich, Songrid würde bei seinem misstrauischen Ton nicht jedes Wort erraten?
    “Warum nicht? Weil sie eine Han ist? Ihr habt behauptet, Ihr würdet nicht schlecht von mir denken, wenn ich hanisches Blut in mir hätte.”
    “Das ist etwas anderes.”
    Maura fragte sich, ob es vielleicht für
sie
wichtig war, dieser Han-Frau zu vertrauen. Etwa um den Teil in ihr akzeptieren zu können, der ihr fremd und nicht vertrauenswürdig vorkam? Vielleicht, aber durfte sie deshalb ihrer beider Leben und ihre Mission aufs Spiel setzen?
    Zwei Nächte, nachdem seine Armee die hanischen Streitkräfte in Prum zerschlagen hatte, erwachte Rath plötzlich aus einem tiefen Schlaf. Hatte er nur geträumt oder hatte er wirklich ein Geräusch gehört? Einige Zeit lang lauschte er angestrengt, doch alles, was er hörte, waren natürliche Laute der Nacht – das Gurgeln eines nahen Flusses, das entfernte Wiehern von Pferden, ohrenbetäubendes Schnarchen. Diesen anderen Laut musste er wohl geträumt haben. Rath drehte sich auf die Seite, wickelte sich in seine Decken und versuchte wieder einzuschlafen.
    Das war eine weitere unwillkommene Auswirkung des Wachstumstranks. Außer dem fauligen Geschmack, dem Schmerz und dem ständigen Heißhunger kostete ihn dieser riesige Körper, den er Tag für Tag mit sich herumschleppen musste, viel Kraft, und deswegen fiel er nachts in bleiernen Schlaf. Doch die Instinkte eines Gesetzlosen, die ihn wahrlich viele Jahre am Leben gehalten hatten, wehrten sich dagegen.
    Der königliche Teil in ihm befahl dem gesetzlosen Teil in ihm, nicht so verdammt dumm zu sein. Wieso sollte er sich nicht eines tiefen, erholsamen Schlafes erfreuen? Die besten Soldaten standen vor seinem Zelt Wache. Wenn Gefahr drohte, würde er von allen Seiten gewarnt werden.
    Augenblick mal, dachte Rath und erinnerte sich an das Geräusch aus seinem Traum. Die Soldaten würden ihn nur vor einer Gefahr warnen, die von einem ausging, der dumm oder eingebildet genug war, von vorne anzugreifen. Sein Zelt hatte noch drei weitere Seiten und Leinwand war für jemanden mit einer scharfen Klinge und etwas Unternehmungsgeist kein großes Hindernis.
    Raths Herzschlag beruhigte sich, er atmete tief durch. Am Morgen wollte er den Befehl geben, um das ganze Zelt herum Wachen aufzustellen und nicht nur am Eingang.
    Da! Was war das? Es klang anders als der helle Ton von zerreißendem Stoff – ein raschelndes, flüchtiges Davonhuschen. Dieses Mal wusste Rath, dass es kein Traum war. Er zwang sich, leise und gleichmäßig zu atmen, ohne sich anmerken zu lassen, dass er etwas gehört hatte. Gleichzeitig machte er sich zu seiner Verteidigung bereit.
    Zwar ging ihm der Gedanke durch den Kopf, Hilfe herbeizurufen, doch er schenkte ihm keine große Beachtung. Wer immer sich in sein Zelt gestohlen hatte und was immer er wollte, er besaß ein Messer und war zweifellos dazu entschlossen, es zu benutzen. Außerdem hatte er sich sein ganzes Leben lang nur auf sich selbst verlassen. So eine Angewohnheit legte man nicht so leicht ab.
    Es war wieder still in seinem Zelt – zu still. Doch Rath war früher nicht nur wegen seines geschickten, wilden Kämpfens
der Wolf
genannt worden. Unter seinen Brüdern war er auch wegen seiner scharfen Sinne bekannt gewesen. Jetzt nahmen seine Ohren das schwache Zischen eines Atmens wahr und sein suchender Blick erspähte einen ungewohnten Schatten unter den vertrauten. Er blähte die Nasenflügel und sog den Geruch des Menschen, wer immer es auch war, ein, der sich nicht weit von ihm zusammenduckte, bereit zuzuschlagen.
    Rath tat so, als wollte er sich auf die andere Seite drehen. Stattdessen hob er mit einer plötzlichen, schnellen Bewegung die Decken hoch und warf sie über den Eindringling. Sie verdeckten das Messer und verschafften ihm einen kurzen Überraschungsvorteil. Den ausnutzend, solange es noch möglich war, packte Rath den Eindringling, der sich zappelnd von den Decken zu befreien versuchte.
    Seltsam. Der Bursche schien weit kleiner und leichter zu sein, als er erwartet hatte. Rath konnte

Weitere Kostenlose Bücher