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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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der Dame, also rannte ich hin, um zu sehen, was los war.”
    Rath hoffte, dass die Geschichte des Jungen nicht den Verlauf nahm, den er befürchtete.
    “Das war sie wirklich. Die Han hatten sie und diesen
Delyon
geschnappt. Und wenn sie den Mund gehalten hätte, wären sie vielleicht davongekommen, aber sie krakeelte mitten auf dem Marktplatz herum: 'Wie sind keine Spione des Wartenden Königs.' Hätte genauso gut einen Todesmagier anspucken können.”
    Nachdem Rath das Gefühl überwunden hatte, tatsächlich des Jungen Messer im Bauch zu haben, fragte er sich verwirrt, warum Maura so etwas getan haben sollte. Hin und wieder konnte sie schon unvorsichtig sein, zum Beispiel wenn sie unbedingt jemandem helfen wollte. Aber einen Han auf diese Weise zu provozieren war etwas anderes. Ihm schwante nichts Gutes. “Was geschah dann?”
    “Die Han brachten sie in die Garnison.” Snakes hartes junges Gesicht wirkte angespannt. “Ich denke, ich hätte was unternehmen sollen. Versuchen zu helfen, etwa. Vielleicht Krach schlagen, damit sie abhauen konnten. Aber das hätte auch nicht viel genützt. Es waren zu viele Han und Zikary.”
    Rath schüttelte den Kopf. “Sie hätte auch nicht gewollt, dass du dich in Schwierigkeiten bringst.”
    Der Junge kratzte sich das Kinn, wo ihm der erste feine Flaum zu wachsen begann. “Während ich die Garnison beobachtete und mir überlegte, was ich tun sollte, ritten zwei Han mit ihnen davon. Man hatte sie an die Pferde gefesselt. Denke mal, es ging nach Venard. Weil ich nichts mehr tun konnte, dachte ich, ich geh und erzähl es dem Wartenden König. Wenn die Dame behauptete, sie sei nicht seine Spionin, dann wird sie es wohl so sein, dachte ich mir.”
    Snakes Neuigkeiten wirkten auf Raths Herz wie der Wachstumstrank auf seinen Körper.
    “Das ist alles, was ich weiß”, flüsterte der Junge, als hätte er mehr Fragen erwartet, die aber nicht gestellt wurden. “Seitdem bin ich unterwegs.”
    “Du … musst hungrig sein.” Rath nahm einen Korb mit Pfirsichen und hielt ihn dem Jungen hin. “Danke für die Nachricht.” Die Worte klangen fast wie ein Würgen.
    “Also …” Snake nahm sich einen der Pfirsiche und biss so herzhaft hinein, dass ihm der Saft übers Kinn lief. “Was werdet Ihr jetzt tun? Wegen der Dame, meine ich?”
    Was konnte er tun? Seiner Armee den Marsch übers Gebirge befehlen, um Venard zu belagern? Einfach abhauen und versuchen, sie allein zu retten? Wenn sie und Delyon sich schon so lange in hanischer Gefangenschaft befanden, waren sie dann überhaupt noch am Leben?
    Snake spuckte einen Pfirsichstein in den Korb und nahm sich eine weitere Frucht. “Ich würde mit Euch gehen.”
    Ihr ganzes Gespräch hatten sie flüsternd geführt, doch die letzten Worte des Jungen waren noch leiser. In einem Netz der Angst gefangen hörte Rath sie kaum.
    “Ich würde mit Euch gehen.” Snake sprach ein wenig lauter. Dabei starrte er den Pfirsich an, als spräche er mit ihm und nicht mit Rath. “Wenn Ihr sie zurückholt.”
    Rath spürte einen Kloß im Hals, so dick wie einer der Pfirsiche. Er schüttelte den Kopf. Nach einigen vergeblichen Versuchen gelang es ihm, unwirsch zu flüstern: “Das würde sie nicht wollen.”
    “Nein?” Snake schlürfte.
    Nein. Sie würde wollen, dass er auf ihre Fähigkeit vertraute, sich selbst zu befreien, sogar aus den Klauen der Echtroi. Sie würde wollen, dass er an das Schicksal und an die Vorsehung des Allgebers glaubte.
    Um ihretwillen wollte er es versuchen. Auch wenn es nur wenig auf dieser Welt gab, was ihm schwerer fiel als … zu glauben.
    Am ersten Tag nach ihrer Flucht aus der hanischen Wachstation blickte Maura ständig über die Schulter, um nach Zeichen einer Verfolgung Ausschau zu halten, und dann wieder nach vorne, weil sie einen Hinterhalt befürchtete. Sie beruhigte sich erst, als ihr klar wurde, dass Songrid genauso viel Angst hatte wie sie.
    Die beiden Frauen teilten sich ein Pferd, während Delyon auf dem ritt, das auch ihre Reisevorräte trug. Immer wenn Maura ihn ansprach, antwortete er nur mit ein, zwei Worten. Das hübsche Gesicht zu einer abweisenden Miene verzogen, ähnelte er seinem Bruder mehr, als Maura es je für möglich gehalten hätte. Anscheinend befürchtete er nicht, dem Feind in die Hände zu fallen – er rechnete geradezu jeden Augenblick damit.
    “Lasst uns die Nacht über hierbleiben”, sagte Maura, nachdem sie viele Stunden lang über einen windigen Gebirgspass geritten waren.
    Mit einem

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