Das Orakel von Margyle
Eltern herausgefunden. Hatte das Schicksal sie und Delyon hierhergeführt? “Schlagt Euch alle Zweifel aus dem Kopf. Nichts darf uns davon ablenken, vor der Armee des Ersten Gouverneurs am Ziel zu sein.”
Das war eine der ersten Lektionen gewesen, die sie von Rath gelernt hatte, damals, als sie aufbrachen, den Wartenden König zu finden. Jetzt konnte sie sie in der Praxis anwenden. Und sie war froh über diese unaufschiebbare Mission, weil sie so von der Enthüllung abgelenkt wurde, die ihre Welt auf den Kopf gestellt hatte.
“Wie können wir das?” Noch bevor sie überhaupt losmarschierten, schien Delyon sich schon geschlagen geben zu wollen. “Die Han haben einen Vorsprung. Sie werden die Hochstraße über Pronels Pass blockieren und wir können nicht den Versuch wagen, uns durch ihre Reihen zu stehlen. Ich bezweifle, dass ich noch genügend Genowschuppen habe, um eine Feldmaus verschwinden zu lassen.”
“Es muss doch noch einen anderen Weg übers Gebirge geben.” Maura schreckte vor dem Gedanken an eine Brücke wie die über den Raynorsgraben zurück. “Pfade, zu eng für eine Armee, doch breit genug für zwei Wanderer, die mit leichtem Gepäck unterwegs sind. Der Tag ist schon angebrochen. Wir müssen uns auf den Weg machen, bevor der Unsichtbarkeitszauber nachlässt.”
Bevor er protestieren konnte, zog sie ihn zur offenen Tür und zerrte ihn in den Gang. Sie fanden den Palast und auch die Stadt von einer ganzen Karawane von Vorratswagen besetzt, die sich bereit machten, in die Außenbezirke zu fahren, um der Armee ins Gebirge zu folgen.
“Ich frage mich, ob sie auch nur ein Korn der Ernte zurücklassen”, murmelte Maura, während sie Delyon zu einem kleinen Hügel direkt vor der Stadt schleppte. Trotz allem hellte sich ihre Stimmung nach den Tagen des Versteckens und Suchens hier draußen in der Sonne und der frischen Luft auf. “Sieht aus, als wäre das der richtige Platz, um die Position zu bestimmen.”
“Bestimmt sie besser schnell”, sagte Delyon. “Am Rande beginnt Ihr schon wieder sichtbar zu werden. Nicht lange, und mir geht es genauso, vermute ich.”
“Diese Straße nach Südosten führt in Richtung Gebirge, aber fort von der Straße, welche die Armee nimmt. Wir könnten ihr auf Seitenwegen durch Felder und Wälder folgen.”
“Geht voran”, meinte Delyon, “und gebt das Tempo vor. Ich werde mein Bestes tun, mit Euch Schritt zu halten.”
Sie gingen stetig nach Osten und legten noch nicht einmal eine Pause ein, um von dem Wenigen zu essen, das aus der Vorratskammer des Ersten Gouverneurs noch übrig war. Als es Nacht wurde, machte Maura sich Sorgen wegen der zu kurzen Strecke, die sie zurückgelegt hatten. “Wir müssen schneller vorwärts kommen oder wir finden Rath nicht rechtzeitig.”
In der Zwischenzeit waren sie beide voll sichtbar. Und es war noch hell genug, um Delyons schuldbewusstes Schulterzucken erkennen zu können. “Auf diesem unebenen Boden kann ich nicht schneller gehen. Sollen wir es riskieren, die Straße zu nehmen?”
Nach einem Moment des Nachdenkens nickte Maura grimmig. “Wir haben nur wenig Verkehr auf ihr entdeckt und ich bezweifle, dass die Han Soldaten entbehren können, um den Weg bewachen zu lassen. Ich wünschte nur, ich hätte noch ein wenig von den pulverisierten Hirschhufen, um unsere Reise ein wenig zu beschleunigen.”
Nachdem sie erst einmal auf der Straße waren, kamen sie schneller voran, obwohl Maura immer wieder über die Schulter spähte, wenn sie nicht gerade aufmerksam in die zunehmende Dunkelheit vor ihnen spähte. Die Sonne war unter- und der Mond noch nicht aufgegangen, als Delyon anregte, ein Lager aufzuschlagen.
Obwohl Maura schwindlig war vor Müdigkeit, lehnte sie ab. “Nur noch ein wenig weiter, bitte! Unsere einzige Chance, Boden zu gewinnen, ist, jeden Morgen früher aufzustehen als sie und in jeder Nacht länger zu gehen.”
“Aber wenn wir uns jetzt völlig verausgaben, werden wir …”
“Pst!” Maura blinzelte in die Dunkelheit. “Ich glaube, ich sehe da vorne Licht. Falls es ein Bauernhof ist, könnten wir einige Heilmittel gegen Proviant eintauschen. Oder wenigstens den schnellsten Weg von hier aus über das Gebirge erfahren.”
Ihre Erschöpfung schwand bei der Aussicht, einer Familie zu begegnen, wie sie und Rath sie im Süden kennengelernt hatten – Leute, die begierig darauf waren, wieder einige der alten Bräuche zu erlernen, die sie unter der harten Führung der Han vergessen hatten. Der sanfte
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