Das Orakel von Margyle

der wohl meinte: “
Mach dich bereit!”
    Sie erwiderte kurz seinen Blick und hoffte, dass er verstand: “
Das geht jetzt nicht!”
    Oh, sie konnte sehr wohl den Zauberspruch murmeln und den Irrsinnsfarn fallen lassen. Vielleicht ihn sogar in die Luft werfen. Aber in diesem kleinen, vollen Raum war es gut möglich, dass sie und Rath genauso dem Irrsinnszauber erlagen wie alle anderen.
    “Man sagt, Ihr könnt uns zu den Vestanischen Inseln bringen”, erklärte Rath. “Könnt Ihr? Wollt Ihr? Für uns ist es von größter Wichtigkeit, dorthin zu kommen.”
    Captain Gull sah von Rath zu Maura und wieder zu Rath. Und während der ganzen Zeit streichelte er die Katze, die um seinen Nacken lag. “Ihr müsstet eigentlich wissen, dass es für jeden Umbrianer den Tod bedeutet, mehr als fünf Meilen vom Festland fortzusegeln. Meine Freunde und ich sind nur bescheidene Fischer.”
    Maura konnte sich eine scharfe Erwiderung nicht verkneifen. “Ihr seht keinem Fischer ähnlich, von dem ich je gehört habe!”, konterte sie.
    “Ha!” Captain Gull brach in ein Gelächter aus, das für seine schlanke Gestalt viel zu laut zu sein schien.
    “Ein kühnes Weibsstück!”, meinte er zu der Katze. “Das gefällt mir.”
    Die Katze sah zu Maura hin und fauchte wieder.
    “Mmm, ich denke, du hast recht, Abri.” Gull schüttelte den Kopf, ein Ausdruck tiefsten Bedauerns überschattete seine feinen Gesichtszüge. “Diese beiden da müssen hanische Spione sein.”
    Er warf dem großen, tätowierten Mann einen Blick zu und änderte seinen vorherigen Befehl: “Töte sie langsam.”

3. KAPITEL
    A ls Rath hörte, wie Captain Gull so ganz nebenbei ihren Tod befahl, wurde ihm klar, dass dieser kleine Mann in Wahrheit viel gefährlicher war als der Gesetzlose Vang Spear of Heaven mit all seinem Gepolter. Niemals hätte er Maura hierher bringen dürfen. Er hätte sie irgendwo zurücklassen sollen, wo sie in Sicherheit gewesen wäre. Zwar war ihm dieser Gedanke kurz durch den Kopf gegangen, doch er hatte befürchtet, dass ihr etwas zustoßen könnte, wenn er nicht da war, um sie zu beschützen. Stattdessen hatte er sie jetzt in Lebensgefahr gebracht.
    Wenn sie ihm durch ihr Zaubermittel nur die kleinste Gelegenheit verschaffen würde, könnte er versuchen, ihnen beiden den Weg freizukämpfen … auch wenn er sich keine großen Chancen einräumte.
    “Tötet uns denn, wenn Ihr müsst und wenn Ihr könnt!”, schleuderte er Captain Gull herausfordernd ins Gesicht. “Aber tut es nicht, weil Ihr glaubt, wir seien Spione der Han!”
    Auch wenn er sich dabei unerträglich verwundbar fühlte, beugte er sich vor und zeigte ihnen seinen entblößten Nacken. Dort, wo die Han ihn gebrandmarkt hatten, war die Haut auch nach fast zwei Wochen immer noch empfindlich.
    Rath hörte, wie Maura durch zusammengebissene Zähne die Luft einsog. Er hatte ihr nichts von dem Brandmal erzählt, obwohl er wusste, dass sie eine Salbe hätte mischen können, um seine Schmerzen zu lindern. Ein oder zwei Mal, als sie ihm gar zu temperamentvoll die Arme um den Hals geworfen hatte, hatte er ein schmerzliches Stöhnen unterdrücken müssen.
    “Nun!” Captain Gull schien aus seiner amüsierten Gleichgültigkeit gerissen worden zu sein. “Noch nie habe ich eines dieser Male an einem lebenden Menschen gesehen, Landratte. Wie kam es dazu?”
    “Auf die übliche Art und Weise.” Rath richtete sich auf. “Sie tun es als Erstes, bevor man in die Minen geschickt wird … nachdem sie einen Slag schnüffeln ließen gegen die Schmerzen und auch, um den Widerstand zu brechen.”
    “Und wieso bist du jetzt hier?” Gull kniff die dunklen Augen zusammen. “Kein Mann entkam je den Minen … außer, er hat mit den Han einen Handel abgeschlossen: Spionage im Tausch gegen die Freiheit.”
    “Ihr enttäuscht mich, Gull.” Rath hoffte, dass diese Beleidigung ihn nicht den Kopf kostete.
    “Tu ich das?” Gull hörte sich eher interessiert als zornig an. “Wie das?”
    “Ich hielt Euch für einen Mann, dessen Geschäft es ist zu wissen, was in der Welt los ist. In den Minen hat es erfolgreiche Fluchtversuche gegeben, wenn auch nicht viele, so doch einige. Die Han versuchen natürlich zu verhindern, dass es sich herumspricht. Sonst könnten ja noch mehr Minenarbeiter auf den Gedanken kommen, es auch mal zu versuchen. Und die entkommenen Männer haben keine große Lust, durch Prahlerei die Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen.”
    Die Bergkatze rieb den Kopf an Gulls Wange. Er griff