Das Orakel von Margyle
versprach, es Eure Hoheit sofort wissen zu lassen, wenn sie eintreffen. Soll ich einige Männer beauftragen, nach ihrer Gruppe Ausschau zu halten?”
“Nein.” Rath lehnte das Angebot nicht ganz so schnell ab wie die beiden Male zuvor. “Ich bin sicher, sie sind bald hier.”
Wenn nicht, konnte er selbst losreiten, um sie zu suchen. Als er endlich Schritte und Stimmen hörte, sprang er auf und breitete die Arme aus, um seine Frau zu begrüßen. “Dem Allgeber sei Dank, du bist zurück. Ich fing schon an, mir Sor…”
Er erschrak, als er nun stattdessen den sich wundernden Idrygon das Zelt betreten sah.
“Zurück? Ich bin nirgendwo hingegangen.” Idrygon sah sich um. “Wo ist Ihre Hoheit?”
“Sie wird jeden Augenblick hier sein.” Rath wandte sich rasch ab.
“Wo ist sie hin?” Idrygons Tonfall gab zu verstehen, dass er nicht nur ein Recht darauf hatte, es zu wissen, sondern dass man ihn bereits über ihr Fortgehen hätte informieren müssen.
“Nur auf einen kurzen Besuch in ihr früheres Dorf Windleford. Für sie gab es bei dem heutigen Marsch nichts zu tun. Ich sorgte dafür, dass sie eine zuverlässige Eskorte bekam.”
“Wie konntet Ihr sie bloß gehen lassen?”, schrie Idrygon. “Wir brauchen sie, um den Stab zu finden!”
Rath wirbelte herum. In den letzten Wochen hatte ihm Idrygons Tyrannei oft genug zugesetzt, er hatte zu viele Befehle schlucken müssen, mit denen er nicht einverstanden gewesen war. Und das um einer Sache willen, für die er überhaupt nur widerwillig den Anführer gab. “Wenn Euer kostbarer Stab zu finden ist, dann wird sie ihn finden! Und Ihr wisst so gut wie ich, dass die Han sich von der Windle zurückgezogen haben.”
“Die Han sind nicht die einzige Gefahr, die wir fürchten müssen. Welche Gesetze gelten denn noch, nachdem sie fort sind?”
Die Frage traf Rath wie ein Schlag. Hatte er in seinem Eifer, Maura zu beweisen, dass er sich geändert hatte und sie nicht zu eng an sich fesseln wollte, seine Frau ein zu großes Risiko eingehen lassen? “Ich würde meine Frau nie in Gefahr bringen! Ich sagte Euch doch, sie nahm eine fähige Eskorte mit – etliche Männer, denen ich mein Leben anvertrauen würde. Außerdem, ausgerechnet Ihr müsst reden! Nur mit Eurem unfähigen Bruder als Schutz habt ihr sie damals in das Herz des hanischen Gebiets geschickt! Ein Wunder, dass sie nicht ein Dutzend Mal gefangen genommen oder gar getötet wurde.”
“Sprecht nicht schlecht über meinen Bruder!” Mit geballten Fäusten machte Idrygon drohend einen Schritt auf Rath zu. “Delyon kehrte heil aus Westborne zurück, mit Eurer Frau und mit der Nachricht, wo der Stab zu finden ist. Nicht zu vergessen die lebenswichtige Information darüber, wie die Han uns angreifen wollen.”
“Alles Informationen, die Maura sammelte!” Rath wedelte mit dem Zeigefinger vor Idrygons Nase herum. “Sie war diejenige, die Euren Bruder sicher aus Westborne hierher brachte, nicht umgekehrt. In Begleitung einiger fähiger Männer wäre sie vielleicht sogar in der Lage, eine Bresche in die Armee des Ersten Gouverneurs zu schlagen.”
Idrygon machte auf dem Absatz kehrt. “Ich schicke einen Suchtrupp los.”
“Das werdet Ihr nicht!” Rath packte ihn am Ärmel. “Maura sagte, sie würde heute Nacht zurückkehren, und das wird sie auch. Sie soll nicht denken, ich traue ihr das nicht zu.”
“Nehmt die Hände von mir!” Idrygon schlug seine Hand fort. “Ich habe es nun wirklich endgültig satt, Euch immer wieder zur Ordnung zu rufen!”
“Und ich habe es mindestens genauso satt, von Euch zur Ordnung gerufen zu werden!” Rath hob die Faust, bereit, Idrygon einen Schlag zu versetzen, dass ihm hören und sehen verging.
“Halt!”, schrie Maura. “Was geht hier vor?”
Die Erleichterung, sie gesund wiederzusehen, ließ Rath seinen Streit mit Idrygon umgehend vergessen. “
Aira!”
Er schloss sie in die Arme und hob sie hoch. “Was hat dich aufgehalten?”
Bevor sie noch antworten konnte, sprach Idrygon in seinem wie üblich überheblichen und verächtlichen Ton. “Und zuerst einmal: Was fällt Euch ein, Euch einfach so davonzuschleichen?”
“Sie hat sich nicht
davongeschlichen.”
Er ließ sie wieder auf den Boden nieder und erinnerte sich daran, dass es noch etwas zu erledigen gab. “Sie hat mich, ihren Gatten und König, um Erlaubnis gebeten. Nach allem, was sie die letzten Wochen durchgemacht hat, war auch ich der Meinung, dass es ihr guttun würde, mit ihrer Freundin
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