Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
Vom Netzwerk:
Kind noch eine Scheibe Haferbrot. “Aber im Leben endet es nicht immer so gut wie in den Erzählungen.”
    Anulf kratzte seine Schüssel aus. “Früher habe ich über die alten Erzählungen gespottet, Mistress Swinley. Und auf einmal war ich mitten drin in einer, die nicht weniger sonderbar war als die, die ich im Alter Eures Sohnes hörte.” Er erzählte, wie man ihn wegen eines Streits in einer Taverne in die Minen geschickt hatte. “Auf dem Weg dorthin fühlte ich mich schon so gut wie tot. Dann fing dieser Fremde an zu erzählen, er habe mit eigenen Augen die Auserkorene Königin gesehen und dass sie unterwegs sei, den Wartenden König zu erwecken. Zuerst dachte ich, der Kerl habe nicht mehr alle Tassen im Schrank, aber je mehr er erzählte, desto mehr wünschte ich, ich könnte ihm glauben.”
    Maura hörte ihm fast genauso gebannt zu wie der kleine Bard. Rath hatte ihr nur kurz von dem Aufstand in den Minen erzählt und dabei seine eigene Rolle heruntergespielt. Jetzt stand ihr fast das Herz still, als sie die ganze schreckliche, waghalsige Geschichte hörte. Je länger sie zuhörte, desto mehr kam sie zu der Überzeugung, dass Idrygon sich täuschte – Rath brauchte diesen albernen Zaubertrank nicht, um anderen Mut und Glauben einzuflößen.
    Newlyn Swinley schien die Gäste kaum zu beachten. Stattdessen starrte er in seine Schüssel und löffelte Sorshas Hammeleintopf in sich hinein. Vielleicht kämpfte er gegen Erinnerungen an seine eigene Zeit in den Minen an. Nach dem Essen gingen Odger, Tobryn, Snake und Newlyn los, um Rüben auszugraben. Anulf bot sich an, auf die Kinder aufzupassen, damit die Frauen einen Spaziergang zu Mauras früherem Zuhause machen könnten.
    Auf dem Weg erzählte Maura ihrer Freundin noch den Rest von dem, was sie über ihre Vergangenheit hatte herausfinden können.
    “Was für ein furchtbarer Schock muss das gewesen sein, es auf diese Art herauszufinden”, murmelte Sorsha. “Aber das erklärt einiges von dem, was mir an dir immer ein Rätsel war. Deine arme Mutter! Glaubst du, der Todesmagier hat sie vergewaltigt? Mir gefriert das Blut in den Adern, wenn ich daran denke.”
    “Er behauptete, er habe sie geliebt, und sagte immer wieder, wie sehr sie ihn hintergangen hätte.” Maura blickte auf und rechnete kurz damit, das Dach von Langbards Hütte zu erblicken, obwohl sie doch selbst gesehen hatte, wie es in der Nacht ihrer Flucht in den Flammen eingestürzt war.
    “Ich denke, sie verführte ihn vielleicht, um fliehen zu können.”
    “Du meine Güte!” Sorsha machte große Augen.
    “Wenn es so war”, Maura schüttelte den Kopf, “dann weiß ich nicht, ob ich sie bewundern oder verachten soll.”
    Sorsha bückte sich und pflückte einen Stängel Spitzenkraut. “Hab Mitleid mit ihr, falls das ihre letzte Hoffnung war.”
    Mauras nickte seufzend. Sie blickte sich auf dem kleinen Stückchen Land um, wo sie so viele ruhige Jahre verbracht hatte, ohne zu ahnen, was ihre Vergangenheit und ihre Zukunft für sie bereithielten. Dieser Ort war ihr so vertraut, dass sie das Gefühl hatte, sie könnte zurückkehren in eine Zeit, in der all dies noch nicht geschehen war. Doch dann fiel ihr Blick auf Dinge, die sich verändert hatten, und sie spürte, wie weit entfernt und unerreichbar ihr altes Leben war.
    Ein seltsamer Friede lag über dem Ort. Seit der Brandnacht waren Büsche und Blumen wieder gewachsen und hatten einen weichen, versöhnlichen Mantel über die geschwärzte Ruine der Hütte gelegt. Maura stellte sich vor, wie Langbard friedlich darunter schlief.
    Aber was war mit ihrer Mutter? Auch Dareth Woodburys Körper lag in dieser Erde, begraben von Langbards liebevollen Händen. Hatte ihr Geist im Jenseits den Frieden gefunden, der ihr hier auf Erden nicht gewährt worden war? Maura ging zum Kräutergarten hinüber, kniete nieder und begann, verschiedene Blätter, Blüten und Samen zu ernten. Die vertraute Arbeit tröstete und beruhigte sie, während sie aussprach, was ihr Sorgen bereitete.
    “Ändert das Wissen, dass ich wahrscheinlich hanisches Blut in mir habe, wirklich nicht deine Gefühle zu mir, Sorsha?”
    Sorsha ließ sich auf einen flachen, bemoosten Stein nieder, auf dem sie schon in der Vergangenheit oft gesessen hatte, wenn sie sich mit ihrer Freundin unterhielt. “Das hast du doch wohl nicht geglaubt, oder?”
    Maura hielt sich ein Büschel Windwurzblüten an die Nase und atmete ihren wohltuenden Geruch tief ein. “Ich könnte es dir jedenfalls nicht

Weitere Kostenlose Bücher