Das Orakel von Margyle
können.”
Idrygon nahm eine Frucht aus der Schale, die auf dem Tisch stand, warf sie in die Luft und fing sie wieder auf. “Und deshalb müsst Ihr und mein Bruder Velorkens Stab finden und ihn uns so schnell wie möglich bringen.”
Raths Gesichtsausdruck wurde bei diesen Worten noch finsterer. Auch wenn er nicht wieder eine Tirade wegen ihrer Suche anstimmte, wusste Maura, dass er noch immer dagegen war. Warum konnte er nicht einsehen, dass sie es tun
musste?
Für all ihre unterdrückten Landsleute. Für ihre Eltern und für Langbard, damit ihre Opfer einen Sinn hatten. Für ihn und seine kleine Armee, damit nicht mehr Blut als unbedingt nötig vergossen wurde.
So lange sie zurückdenken konnte, war sie eine Heilerin. Der Gedanke an so viele Wunden und an Tod entsetzte sie, selbst wenn es nur aus dem edelsten Grund geschah. Wenn Velorkens Stab bewirken konnte, dass weniger Blut floss, dann würde sie ihn höchstpersönlich im Bett des Ersten Statthalters suchen, wenn es sein musste!
Rath schob die Netzvorhänge des Bettes beiseite und stand auf, um einem neuen Tag gegenüberzutreten. Wenn er nur auch das unsichtbare Netz des Schicksal hätte genauso beiseiteschieben können. Es hatte ihn gefangen und hielt ihn fest wie ein Spinnennetz.
Er brauchte noch nicht einmal zur anderen Bettseite hinüberzublicken, um zu wissen, dass Maura bereits aufgestanden war. Einen Fluch murmelnd fuhr er sich mit der Hand durch das kurz geschnittene Haar, das sich nicht mehr so anfühlte, als würde es zu ihm gehören. Zu viele Dinge in seinem Leben fühlten sich in diesen Tagen nicht mehr so an.
Am meisten dieser große, unbeholfene Körper, der ihm immer wuchs, sobald er diesen scheußlichen Trank geschluckt hatte. Slag! Die Dame Diotta sollte sich überlegen, das Zeug an die Echtroi zu verkaufen. Wenn es zu wirken begann, glich der Schmerz allem, was er durch den Zauberstab eines Echtroi hatte erleiden müssen. Es fühlte sich an, als würde ihm jeder Knochen im Leib gebrochen, jedes Gelenk ausgerenkt, ein lähmender Schmerz in all seinen Muskeln zwang ihn in die Knie. Das saure Getränk, das seine Stimme tiefer klingen ließ, war nicht besser, denn danach war seine Kehle rau und brannte.
Heute würde er weder das eine noch das andere verfluchte Gebräu trinken, beschloss Rath, während er sich ankleidete. Wenn es Idrygon nicht gefiel, hatte er eben Pech gehabt!
Nachdem er fast sein ganzes Leben damit verbracht hatte, zu tun, was er wollte, und zu gehen, wohin er wollte, war Rath jetzt gezwungen, viele Dinge gegen seinen Willen zu tun. Das gab ihm das Gefühl, in der Falle zu sitzen, und das war das Gefühl, das er am meisten hasste … von einem anderen vielleicht abgesehen.
Er sah zum Bett und wünschte sich, Maura wäre an diesem Morgen dageblieben. Seine tiefste, geheimste Furcht war die, verlassen zu werden. Seine Eltern, wer immer sie auch gewesen waren, hatten ihn zurückgelassen, bevor er alt genug gewesen war, sich an sie zu erinnern. Dann war seine Großmutter gestorben und hatte ihn sich selbst überlassen. Er hatte für sich sorgen müssen, lange bevor er eigentlich alt genug dazu war. Jahrelang hatte er niemanden nah genug an sich herangelassen, als dass er ihn jemals vermisst hätte.
Er hatte gegen seine wachsenden Gefühle für Maura angekämpft, weil er glaubte, sie würde ihn wegen des Wartenden Königs verlassen. Diese Gefühle waren noch tiefer geworden, nachdem sie gekommen war, um ihn aus der Mine zu befreien. Eigentlich hätte sie ihn im Stich lassen müssen, um ihre Suche zu Ende zu bringen. Als sie selbst dem Tod getrotzt hatte, um zu ihm zurückzukehren, war seine Liebe für sie noch größer und beängstigender geworden.
Nicht, dass sie in der letzten Zeit aus seinem Benehmen darauf hätte schließen können! Wie immer, wenn er sich in die Ecke gedrängt fühlte, drosch er auf den ein, der ihm am nächsten war. Von der Vorstellung verfolgt, er könnte Maura verlieren, war er vom Klammern dazu übergegangen, sie von sich zu stoßen. Es war der vergebliche Versuch, die Angst, sie könnte fortgehen, zu mildern.
Also musste er sich nicht wundern, dass Maura es vermied, mit ihm allein zu sein. Sie wusste zu kämpfen, wenn sie musste. Doch sie war dazu erzogen worden, sich eher zu verstecken, wenn sie die Wahl hatte, oder vor Problemen die Flucht zu ergreifen. Betrachtete sie ihn als
Problem?
Rath musste es herausfinden, musste zwischen ihnen alles wieder in Ordnung bringen. Ihre gemeinsame Zeit
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