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Das Orakel von Margyle

Das Orakel von Margyle

Titel: Das Orakel von Margyle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Hale
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neigte sich für ihn zu schnell ihrem Ende zu, als dass er es zulassen konnte, sie durch diese Missstimmung zu vergiften.
    Er stürmte aus ihrem gemeinsamen Schlafzimmer und wäre um ein Haar in Idrygons Gattin gerannt. Die kleine, vogelartige Frau war so still und unterwürfig, dass Rath ihr kaum mehr Aufmerksamkeit zollte als den Möbeln in ihrem eleganten Haus.
    “Hoheit!”, keuchte sie und klammerte sich an ihren Korb mit sauber gefalteter Wäsche. “Stimmt etwas nicht?”
    Ob etwas nicht stimmte? Gar nichts stimmte hier. “Nein. Ich suche nur meine Frau. Habt Ihr sie gesehen? Ich muss sie sprechen.”
    “Ich fürchte, sie ist fortgegangen, Hoheit.” Idrygons Frau trat einen Schritt zurück, als sie ihm die Nachricht mitteilte.
    Er unterdrückte einen Fluch, der besser zu einem Gesetzlosen als zu einem königlichen Gast im Hause einer Dame passte. “Wisst Ihr, wohin sie gegangen ist?”
    “Sie ging mit meinem Mann und seinem Bruder, Hoheit. Idrygon sagte etwas über eine Ausstattung, die Eure Frau für ihre Mission benötige.”
    Das hieß sicher, dass sie zu Dame Diotta gegangen waren. Im Fortgehen murmelte Rath rasch noch einige Dankesworte.
    “Möchtet Ihr etwas essen, bevor ihr aufbrecht, Hoheit?”, rief seine Gastgeberin hinter ihm her.
    “Später vielleicht.” Essen konnte warten. Ohne anzuhalten rannte er den Hügel zu Dame Diottas Haus hinauf und kam atemlos und verschwitzt oben an.
    “Hoheit!” Die alte Zauberin verbeugte sich vor ihm, als sie ihn erkannte. “Wie wirken die Tränke, die ich Euch gab?”
    Rath widerstand dem Verlangen, ihr zu erzählen, was er von ihren Tränken hielt. “Ganz … gut”, keuchte er. “Meine Frau … ist sie hier?”
    “War hier”, sagte Dame Diotta. “Sie kam mit Lord Idrygon und seinem Bruder. Ich füllte ihren Schultergürtel mit allem, was zur Hand war, auch mit ein paar Kräutern, von denen sie noch nie gehört hatte. Ich muss sagen, sie lernt die Beschwörungsformeln schnell. Wenn ich sie für einige Monate als Lehrling hätte, ich könnte eine erstklassige Zauberin aus ihr machen. Ich glaube allerdings nicht, dass sich das für eine Königin geziemen würde. Schade.” Bevor Rath Atem holen konnte, um zu fragen, wohin Maura gegangen war, schnatterte sie schon weiter: “Ich habe dafür gesorgt, dass sie genug von diesen Genowschuppen hat, nicht etwa in einem einzigen großen Sack, du liebe Güte, nein. Ich gab ihnen ein Dutzend kleiner Beutel und sagte ihnen, sie sollten sie an möglichst vielen verschiedenen Orten aufbewahren – Schultergürteln, Taschen, in der Schuhspitze, wenn da einer hineinpasst.”
    “Bitte!”, schrie Rath, als ihr Redefluss etwas langsamer wurde. “Wie lang ist es her, dass sie fort sind? Wisst Ihr, wohin sie gingen?”
    Besser, er kehrte zu Idrygons Haus zurück und wartete dort auf Mauras Rückkehr, als ihr quer über die Insel nachzujagen. Die Spannung zwischen ihnen hatte sich seit Tagen aufgebaut. Was für einen Unterschied machten da ein oder zwei Stunden?
    “Es ist noch nicht lange her, dass sie gerufen wurden”, sagte Dame Diotta.
    “Wer rief sie?” Rath wurde immer ungeduldiger. Es war wichtig. Er konnte es keinen Moment länger ertragen, dass etwas zwischen ihm und Maura stand.
    Die alte Zauberin deutete über seine Schulter. “Das Orakel von Margyle. Es klang dringend. Aber die Jungen regen sich wegen Nichtigkeiten auf, nicht wahr? Eine Schande, dass das alte Orakel vor der Zeit gehen musste. Für ein Kind in diesem Alter ist das doch eine schreckliche Bürde, meint Ihr nicht auch?”
    “Ja, ja, sicher.” Rath trat zurück. “Ich danke. Guten Tag.” Er drehte sich um und eilte zur Hütte des Orakels.
    Die Dienerin des Kindes nickte sofort, als er nach Maura fragte. “Die Kleine schickte mich los, sie zu holen, und glücklicherweise entdeckte ich sie bei Dame Diotta. Hatte so eine Art Vision, das Kind, und wollte sie deswegen warnen.”
    Vision? Warnen? Kalte Furcht ergriff Rath. Hatte das Kind mehr in der bedrohlichen Zukunft gesehen, als es ihm verraten hatte?
    “Sind sie bei dem Orakel?”, fragte er.
    Die Frau blickte sich um. “Ich brachte sie hierher. Dann bin ich in die Hütte gegangen, um nachzusehen, ob das Brot verbrannt ist, während ich fort war. Vielleicht hat das Orakel sie mit auf den Hügel genommen. Es spricht gerne dort oben mit den Leuten.”
    “Ich gehe nachschauen.” Rath machte sich auf den Weg zu dem von Bäumen umstandenen Gipfel und rief dabei immerfort Mauras Namen.

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