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Das Orakel von Theran

Das Orakel von Theran

Titel: Das Orakel von Theran Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Vlcek
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etwas zu befürchten. Wann und wo immer es sich ergibt, werde ich dein Leben beschützen, wie du meines geschont hast… Es sei denn, du verstößt gegen die guten Sitten.«
    Mythor fragte sich, was Hrobon unter einem Verstoß gegen die guten Sitten verstand, dachte aber nicht weiter darüber nach, denn der Vogelreiter fuhr fort: »Für meine Männer gilt das aber nicht, und ich möchte mich nicht gegen sie wenden. Wenn du die theranische Oase mit dem Orakel betrittst, kann dir niemand mehr etwas anhaben. Dies ist nämlich eine Freistätte, und du genießt den Schutz des Lichtboten. Dort werden sich unsere Wege trennen.«
    Als Hrobon den Namen des Lichtboten nannte, war Mythor nahe daran zu sagen, dass sich die Werte der Nordländer von denen des Südens doch nicht so sehr unterscheiden konnten, aber dann unterließ er es doch.
    »Welchem Volk gehörst du an, Hrobon?« fragte er statt dessen.
    »Meine Heimat sind die Heymalländer«, antwortete Hrobon. Als Mythor nichts darauf sagte, fuhr er fort: »Du fragst dich sicher, was ich als Heymal in Salamos zu suchen habe. Ich kann es dir sagen. Wir Heymals sind nicht als Eroberer in diesem Land, sondern als Beschützer. Wir wachen darüber, dass die Völker aus dem Norden nicht in dieses Land einfallen.«
    »Wie kommt es, dass ich keinen von euch nördlich der Wüste gesehen habe?« wollte Mythor wissen.
    »Die Wüste ist die natürliche Grenze«, antwortete Hrobon. »Was nördlich davon liegt, das gehört für uns nicht mehr zu Salamos. Aber ist dir das wirklich neu, Mythor? So unwissend kann nicht einmal ein Tainnianer sein, und du siehst mir nicht einmal wie ein Nordländer aus.«
    »Welchem Volk würdest du mich zuordnen?« fragte Mythor.
    »Ist das ein Ratespiel?« fragte Hrobon gereizt.
    »Nein«, sagte Mythor. »Ich weiß nur selbst nichts über meine Herkunft. Ich dachte, dass du mich vielleicht einem Volk zuordnen könntest.«
    »Ich sehe kein besonderes Merkmal an dir, das deine Abstammung verrät«, sagte Hrobon. »Ich könnte dich nur aufgrund bestimmter Eigenheiten des Verhaltens und der Sprache einem Volk zuordnen. Doch falls du aus dem Süden stammst, musst du sehr lange im Norden gelebt haben. Du bist mir fremd. Wie bist du dorthin gekommen?«
    Mythor erzählte ihm seine Geschichte in groben Zügen, verschwieg ihm jedoch alles, was mit dem Sohn des Kometen und den Fixpunkten des Lichtboten zusammenhing.
    Hrobon war ein geduldiger Zuhörer. Nur als sie sich einem ausgedehnten Grünstreifen näherten, der sich als üppiger Pflanzengürtel erwies, unterbrach er ihn, um ihn darauf hinzuweisen, dass vor ihnen die Oase Theran lag.
    Mythor schloss seine Erzählung über sein Leben bei den Marn und seine Abenteuer nach dem Untergang von Churkuuhl mit der Aussage, dass er das Orakel aufsuchen wolle, um etwas über seine Herkunft zu erfahren.
    Als er geendet hatte, meinte Hrobon: »Wie unglaublich deine Geschichte auch klingt, verrätst du durch deine Unwissenheit, dass sie nicht gelogen sein kann. Nur wer in solcher Abgeschiedenheit gelebt hat, kann die Welt so wenig kennen. Was weißt du denn über das Orakel von Theran?«
    »Nicht viel mehr, als dass die Ugalier durch den Spruch des Orakels ihren L’umeyn bestimmen lassen.«
    »Ja, siehst du, solche gewichtige Entscheidungen trifft das Orakel«, meinte Hrobon. »Und dann kommst du, ein unbedeutender Namenloser, und willst den Wahrspruch des Orakels hören! Du tätest besser daran, irgendeinen Wahrsager in Sarphand aufzusuchen, als deine Zeit an der Orakelstätte zu vergeuden.«
    Mythor schwieg dazu. Er überlegte sich, ob er Hrobon seine wahren Beweggründe verraten sollte. Er hatte während ihres Rittes Zutrauen zu dem Vogelreiter gewonnen. Hrobon war bestimmt nicht der Schlächter, für den er ihn anfangs gehalten hatte.
    »Ist es Zufall oder Absicht?« rief da Hrobon in seine Gedanken.
    »Was?« fragte Mythor verwirrt.
    »Du hast den Pfad des Geistes gewählt, um in die Oase einzureiten«, sagte Hrobon und deutete auf den steinigen Weg vor ihnen, der sich zwischen Büschen und astlosen, hochstämmigen Bäumen dahinwand. Mythor hatte solche Bäume noch nie gesehen, die nur eine Krone aus großen und. mannslangen, lanzenförmigen Blättern trugen. Auch die anderen Pflanzen, die durch ihre Üppigkeit und bunte Vielfalt bestachen, waren ihm unbekannt.
    Hrobon fuhr fort: »Es führen sieben Straßen zum Orakel von Theran, von denen man sagt, dass sie zu den sieben Säulen der Welt führen. Das muss jedoch ein

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