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Das Paket mit dem Totenkopf

Das Paket mit dem Totenkopf

Titel: Das Paket mit dem Totenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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schon
da?“
    „Wer? Der Chef?“
    „Denkste, ich meine die
Klofrau?“
    Der Ruppige grinste. „Der Chef
ist doch immer da. Aber es scheint sich nicht rumzusprechen. Toni hat auch
schon nach ihm gefragt. Ich glaube, sie sind an der Theke.“
    Tarzan nickte und ging weiter.
Wie Ameisenbisse prickelte es ihm auf dem Rücken. So ein Dusel! dachte er.
Frechheit siegt wirklich. Noch so ein Doofer, und ich weiß bald alles, was
diese Dealer vorhaben.
    Die Diskothek empfing ihn mit
Höllenlärm. Wer noch nicht schwerhörig war — hier mußte er’s werden. Wo dieser
riesige, flache Schuppen anfing und wo er aufhörte, konnte man im Halbdunkel
nur ahnen. Von irgendwoher streiften drei Lichtstrahlen über die Menge: Ein
blauer — der alle Gesichter, die er traf, zu Wasserleichen machte —, ein roter
und ein gelber.
    Auf der großen Tanzfläche
flippten ein paar Dutzend Jugendliche aus. Ob Pärchen oder allein — jeder
tanzte für sich. „Abhotten“ nannte man das zur Zeit.
    Die Luft roch wie in einem
überfüllten Wartesaal, wenn es draußen regnet. Dichte Schwaden von Tabaksqualm
zogen durch die drei farbigen Lichtstrahlen.
    Tarzan arbeitete sich zur Theke
durch. Hinter ihr standen einige grellgeschminkte Mädchen. Es konnten auch
Großmütter sein. Genaues ließ sich in dem Licht ohnehin nicht erkennen. Viel zu
tun hatten sie nicht, denn die meisten Gäste hatten nur die drei Mark für den
Eintritt. Auch wer sich auf den flachen Sitzmöbeln an den Tischchen
herumflegelte, brauchte nicht unbedingt zu bestellen. Etliche hatten sicherlich
eine Flasche Schnaps hereingeschmuggelt, weil das billiger war.
    Nahe der Theke blieb Tarzan
stehen. Er hatte Toni entdeckt. Der suchte noch, sah sich um, zog den
Reißverschluß seines Parkas hoch und runter und machte einen verkniffenen Mund.
    Er hatte ein fleischiges
Gesicht — breiter als lang — mit einem albernen Schnurrbart und kleinen,
tückischen Augen.
    Tarzan stellte sich neben ein
Mädchen, dem die blonden Korkenzieherlocken bis zum Oberarm reichten. Von
hinten wirkte es wie ein Löwe. Immerhin: Das Haar war zu dicht zum Durchgucken.
Tarzan konnte sich dahinter verstecken. Er linste an ihr vorbei und sah, was
Toni machte.
    „Willst du hotten?“ fragte das
Mädchen. Sie hatte sich zu ihm umgedreht. Weil so viel Lärm war, mußte sie
schreien.
    „Später“, schrie Tarzan zurück.
„Im Moment ist mir nicht danach.“
    Sie nickte, als wäre das
selbstverständlich. Dann kratzte sie sich an den Rippen. Sie war sehr dünn
unter ihrem T-Shirt. Ihren Daunenanorak hielt sie in der Hand.
    In diesem Moment hatte Toni
entdeckt, wen er suchte. Eilig schob er sich zum hinteren Ende der Bar durch.
Dort wurde er von einem Mann mit Handschlag begrüßt. Das mußte Lembke sein, der
Disko-Chef.
    Tarzans Augen hatten sich
inzwischen an die schlechte Beleuchtung gewöhnt. Trotz der Entfernung konnte er
erkennen, daß Lembke etwa 30 war, groß, knochig, mit hartem Gesicht, dichten
dunkelblonden Locken und Schnurrbart. Er trug einen fast weißen Anzug, ein
schwarzes Hemd und um den Hals ein Goldkettchen, das in dieser Sekunde unter
dem roten Lichtstrahl aufglühte.
    Unmöglich, daß die hier
miteinander reden, dachte Tarzan. Einen Schuß könnte man abfeuern, und es würde
kaum einer hören.
    „Willst du wirklich nicht
hotten?“ schrie das Mädchen abermals.
    „Später. Sobald die eine heiße
Scheibe auflegen. Das ist doch lahm.“
    Großäugig sah sie ihn an. Denn
heißere Musik als im Augenblick gab es wirklich nicht mehr.
    Toni und Lembke wandten sich
von der Theke ab. Bevor sie in die Dunkelheit des Hintergrundes tauchten, war
Tarzan in ihrer Nähe. Eine Tür wurde geöffnet. Man konnte in einen erleuchteten
Gang sehen. Aber über der Tür stand in Leuchtschrift: PRIVAT.
    Die beiden verschwanden. Die
Tür schloß sich. Tarzan wartete zehn Sekunden davor. Dann legte er die Hand auf
die Klinke. Noch ein Blick in die Disko. Niemand achtete auf ihn. Überhaupt:
Wer sollte ihn sehen — bei dem Licht? Und von erkennen konnte schon gar nicht
die Rede sein.
    Rasch schlüpfte er in den Gang.
Der höllische Lärm blieb zurück. Keine Tür rechts und links. Nur gelb
gestrichene Wände. Aber der Gang bog rechtwinklig ab.
    Tarzan huschte zur Biegung.
Lauschend blieb er dort stehen. Das leise Murmeln von Stimmen war zu hören. Sie
klangen entfernt. Aber das war nur wegen der Tür. BÜRO stand in Goldbuchstaben
auf dem schokoladenbraunen Holz. Auf dünnem Holz. Denn als Tarzan das Ohr

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