Das Paket mit dem Totenkopf
ausüben
willst. Spätestens...“
„Druck ausüben? Spinnst du? Was
ist denn jetzt wieder los?“
„Denn spätestens Montag“, fuhr
Tarzan unbeirrt fort, „wird euer Diebstahl für meine Mutter zur Katastrophe. In
dem Moment aber ist der Aktenkoffer kein Druckmittel mehr. Und ich, Egge, lasse
dich auffliegen. Ich werde der Polizei mitteilen, was du bist: Ein
Rauschgiftdealer und Straßenräuber.“
Sekundenlang herrschte Stille.
Tarzan hatte das Gefühl, hinter
ihm stehe jemand. Aber als er sich umsah, war nur die Tempeltänzerin da. Mit
ihren Porzellanaugen starrte sie ihn an.
„Drohen willst du mir“, zischte
Detlef Egge. Er hob einen Fuß, als wollte er einen Schritt machen. Aber dann
blieb er doch dort, wo er war.
„Warnen will ich dich. Und ich
warte immer noch auf den Aktenkoffer“, sagte Tarzan.
„Hör’ mal zu, du
9-b-Hampelmann. Mag ja sein, daß du ein toller Sportler bist und im Judo ein
As. Aber wenn du mich mit unverschämten Lügen verleumden willst, könnte leicht
was passieren. Hast du nicht so eine kleine Freundin? Eine Gabriele sowieso,
die man nie ohne ihren Köter sieht. Vielleicht stürzt sie mal im Dunkeln
unglücklich vom Rad. Oder ein Verrückter zerschneidet ihr mit Glasscherben das
Gesicht.“
Fassungslos starrte Tarzan ihn
an. War soviel Gemeinheit denn möglich? Kalte Wut stieg in ihm hoch. Sein
Impuls wäre gewesen, diesen Lumpenkerl zu verprügeln, daß nichts von ihm übrig
blieb. Aber damit hätte er im Moment nichts erreicht.
„Merk’ dir, was ich jetzt sage,
Egge: Wenn meiner Mutter, wenn Gaby, wenn einem meiner Freunde oder dem Cocker
Oskar auch nur das geringste passiert — dann mache ich dich fertig. So, daß
dein Vater dich für Frankenstein hält.“
Detlef Egge wich einen Schritt
zurück. Rasch schob er zwei Finger in den Mund und pfiff schrill. Sofort
tauchte der Butler oben an der Treppe auf. Gemessenen Schrittes kam er
herunter.
„Was rede ich überhaupt mir dir
unverschämtem Lümmel“, zischte Detlef Egge durch die Zähne. „Scher’ dich raus!
Hau ab! Los, raus mit dir!“
Tarzan sah ihn ausdruckslos an.
Als er sich zur Tür wandte, stand der Butler schon dort. Seine fischigen Augen
zeigten Feindseligkeit. Er riß die Tür auf.
Bevor Tarzan hinausging, hörte
er, wie eine Frau mit affektierter Stimme aus Richtung Schwimmhalle rief:
„Deeetleeef, warum kommst du nicht? Wir feiern so nett.“
Und Deeetleeef antwortete:
„Keine Lust, Mutter! Ich erwarte noch jemanden.“
7. Tarzan belauscht die Dealer
Die kühle Winterluft tat wohl.
Es schneite nur wenig. Tarzan fühlte sich, als hätte er einen widerwärtigen
Film gesehen. Daß jemand mit 17 Jahren schon so eklig, abgefeimt und
verbrecherisch sein konnte, erschütterte ihn. Hätte dieser Detlef Egge nicht
alle Möglichkeiten gehabt, sich zu einem anständigen Menschen zu entwickeln?
An der Pforte sah Tarzan
zurück. Die protzige Villa, die Party am Swimmingpool, die gezierte Stimme der
Mutter — das waren nur die ersten Eindrücke. Aber wenn auch alles andere so
aussah? Fehlte dann nicht das Wichtigste? Vielleicht war Detlef Egge nur ein
charakterschwacher Typ, der besonders viel Verständnis und Hinwendung von
seinen Eltern gebraucht hätte.
Vielleicht hat er’s gekriegt,
dachte Tarzan, vielleicht auch nicht. Woher soll ich das wissen? Jetzt ist er
so, wie er ist. Und dieser Lump würde glatt Gaby was antun. Oder irgendwelche
Schläger auf sie hetzen. Mehr interessiert mich nicht. Gut, daß ich Bescheid weiß.
Mit dem bin ich noch lange nicht fertig. Was hat er gesagt? Er erwartet noch
wen. Deshalb also hat er so verstohlen zur Uhr geschielt. Prima! Auf den Besuch warte ich. Den sehe ich mir an. Ein Nachhilfepauker für Latein ist das
bestimmt nicht.
Der Schein der Laternen, die
auf dem Egge-Grundstück brannten, reichte nur bis zur Straßenmitte.
Tarzan huschte in die
Dunkelheit. Hier sah ihn niemand.
Schnee knirschte unter seinen
Sohlen, als er die Baustelle betrat.
Ein Zementmischer stand im Weg.
Dahinter türmte sich ein Hügel aus Schutt. Durch den Schnee roch die Luft nach
Mörtel und Steinen. In einer leeren Fensterhöhle glühten phosphoreszierende
Augen. Tarzan erschrak etwas.
Dann machte die Katze:
„Miauuuu!“ und sprang lautlos in den Rohbau zurück.
Tarzan trat durch die
Türöffnung. Hier stand er völlig im Dunkeln und blieb ungesehen. Aber er konnte
die halbe Straße überblicken. Vor allem sah er, was sich bei den Egges tat.
In der Schwimmhalle
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