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Das Paket mit dem Totenkopf

Das Paket mit dem Totenkopf

Titel: Das Paket mit dem Totenkopf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stefan Wolf
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die
Abenteuer des Huckleberry Finn. Einige Kapitel kannte er schon auswendig. Aber
begeistert war er immer wieder von dem Buch.
    „Spätestens viertel vor elf hauen
wir ab“, sagte Tarzan. „Wir treffen Karl vor dem Filmpalast.“
    „Der wird staunen, daß ich
dabei bin. Warst du eigentlich schon mal um Mitternacht auf dem Friedhof?“
    „Selbstverständlich. Mit den
meisten Gespenstern duze ich mich sogar. Aber die haben vielleicht einen harten
Händedruck, sage ich dir. Weil an den Fingern das Fleisch fehlt.“
    „Du willst mir wohl gleich den
ersten Ausflug vermiesen?“ schimpfte Klößchen.
    „Im Gegenteil. Kannst auch ganz
beruhigt sein. Ich mache dich mit den Gespenstern bekannt.“ Tarzan lachte.
„Müssen wir Zähne putzen? Vielleicht ist es besser. Wenn wir heute nacht
zurückkommen, würde es zuviel Lärm machen. Und Zähneputzen ist mir lieber als
das Gebohre beim Zahnarzt.“
    „Ich muß auch wieder hin“,
klagte Klößchen. „Überall Löcher. Ich soll...“ Er sprach nicht weiter.
    „Du sollst mit dem Naschen
aufhören, hat er gesagt, stimmt’s?“
    „Könntest Hellseher werden.“
    „Nee. Aber jedes Kind weiß
heutzutage, daß zuviel Süßigkeiten die Zähne kaputtmachen. Ich gehe nur jedes
Jahr einmal zum Zahnarzt. Der guckt rein, sagt: Was für ein Pferdegebiß! Alles
okay! Ich mache den Mund zu und hau ab. Gebohrt hat er noch nie. Und warum
nicht? Weil ich wenig Süßigkeiten anrühre. Überleg’ dir mal, wie du dir
schadest. Wirst immer mopsiger. Die Zähne kriegen Löcher. Und im Sport gehst du
haarscharf an der Fünf vorbei. Also, hör endlich auf.“
    Eine Weile schwieg Klößchen.
Dann sagte er: „Vielleicht gehe ich zu Dr. Bienert in die Gruppe. Ich bin zwar
nicht drogenabhängig, aber schokoladenabhängig. Das ist für die mal was Neues.“
    „Darüber kann ich nicht
lachen.“ Tarzan schwang die Beine aus dem Bett, steckte die Füße in die
Latschen und ging zum Waschsaal, um sich die Zähne zu putzen. Er duschte auch
gleich. Und als der EvD kam, um das Licht zu löschen, lagen beide Jungs gähnend
und scheinbar müde in ihren Betten.
    „Alles gesund?“ fragte er.
    „Ich kriege meine Grippe erst
Montag“, sagte Klößchen vorlaut.
    „Dann schreibt ihr wohl eine
Mathe-Arbeit“, meinte der Erzieher. „Na, da wünsche ich Gute Nacht!“
    Bald wurde es still in dem
großen Haus. Nur noch in wenigen Buden murmelten leise Stimmen. Unten auf dem
Hof knallte der Kleinwagen von Studienreferendar Braun Fehlzündungen in die
Nacht, sprang aber — wie üblich bei Kälte — nicht an. Der junge Pauker stieg
aus, warf den Schlag zu, fluchte halblaut und verzichtete darauf, noch mal
rasch in die Stadt zu fahren.
    Tarzan hatte sich zum Fenster
gedreht. Der Nachthimmel war dunkelgrau. Unablässig rieselten Schneeflocken
herab. An einer Stelle wurde die Wolkendecke durchlässig. Dort wanderte der
Mond. Aber man ahnte nur seinen Schimmer.
    Klößchen begann zu schnarchen.
Tarzan beobachtete die Leuchtziffern seiner Armbanduhr.
    Um halb elf weckte er seinen
Freund. Rasch zogen sie sich an. Winterfest natürlich. Mit gefütterten
Stiefeln, Daunenanoraks, Skimützen und Fäustlingen. Tarzan steckte seine
Taschenlampe in den Gürtel. Klößchen holte die Strickleiter hervor. Sie wirkte
recht zerbrechlich, steckte in einer Plastiktüte, und das Preisschild war noch
dran.
    „Vielleicht ist sie nur für
Leichtgewichte“, flüsterte Klößchen. „Ob sie mich aushält?“
    „Wir werden es merken.“
    Auf Zehenspitzen schleichend,
verließen sie das ADLERNEST. Im Flur brannte nur die Nachtbeleuchtung. Nebenan
in der RÄUBERHÖHLE hatte ein Mitschüler vermutlich Alpdrücken, denn er stöhnte
im Schlaf.
    Leise tappten die beiden durch
den Flur. Klößchen klapperte versehentlich mit der Strickleiter. Tarzan machte:
„Pst!“ und öffnete das Fenster.
    Eine Armlänge entfernt sprang
die Mauer vor. Hier begann das Nebenhaus, ein Anbau. In dem Winkel rankte sich
im Sommer wilder Wein empor. Jetzt waren die Ranken natürlich blattlos und
kahl. An einigen Stellen hatte Hausmeister Mandl feste Haken in die Mauer
getrieben. Sie hielten das Holzgitter, das die Weinranken stützte.
    Am obersten Haken machte Tarzan
die Strickleiter fest. Vorsichtig ließ er sie hinunter. Er schwang sich hinaus
auf den Sims und wartete, Klößchen es ihm nachtat. Der keuchte. Unsicher
klammerte er sich am Fensterbrett fest. Tarzan half ihm, die Strickleiter zu
fassen. Langsam stieg Klößchen hinunter. Der Wind, der

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