Das Paradies am Fluss
Internat sind, stresst es sie wahrscheinlich noch stärker, nur hier herumzusitzen und zu warten.«
»Das ist Wahnsinn«, versetzt Tom zornig. »Das habe ich von Anfang an gesagt. Ihn einfach mit den Kindern zu verlassen! Er wird sie beim Wort nehmen, das weiß ich einfach.«
»Wäre das denn so schlimm?«
Schockiert starrt er sie an. Das Eisen gleitet auf dem frischen, gestreiften Baumwollstoff hin und her; der kleine Raum ist von dem vertrauten, behaglichen Duft nach heißem, feuchtem Stoff erfüllt.
»Ist das dein Ernst?«, verlangt er zu wissen. »Dir ist es egal, wenn die Ehe der beiden scheitert?«
Cass seufzt lautlos. »Das wäre es ganz und gar nicht, wenn ich nur glauben könnte, dass sie sich noch lieben. Da bin ich mir nämlich nicht sicher. Und wenn sich das so verhält, ist es mir lieber, dass Gemma und die Zwillinge hier sind.«
»Du hast Guy noch nie leiden können, oder?« Tom setzt sich auf den Rand des kleinen Kartentischs, auf dem der Wäschekorb steht.
»Nicht besonders«, antwortet Cass. »Nein. Er ist Mark zu ähnlich, und ich habe miterlebt, wie es zwischen Kate und Mark war. So etwas hatte ich mir für Gemma nicht gewünscht. Ich wäre viel glücklicher gewesen, wenn sie sich Giles ausgesucht hätte. Giles ist viel … menschlicher. Gemma braucht Liebe wie eine Pflanze die Sonne, und Guy ist so unterkühlt.«
»Aber Gemma liebt ihn«, beharrt Tom. »Sonst wäre sie nicht nach Kanada gegangen. Hätte sie ihn verlassen wollen, wäre das genau die richtige Gelegenheit dazu gewesen. Aber sie ist bei ihm geblieben.«
Cass faltet das Hemd zusammen und wählt einen langen Cordrock. Sie dreht die Innenseite nach außen und zieht ihn über das Bügelbrett. »Ich weiß, doch ich frage mich, welche Rolle ihr schlechtes Gewissen dabei gespielt hat. Sie hatte eine Affäre, war erwischt worden und hatte für eine törichte, flüchtige Leidenschaft alles riskiert. Das kennen wir doch auch, oder? Wir können sie dafür nicht verurteilen. Ich jedenfalls nicht.«
Tom seufzt schwer und bedauert sich selbst. Er hasst diese Art von Gesprächen. Sie zwingen ihn, sich seinen eigenen Schwächen und Fehlern zu stellen, sich an seine eigene Untreue zu erinnern und, was viel schlimmer als all das zusammen ist, an den Tod seiner Tochter Charlotte, die ihn angebetet hat. Die Erinnerung daran, dass er, wenn auch nur einen Moment lang, bereit gewesen war, sie für eine kurze, rein körperliche Leidenschaft in Gefahr zu bringen, kann ihn immer noch zu Tränen rühren. Er wendet sich ab, steckt die Hände in die Taschen und sieht aus dem Fenster.
»Wir hatten beide gleichermaßen Schuld«, bemerkt Cass, die weiß, was er denkt. »Ich weiß noch, was Kate damals gesagt hat: Diese Art von Leidenschaft sei wie eine schreckliche Krankheit, die jeden Sinn für Vergangenheit oder Zukunft zerstört. Nur die Gegenwart ist wichtig, und sie verzehrt einen so, dass man bereit ist, Pflichten, Verantwortung und sogar geliebte Menschen aufzugeben. Und wenn das Fieber vergeht, ist es zu spät. Der Schaden ist nicht mehr zu beheben.«
Und Charlotte war unser Sündenbock und hat die Last unserer Verwirrung und Leidenschaft getragen. Als sie mit ihrem Pony ausgeritten ist, war sie von ihrer Angst und Verletzlichkeit so überwältigt, dass sie keine vernünftigen Entscheidungen treffen konnte. Doch er spricht die Worte nicht aus, weil er eine erneute lautstarke Auseinandersetzung fürchtet. »Hast du Kate gegenüber zugegeben, dass du das so siehst?«, fragt er stattdessen. »Dass es dir nichts ausmachen würde, wenn Gemma und Guy sich scheiden lassen?«
»Natürlich nicht«, gibt Cass ärgerlich zurück. »Im Moment wissen Kate und ich ohnehin kaum, was wir einander sagen sollen. Eine fürchterliche Situation ist das! Sie gibt Gemma die Schuld und ich Guy, doch tief in unserem Inneren wissen wir beide, dass die Sache komplexer ist.«
Sie schiebt das Bügeleisen am Saum des Rocks entlang. Zischend steigt der Dampf auf, und sie denkt zurück an die Liebe und Unterstützung, die Kate ihr während der schrecklichen Monate nach Charlottes Tod geschenkt hat. Cass hasst dieses Minenfeld, das sich seit Gemmas Heimkehr zwischen ihnen erstreckt. Jede verteidigt öffentlich ihr eigenes Kind und gesteht sich doch innerlich die Zwangslage ein, in der die andere steckt. Unvorstellbar, dass sie kein normales Gespräch führen können, ohne dass sich Groll einschleicht oder scharfe Worte fallen! Unglaublich, dass Kate und sie nach so vielen
Weitere Kostenlose Bücher