Das Paradies am Fluss
Kate.«
»Das Zimmer, das Jess bewohnt hat, ist hergerichtet. Ich lasse dir ein paar Vorräte da, Milch und so etwas, aber du müsstest noch einkaufen.«
»Mach dir deswegen keine Sorgen. Hast du etwas von Jess gehört?«
»Ja. Als wir telefoniert haben, klang sie ein wenig merkwürdig, doch Lady T. hatte einen Herzanfall, und wahrscheinlich ist Jess bestürzt darüber. Sie möchten aber, dass sie weiter bleibt, und sie selbst anscheinend auch. Hör mal, Ollie, ich habe ihr deine Handynummer gegeben. Du hast doch nichts dagegen? Ich habe nur das Gefühl, dass ich sie im Stich lasse, obwohl die Entfernung nach St. Meriadoc nicht groß ist, falls es ein Problem gibt.«
»Natürlich habe ich nichts dagegen. Und sie ist bei den Trehearnes ganz bestimmt in Sicherheit.«
»Ich weiß. Doch ich habe sie schließlich eingeladen, und sie kennt niemanden von uns besonders gut. Ich möchte, dass sie das Gefühl hat, in die Chapel Street zurückkehren zu können, falls ihr alles zu viel wird, und sie schien sich zu freuen, deine Nummer zu haben. Anscheinend hat sie darum gebeten, dich zu der großen Wiedersehensfeier einzuladen. Ich habe gesagt, dass du bestimmt gern kommen würdest.«
»Okay. Richte ihr aus, dass ich da bin, falls sie mich braucht. Ich hole ein paar Sachen aus dem Pfarrhaus und komme dann.«
»Großartig. Danke, Ollie. Hör mal, ich breche jetzt auf, daher sehen wir uns nicht mehr. Könntest du Cass Bescheid geben? Das ist alles ein bisschen überstürzt, doch ich brauche wirklich Luft zum Atmen.«
»Das geht uns allen so. Schick mir Jess’ Nummer auf mein Handy, ja? Danke. Melde dich wieder!«
Er steckt das Handy zurück in die Tasche. Wolkenschatten ziehen über die ausgebleichten, grasbewachsenen Hänge, wo Schafe grasen und sich behäbig vorwärtsbewegen. Unter ihm liegen glitzernd die ruhigen Wasser des Stausees. Ein Bussard steigt kreisend von den Bäumen auf, wird von unsichtbaren Luftströmungen nach oben getragen und erhebt sich mit jedem Flügelschlag höher. Aus dem Nichts heraus tauchen zwei Krähen auf, um ihn zu ärgern, und stoßen im Sturzflug auf ihn herunter; zwei Luftkämpfer, die ihn aus dem Tal und zum Steingipfel des Tor treiben.
Oliver wendet den Wagen und schlägt die Straße ein, die zum Pfarrhaus führt.
Tom und Cass sitzen immer noch am Küchentisch. Zwischen ihnen stehen die Reste des Mittagessens.
»Ohne einen Hund ist es nicht das Gleiche«, sagt Oliver, als er hereinkommt. »Es fühlt sich komisch an.«
»Wir brauchen keinen Hund«, versetzt Tom sofort. Oliver hat gewusst, dass er genauso reagieren würde. »Wenn du einen Hund willst, kauf dir selbst einen.«
»Ich brauche keinen«, protestiert Oliver. »Dazu bin ich zu viel unterwegs. Aber das Pfarrhaus braucht einen. Ohne Hund ist es zu groß. Du hättest doch gern einen, oder, Ma?«
Cass kann ihre Erleichterung über seine Rückkehr nicht ganz verbergen. Im Moment kommt es ihr vor, als stritten Tom und sie jedes Mal, wenn sie allein sind, über Gemma. Und da ist Olivers sanfter Spott eine willkommene Ablenkung.
»Hört mal«, meint Oliver, setzt sich, greift nach dem Käse und schneidet sich eine Scheibe ab. »Wir hatten da eine Idee, Kate und ich. Sie fährt für ein paar Tage hinunter nach St. Meriadoc, also ziehe ich solange in die Chapel Street.«
»Wieso das denn?«, verlangt Tom prompt ärgerlich zu wissen. »Warum musst du in die Chapel Street umsiedeln, nur weil Kate nach Cornwall fährt?«
Oliver schenkt ihm ein strahlendes Lächeln. »Soll ich nicht gehen? Werde ich dir fehlen?«
Cass, die sich auch eine Scheibe Käse genommen hat, erstickt fast vor Lachen.
»Die Sache ist die«, sagt Oliver, da Tom verstockt schweigt. »Kate meint, Jess sollte eine Anlaufstelle haben, wenn es am Tamar zu kompliziert wird. Ich vermute, ihr habt gehört, dass es Lady T. nicht gut geht?«
»Ja«, faucht Tom. Oliver soll nicht denken, dass er einen Informationsvorsprung hat. »Sie haben die Wiedersehensfeier abgesagt. Aber ich begreife immer noch nicht, warum du dazu in der Chapel Street sein musst. Falls Jess ein Problem hat – obwohl ich mir nicht vorstellen kann, warum –, dann kann sie herkommen. Ihre Großeltern waren unsere Freunde, nicht deine.«
»Das stimmt, doch die Sache ist die, dass Jess und ich befreundet sind, verstehst du. Darauf kommt es an. Muss am Alter liegen.«
Tom denkt an die schöne, begehrenswerte Juliet und an Jess wie an ein und dieselbe Frau und spürt einen Anflug von
Weitere Kostenlose Bücher