Das Paradies am Fluss
Meine Reise hat die Sache wahrscheinlich wieder zurückgeworfen. Dad hält gar nichts von neuen Projekten, und er ist wütend über alles, was passiert ist. Ich glaube, er argwöhnt, ich könnte meine Meinung ändern und hierher zurückziehen.«
Noch ein ausgedehntes Schweigen folgt.
»Und, würdest du das tun?«, fragt Oliver endlich. »Schließlich könntest du deine Segeltörns oder andere Projekte auch hier starten.«
Guy quittiert seine Bemerkung mit einem höhnischen Schnauben. »Kannst du dir vorstellen, dass mein Vater mir meinen Start hier finanzieren würde? Man muss ihm ja schon fast den Arm umdrehen, damit er Plänen zum Ausbau seiner eigenen Firma zustimmt.« Er trinkt den Whisky aus und steht auf. »Ich gehe schlafen. Bleib ruhig, wenn du willst. Fahren kannst du ohnehin nicht mehr.«
»Danke.« Oliver bleibt sitzen; in seinem Kopf nimmt langsam eine Idee Gestalt an. »Hast du schon Pläne für morgen?«
An der Tür zögert Guy und runzelt die Stirn. »Jetzt nicht mehr. Nicht, wenn Gemma bei Debbie ist. Darüber muss ich nachdenken. Warum?«
»Jess ist bei den Trehearnes am Tamar. Sie hat mich eingeladen, und ich habe mich gefragt, ob wir vielleicht zusammen hinfahren könnten. Kate kennt die Familie sehr gut. Erinnerst du dich an die Trehearnes?«
Guy zieht die Mundwinkel nach unten, überlegt und schüttelt dann den Kopf. »Ich glaube nicht.«
»Ich bin mir sicher, dass Jess sich sehr freuen würde, dich kennenzulernen. Sie hat Kate sehr gern, und sie ist auf alle möglichen Arten mit unserer Vergangenheit verbunden, nicht nur, weil sie Davids Preis gewonnen hat. Wir könnten sie zum Mittagessen ausführen oder so.«
Guy hebt die Schultern. »Wie du meinst. Ich habe nur nichts wirklich Passendes dafür anzuziehen.«
Oliver lächelt. »Ach, ich glaube, das ist nicht so wichtig. Aber darüber sprechen wir morgen früh. Schlaf gut!«
»Danke für den Whisky.« Er geht hinaus und lässt Oliver allein.
Oben, in Kates Zimmer, setzt Guy seinen Koffer ab und zieht die dicken Vorhänge vor die dunklen Fenster. Der Stoff ist seidenweich und warm, und er betastet und knüllt ihn. Dann dreht er sich um und betrachtet den Raum. Er erkennt die Möbel aus dem Haus in Whitchurch wieder. Das Messingbett mit der Patchworkdecke stand früher im Gästezimmer, der Lloyd-Loom-Stuhl mit dem bestickten Kissen stammt aus seinem eigenen Zimmer. Einst, vor vielen Jahren, lagen darauf immer seine Spielsachen. Die elegante weiße Frisierkommode und der kleine Schemel standen früher im Zimmer seiner Mutter, und er bückt sich, um die Fotos darauf anzusehen: David, der die Augen zusammenkneift, um sich vor der Sonne zu schützen; Ben und Julian, die mit Gemma herumalbern, und Giles und er, ungefähr acht Jahre alt und fröhlich grinsend. Kleine, ungezwungene Fotos in ziemlich abgegriffenen Rahmen, bewegend und verstörend.
Der Abend, der mit diesen anderen Fotos begann, hat ihn milder gestimmt, aber auch geschwächt. Im Lauf der letzten Wochen hat er sich in eine kämpferische Stimmung hineingesteigert und die Stunden des Langstreckenfluges genutzt, um seinen Groll und Zorn zu nähren und sich auf die vor ihm liegende Auseinandersetzung einzustimmen. Er hat genau geplant, wie er ankommen und alle verblüffen würde; seine Mutter würde nervös sein, sich Sorgen um Gemma und die Zwillinge machen, doch auf seiner Seite stehen. Er hat beschlossen, Gemma hier im Cottage zu treffen, in seinem eigenen Revier, und sie zu überrumpeln.
Doch stattdessen ist er Oliver begegnet, den verschiedensten Erinnerungen und Empfindungen, und hat sich verleiten lassen, über alles zu reden, sodass er jetzt erschöpft ist. Sein selbstgerechter Zorn ist verflogen, und mit einem Mal sehnt er sich nach Gemma, möchte am liebsten mir ihr auf dieses Bett sinken und in der vertrauten Wärme ihrer Umarmung alles vergessen.
Während er den Koffer auspackt, huschen seine Gedanken zurück in die Zeit vor seiner Ehe, zu dem kleinen Cottage im Nethercombe Court in South Brent. Gemma und er kannten einander schon ihr Leben lang, doch als sie Kinder waren, hatten die zehn Jahre Altersunterschied zwischen ihnen eine wirklich enge Beziehung verhindert. Dann hatten sie sich zufällig getroffen, nachdem er das Häuschen in der Wohnanlage gekauft hatte und von Dartmouth aus seine Jachtvermittlung betrieb, und sie hatte in Hungerford eine Ausbildung zum Kindermädchen absolviert. Damals war er verliebt in seine Nachbarin, die schöne Nell, gewesen, und
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