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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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abgeschlossen betrachten, wenn Ihr Sonderverkauf am nächsten Montag wirklich ein solcher Erfolg wird, wie Sie hoffen.«
    Sie drückten einander die Hand, und Mouret nahm mit entzückter Miene Abschied.
     

Viertes Kapitel
    Am Montag, dem zehnten Oktober, brach die Sonne siegreich durch die grauen, regenschweren Wolken, die seit einer Woche Paris verdüsterten. Die ganze Nacht war ein feiner Regen niedergegangen, der die Straßen verschmierte; allein bei Tagesanbruch hatte ein scharfer Wind die Bürgersteige getrocknet, die Wolken vom Himmel verjagt und ihn in heiterem Frühlingsblau erstrahlen lassen.
    Das »Paradies der Damen« lag schon um acht Uhr im Glanz des großen Sonderverkaufs. Über dem Eingang flatterten Fahnen, der frische Morgenwind spielte mit den ausgehängten Wollwaren. Die lange Reihe der Schaufenster nach beiden Straßen mit ihren blankgeputzten Scheiben entfaltete die ganze Farbenpracht der Dekoration.
    Doch zu dieser frühen Morgenstunde hatten sich erst wenige Käufer eingefunden: einige Kunden, die später keine Zeit hatten, Haushälterinnen aus der Nachbarschaft, ein paar Frauen, die sich dem Gedränge am Nachmittag nicht aussetzen wollten. Das mit Waren vollgepfropfte Geschäft war noch leer, aber sichtlich gerüstet. Die vorbeieilenden Fußgänger würdigten die Auslagen kaum eines Blicks. Nur die Bewohner des Stadtviertels, die kleinen Geschäftsleute vor allem, die durch diesen ungeheuren Aufwand an Fahnen und Dekoration in Aufruhr versetzt wurden, standen in Gruppen unter den Türen und auf der Straße und tauschten hier und da bittere Bemerkungen aus. Hauptsächlich erboste sie ein in der Rue de la Michodière vor dem Warenabgang haltender Wagen, einer jener vier, die Mouret in ganz Paris für sich Reklame machen ließ. Grün angestrichen, mit Rot und Gelb verziert, leuchtete er im hellen Sonnenschein wie Gold und Purpur. Auf beiden Seiten war der Name der Firma zu lesen, darüber eine auffallende Anzeige, die auf den heutigen großen Sonderverkauf hinwies. Nachdem der Wagen mit den restlichen Paketen vom Tag vorher vollgeladen war, preschte das prächtige Pferd im Trab davon. Baudu stand blaß auf der Schwelle seines Ladens und blickte haßerfüllt diesem Fahrzeug nach, das den verabscheuten Namen des »Paradieses der Damen« im hellen Sonnenlicht durch ganz Paris spazierenführte.
    Mittlerweile waren einige Droschken angekommen und hatten sich hintereinander aufgestellt. Sooft eine Käuferin eintrat, entstand eine Bewegung unter den Laufburschen, die, in die Livree des Hauses gekleidet – hellgrüner Anzug, gelb und rot gestreifte Weste –, unter der hohen Eingangstür warteten. Der Inspektor Jouve, in Schwarz mit weißer Krawatte und allen Kriegsauszeichnungen, empfing die Damen voll ernster Höflichkeit, um sie nach den verschiedenen Abteilungen zu weisen. Dann verschwanden sie in dem Vorraum, der in einen orientalischen Saal umgewandelt war.
    Schon von der Place Gaillon aus konnte man diesen Saal sehen. Decken und Wände waren mit den Schätzen des Orients verkleidet, türkischen, arabischen, persischen, indischen Teppichen in den sattesten Farben und üppigsten Mustern. Mouret selbst hatte diesen Gedanken gehabt, der alle in höchstes Erstaunen versetzte. Er hatte in der Levante zu ausgezeichneten Bedingungen eine Sammlung alter und neuer Teppiche angekauft, wie sie bisher nur bei Raritätenhändlern für teures Geld zu haben gewesen waren. Er wollte den Markt damit überschwemmen, gab sie fast zum Einkaufspreis ab und gedachte nur so viele zu behalten, wie er für die prächtige Ausstattung seines Hauses brauchte.
    Als Denise, die gerade an diesem Montag ihre neue Stelle antreten sollte, um acht Uhr morgens durch den orientalischen Saal kam, war sie ganz verblüfft. Sie erkannte den Eingang gar nicht wieder und betrachtete verwirrt diese Haremsdekoration am Portal. Ein Laufbursche führte sie ins Dachgeschoß hinauf und übergab sie Frau Cabin, die damit betraut war, die Kammern der Verkäuferinnen reinzuhalten und zu überwachen. Frau Cabin wies Denise nach Nummer sieben, wohin ihr Koffer schon vorgetragen worden war. Es war ein winziger Raum mit einer Luke auf das Dach, möbliert mit einem schmalen Bett, einem Nußbaumschrank, einem Toilettentisch und zwei Stühlen. Zwanzig solcher Mansarden lagen wie Klosterzellen an einem gelb angestrichenen Gang. Von den fünfunddreißig Verkäuferinnen schliefen hier diejenigen, die in Paris keine Familie hatten, während die übrigen

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