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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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auswärts wohnten, darunter einige bei angeblichen Tanten oder Kusinen. Denise zog rasch ihr Wollkleid aus, das durch das viele Bürsten fadenscheinig geworden und an den Ärmeln vielfach ausgebessert war; es war das einzige, das sie aus Valognes mitgebracht hatte. Dann legte sie den Arbeitsanzug ihrer Abteilung an, ein schwarzes Seidenkleid, das auf dem Bett bereitlag. Es war ein wenig zu lang und in den Schultern zu weit; allein in ihrer Aufregung sputete sie sich dermaßen, daß sie sich bei solchen Einzelheiten nicht aufhielt. Sie hatte noch nie in ihrem Leben Seide getragen. Während sie in ihrer festtäglichen Kleidung voller Unbehagen nach unten ging, fühlte sie sich gänzlich fehl am Platz.
    Als sie ihre Abteilung betrat, brach eben ein Streit los; sie hörte Ciaire mit scharfer Stimme rufen:
    »Ich bin vor ihr angekommen!«
    »Das ist nicht wahr«, erwiderte Marguerite; »an der Tür hat sie mich gestoßen, aber ich hatte schon den Fuß drinnen.«
    Es handelte sich darum, wessen Name früher auf die Tafel geschrieben werden sollte, die den Turnus beim Verkauf regelte. Die Verkäuferinnen mußten sich in der Reihenfolge, wie sie ankamen, auf einer Schiefertafel eintragen; nach jedem Verkauf löschten sie oben ihren Namen und setzten ihn als letzten unten wieder an. Frau Aurélie gab schließlich Marguerite recht.
    »Immer Ungerechtigkeiten!« murmelte Ciaire wütend.
    Doch der Eintritt Denises versöhnte die beiden. Sie betrachteten sie und lächelten einander spöttisch zu. Wie konnte man nur so geschmacklos herumlaufen! Das junge Mädchen trat linkisch zur Schiefertafel, wo sie sich als letzte eintrug. Mittlerweile betrachtete die Direktrice sie mit unruhiger Miene; sie konnte sich nicht enthalten zu bemerken:
    »Meine Liebe, in diesem Kleid hätten ja zwei von Ihrer Sorte Platz! Es muß enger gemacht werden; außerdem verstehen Sie offenbar gar nicht, sich anzuziehen. Kommen Sie her, damit ich das etwas in Ordnung bringe.«
    Sie führte sie vor einen der hohen Spiegel, die abwechselnd zwischen den Schranktüren angebracht waren. Der weite Raum mit den einheitlich gekleideten und abwartend herumstehenden Verkäuferinnen wirkte unpersönlich wie die Empfangshalle eines Hotels. Jedes der Mädchen trug zwischen zwei Knöpfen an der Brust einen großen Bleistift, aus den Taschen blitzte der weiße Kassenblock hervor. Einige von ihnen hatten bescheidenen Schmuck angelegt, Ringe, Broschen, Ketten. Ihr eigentlicher Luxus aber, in dem sie bei der erzwungenen Einförmigkeit ihrer Kleidung miteinander wetteiferten, war ihr Haar, das bei allen mit dem Aufwand der raffiniertesten Toilettenkünste frisiert war.
    »Ziehen Sie den Gürtel etwas mehr zu«, fing Frau Aurélie wieder an. »So, jetzt haben Sie wenigstens keinen Buckel mehr. Und Ihre Haare! Wie kann man sie nur zu einem solchen Klumpen verunstalten! Sie wären prachtvoll, wenn Sie damit umzugehen wüßten.«
    Das war in der Tat Denises einzige Schönheit. Ihre aschblonden Haare fielen ihr beim Kämmen bis zu den Knöcheln herab; sie waren ihr so im Weg gewesen, daß sie sie einfach zu einem Knoten zusammengerollt und mit einem Hornkamm festgesteckt hatte. Ciaire, die beim Anblick dieser Fülle vor Neid verging, tat, als müsse sie über die linkische Art lachen, wie sie gekämmt war. Sie rief mit einem Wink eine Verkäuferin aus der Wäscheabteilung herbei, ein Mädchen mit breiten, aber angenehmen Zügen. Die beiden aneinanderstoßenden Abteilungen lagen in ständiger Fehde; wenn es sich jedoch darum handelte, sich über andere lustig zu machen, verstanden die Verkäuferinnen sich gleich.
    »Fräulein Pauline, schauen Sie sich einmal diese Mähne an!« sagte Ciaire und stieß mit dem Ellbogen gleichzeitig Marguerite an. Sie tat, als müsse sie vor Lachen ersticken. Allein Pauline schien nicht zum Scherzen aufgelegt zu sein. Sie betrachtete Denise einen Augenblick und erinnerte sich, was sie selbst in den ersten Tagen ihres Eintritts auszustehen gehabt hatte.
    »Ach was«, sagte sie, »nicht jedermann hat eine solche Mähne!« Damit kehrte sie in die Wäscheabteilung zurück und ließ die anderen verlegen zurück. Denise, die alles mit angehört hatte, sandte ihr einen dankbaren Blick nach, während Frau Aurélie ihr einen auf ihren Namen ausgestellten Kassenblock übergab und sagte:
    »Jetzt machen Sie sich mit den Gewohnheiten des Hauses vertraut und warten Sie, bis Sie im Verkauf an die Reihe kommen; es wird heute heiß hergehen. Da werden wir ja sehen,

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