Das Paradies liegt in Afrika
unterwegs, um zwei englische Geschäftspartner zu treffen. Einer von ihnen war Cecil Rhodes, den Frederic schon aus New Rush kannte.
»Wenn Frederic Erfolg hat und es ihm gelingt, eine Minenkooperation zu gründen, will er das feiern, wie ich ihn kenne. Ich muss zumindest noch einen Imbiss richten.« Hannah sah auf die drei Reisetaschen, die schon fertig gepackt waren. »O Karoline, ich kann dir gar nicht sagen, wie froh ich sein werde, wenn ich wieder daheim bin.« Sie strich sich über das leichte Baumwollkleid. »Nicht einmal ein paar elegante Kleider habe ich dabei.«
»Die wären in dieser Gegend auch völlig fehl am Platze.« Karoline, die ihr Haar locker aufgesteckt hatte, strich sich eine Haarsträhne hinters Ohr. Sie trug ein dünnes Leinenkleid, das im Gegensatz zur herrschenden Mode einen weiten Rock besaÃ, der viel Bewegungsfreiheit garantierte. »Ich hole mir noch ein Glas Limonade. Möchtest du auch etwas?«
»Ja, gern.« Hannah faltete ein hellrotes Schultertuch zusammen und legte es auf eine der Taschen. »Die Hitze ist kaum zu ertragen. Zudem habe ich den Eindruck, dass ich seit Tagen nur noch trockenen Staub atme.«
»Bald ist es ja vorbei. Wann erwartest du Frederic zurück?« Karoline sah zu der kleinen französischen Uhr, die auf einer schmalen Kommode stand.
»Vor Einbruch der Dämmerung wollte er auf jeden Fall wieder da sein, auch wenn es zu keiner Einigung kommen sollte.« Hannah ging zum Fenster und sah hinaus. Ein blühender Hibiskusbusch, der neben zwei alten WeiÃdornbüschen stand, war der einzige Farbtupfer in ihrem kleinen Vorgarten. Ihr Blick ging zu den bewaldeten Hügeln im Norden, das satte Grün war Balsam für die Augen.
»Sie kommen schon!« Sie hob den Rock ihres safrangelben Baumwollkleides und hastete zur Haustür, um ihrem Mann selbst zu öffnen.
Karoline folgte ihr langsamer. Sie freute sich mit Hannah und Frederic, der in Begleitung von zwei dunkelgekleideten Herren aus dem offenen Landauer stieg. Eine zweite Kutsche, von Apfelschimmeln gezogen, folgte und hielt dicht hinter dem Landauer.
Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte Karoline drei Reiter, die jedoch von der StraÃe abbogen und ihrem Blickfeld bald wieder entschwanden.
Auf halbem Weg blieb Karoline stehen und sah zu, wie Hannah auf ihren Mann zueilte. Frederic nahm den Hut ab und winkte ihr damit, ehe er sich wieder seinen Begleitern zuwandte. Er machte gerade eine einladende Geste zum Haus hin, als Schüsse aufpeitschten. Hannah, die nur noch einen Schritt von ihrem Mann entfernt war, blieb wie erstarrt stehen. Frederic und ein hagerer Mann im dunkelgrauen Anzug, der direkt neben ihm ging, taumelten. Frederic ruderte mit den Armen durch die Luft, hilfesuchend machte er noch einen Schritt auf Hannah zu, dann sank er zu Boden.
»Nein!« Hannahs Schrei hatte kaum noch etwas Menschliches. Sie warf sich über ihren Mann, versuchte, seinen Kopf hochzuheben â da erklangen erneut Schüsse.
Ungläubig sah Hannah zu der Hecke hinüber, aus der der Feuerstrahl gekommen war. Sie griff sich an die Brust, in der ein ungeheurer Schmerz tobte. Dann sah sie zu Frederic, der mit gebrochenen Augen im Staub lag.
»Mein ⦠Liebling â¦Â« Sie wollte sich über ihn beugen, ihn ein letztes Mal küssen â und brach tot über ihm zusammen.
13
W ie in jedem Jahr, so stand auch in diesem Jahr wieder eine hohe Tanne in der groÃen Halle von Hopeland . Olivia und Victor hatten den Baum geschmückt. Die Kerzen aus edlem Bienenwachs verströmten zarten Duft, die alten Kugeln, seit Generationen im Familienbesitz, hatte Olivia zuvor sorgfältig vom Wachs der letzten beiden Jahre gereinigt. Lamettafäden glitzerten im satten Grün, die Strohsterne, die Victor als Kind zusammen mit seiner Schwester gebastelt hatte, kamen erneut zu Ehren, so wie es Tradition war.
Mit der Köchin hatte Karoline schon vor ihrer Abreise an den Witwatersrand das Weihnachtsmenü besprochen. Emmi, eine wohlbeleibte Negerin, die es wie keine andere verstand, mit den Augen zu rollen, wenn sie erregt war, hatte Plätzchen gebacken und zudem alles eingekauft, was für einen kräftigen Punsch benötigt wurde.
Doch festliche Weihnachtsstimmung wollte in diesem Jahr nicht aufkommen, die Trauer um Hannah und Frederic, die so hinterhältig erschossen worden waren, überschattete die Festtagsfreude.
Drei Tage vor
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