Das Paradies liegt in Afrika
seiner Beisetzung gekommen, doch das war mir nicht möglich. Die Zeit war zu knapp.« Hannah schmiegte den Kopf an Sophies Wange. »Arme Mama ⦠ich hätte dir so gern beigestanden in diesen schweren Stunden. Wie geht es dir?«
Sophie presste für eine Sekunde die Lippen zusammen, doch gleich zwang sie sich zu einem kleinen Lächeln. »Ich komme zurecht, Liebes. Mach dir keine Sorgen um mich. Wir hatten eine so gute Zeit zusammen, dein Vater und ich. Von diesem gemeinsamen Glück kann ich zehren.«
»Meine tapfere Mama! Ich weiÃ, dass du deinen Lebensinhalt verloren hast. Doch du warst immer eine Kämpferin, das zeigt sich auch jetzt wieder.« Sie umarmte Sophie. »Ich wünschte, ich wäre wie du. So stark und lebensbejahend.«
»Das bist du, mein Liebling. Glaub mir, wenn du etwas Abstand von den Dingen gewonnen hast, kannst auch du wieder positiv in die Zukunft schauen.«
»Das stimmt.« Ein kleines Lächeln glitt über Hannahs schmale Gesichtszüge. »Die Zukunft werden wir meistern, wir Frauen von Hopeland . Ganz gewiss.« Einen Herzschlag später fügte sie hinzu: »Du, ich möchte hierbleiben, wenn es euch allen recht ist.«
»Natürlich. Hier ist dein Zuhause.« Sophie wandte sich dem Fremden zu, der ein paar Schritte entfernt stehen geblieben war. »Herzlich willkommen auf Hopeland .«
»Sehr freundlich.« Der Mann verbeugte sich. »Ich darf mich vorstellen â¦Â«
»Das ist Frederic â Frederic Horseley«, fiel ihm Hannah temperamentvoll ins Wort. »Wir haben uns auf der Schiffsreise kennengelernt. Frederic ist mir schon bald ein lieber Begleiter geworden. Er war schon etliche Male hier am Kap.«
»Geschäfte.« Der Mann machte eine kleine, alles umfassende Geste mit den Händen. »Ich habe erkannt, dass dieses Fleckchen Erde für einen Mann mit Weitblick der ideale Ort ist.«
Sophie erwiderte nichts hierauf. Die Blicke, die ihre Tochter und Frederic Horseley tauschten, sagten ihr genug. Hier hatten sich zwei verwandte Seelen getroffen! Wie schön für Hannah, der es sicher guttat, von ihrem Kummer um die gescheiterte Ehe abgelenkt zu werden.
»Kommt doch ins Haus. Ich lasse gleich eine Erfrischung bringen.« Der Moment der Sentimentalität war vorüber, die Trauer um ihren toten Mann trat in den Hintergrund. Sie winkte Pandu heran, der gerade aus dem Stall kam. »Kümmere dich bitte um das Gepäck hinten auf der Kutsche. Es kommt ins Gästezimmer.«
»Sofort.« Pandu zog kurz die karierte Mütze. »Willkommen, Missis Hannah«, grüÃte er.
»Hallo, Pandu! Pass bitte mit dem kleinen Koffer auf, darin sind zerbrechliche Dinge.«
»Gewiss.«
Sophie legte den Arm um ihre Tochter. »Ruh dich erst einmal von der Reise aus. Sicher war die Ãberfahrt strapaziös.«
Hannah schüttelte den Kopf. »Zunächst schon, dann aber hab ich mich hervorragend unterhalten. Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Und das Wetter auf See war in den letzten Wochen auch sehr angenehm. Wir hatten eine gute Zeit.« Kurz sah sie sich nach Frederic um, der den Damen in angemessenem Abstand in den Salon gefolgt war.
Die folgende Stunde verging in angeregter Unterhaltung. Frederic Horseley war angenehm überrascht über die vornehme Ausstattung des Hauses. Er hatte schlichtes, zweckmäÃiges Mobiliar erwartet, nicht diese dezente Eleganz. Die Mahagonimöbel schimmerten in sattem Rotbraun, die Sessel, ebenfalls aus Mahagoni, waren mit dunkelblauer Seide bespannt. Der ovale Tisch war mit einem dünnen Leinentuch bedeckt, das kunstvoll bestickt war.
Das junge dunkelhäutige Hausmädchen, das servierte, brachte den Tee in einer getriebenen Silberkanne. Das Service war aus hauchdünnem chinesischen Porzellan.
Nachdem sie die erste Tasse getrunken hatte, berichtete Hannah von den letzten Wochen in England, die sie auf dem Landgut der Davenshires verbracht hatte, um ihrem Mann nicht allzu häufig begegnen zu müssen.
»Ich wollte weitere Konfrontationen vermeiden. Und so bin ich zu Georges GroÃvater gezogen. Alexander schätzt mich immer noch sehr«, berichtete sie. »Der alte Herr ist zornig auf George. Aber was kann er tun? Er wird sich mit den Gegebenheiten arrangieren müssen â so wie alle anderen auch.« Ein Schatten flog über ihr Gesicht, das von dem Seewind einen leichten Goldton angenommen hatte.
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