Das Paradies liegt in Afrika
Horseleys Augen glänzten vor Begeisterung. Er zog einen Leinenbeutel aus der Tasche und schüttete fünf groÃe Steinbrocken auf die Tischdecke. Einer von ihnen war fast faustgroÃ, die anderen hatten knapp die Hälfte des Umfangs.
»Man kann sich kaum vorstellen, dass nach dem Schleifen aus diesem Gestein ein glitzernder Diamant wird«, meinte Karoline und nahm den gröÃten Stein in die Hand. Nachdenklich hielt sie ihn gegen das Licht.
»Aber es ist ein Diamant, ganz sicher.« Frederic lehnte sich stolz in seinem Sessel zurück. »So ein groÃer Brocken ist schon lange nicht mehr gefunden worden. Morgen kommt John OâReilly her, mit ihm werde ich über den Verkauf verhandeln.«
»Von dem Händler wird hier viel gesprochen«, warf Karoline ein. »Er ist es gewesen, der als Erster erkannt hat, dass es sich bei den glitzernden Mineralien um Diamanten handelt.«
»Stimmt. Er hat sie vor drei Jahren an die Rhodes-Universität gebracht, dort hat man einwandfrei festgestellt, dass es sich um die wertvollen Steine handelt.«
»Und seitdem ist hier der Teufel los«, sagte Hannah leise. »Es ist eine schreckliche Gegend, Frederic. Ich muss gestehen, dass ich es hier nicht mehr lange aushalte.«
»Der Ort wächst mit einer Schnelligkeit, die beängstigend ist.« Karoline legte den Rohdiamanten zurück auf den Tisch, stand auf und trat ans Fenster. Sie schob die Gardinen aus dichtem Tüll zur Seite und sah hinaus auf die StraÃe, in der es turbulent und laut zuging. »Man könnte denken, jeden Tag kommen tausend Menschen mehr in die Stadt.«
»So ist es gewiss. Es spricht sich herum, dass man hier sein Glück machen kann.« Frederic trat neben sie. »Es gibt keinen Wohnraum mehr, also stellen sie immer mehr Zelte auf. Und der Kampf um einen guten Schürfplatz wird rauer und brutaler. Ich kann froh sein, dass ich mir meine Parzelle habe sichern lassen.«
»Hoffen wir, dass deine Leute loyal sind«, gab Karoline leise zurück. Sie drehte sich nach Hannah um, die mit gesenktem Kopf am Tisch saÃ. Blass und elend wirkte sie, der Blick war starr auf die Teetasse gerichtet, die vor ihr stand. Die Diamanten, die ein immenses Vermögen darstellten, hatte sie mit keinem Blick gewürdigt.
»Du solltest bald mit Hannah nach Hause fahren«, sagte Karoline leise. »Sie ist sehr unglücklich hier. Und ich fürchte, sie wird krank werden, wenn sie länger bleiben muss.«
»Ja, ich weiÃ. Und ich habe bereits alles Notwendige in die Wege geleitet.« Frederic sah Karoline offen an. »Sie ist nicht so stark wie du, das ist mir bewusst.«
»Nun, ich kann auch nicht gerade sagen, dass ich mich hier wohl fühle. Man mag sich in den StraÃen kaum aufhalten, allein ist es gar nicht möglich, auszugehen. Man wird angerempelt und angepöbelt.«
Frederic machte eine bedauernde Handbewegung. »Ja, es ist kein Aufenthalt für eine Lady. Ich hoffe doch, du kommst mit uns zurück.« Er hatte von Hannah erfahren, was Karoline widerfahren war. Und wenn er auch nicht verstand, dass sie das Gut verlassen hatte, statt David Bernhard davonzujagen, so tolerierte er ihren Entschluss und drang nicht in sie.
Karoline zögerte, dann nickte sie. »Gewiss. Hopeland braucht mich. Und die Kinder fehlen mir sehr.« Sie wandte sich ins Zimmer zurück. »Bring die Steine in Sicherheit, Frederic. Und dann mach mit Hannah einen Ausflug an den Fluss. Weiter westlich, dort, wo der Vaal in den Oranje mündet, soll es wunderschön sein.«
»Ein guter Gedanke! Ich werde allerdings zwei Männer zur Sicherheit mitnehmen. In der Gegend ist man nirgendwo mehr sicher. Es gibt allenthalben Wegelagerer.«
»Du kommst doch mit, nicht wahr?« Hannah wandte sich an Karoline. Bei der Vorstellung, für einen oder zwei Tage der Tristesse von New Rush entfliehen zu können, belebte sich ihre Miene.
»Nein, ich bleibe hier. GenieÃt ihr mal das Alleinsein.«
Frederic schüttelte den Kopf. »Ich kann es nicht verantworten, dich schutzlos in der Stadt zurückzulassen. Komm lieber mit, Karoline.«
»Die Landschaft ist beeindruckend.« Mit leuchtenden Augen sah sich Karoline um. »Mal flieÃt der Oranje durch endlos scheinende Dünenfelder, dann wiederum durchschneidet er schroffe Bergketten. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Wie gut, dass wir hergekommen sind.«
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