Das Paradies liegt in Afrika
mit dem Kopf unter Wasser gedrückt worden.« Sie straffte sich. »Aber nun Schluss mit den alten Geschichten. Es ist eben so, wie es ist. Ich habe das Beste draus gemacht und mit dem letzten Geld dieses Hotel eröffnet. Inzwischen gehören mir zwei weitere Häuser und zwei Wirtshäuser. Finanzielle Not leide ich nicht. Und wenn mir der Himmel gnädig ist, kann ich in zwei, drei Jahren heimkehren nach England.«
»Wenn Sie Wirtshäuser betreiben, können wir dort sicher auch etwas essen. Ich gestehe, dass ich Hunger habe.«
»Ja, jedoch ⦠Wenn es recht ist, lasse ich Ihnen besser hier auf dem Zimmer servieren. Oder Sie kommen zu mir â in meine Privatwohnung.« Sie lächelte etwas verlegen. »Die Räume sind auch nicht elegant, aber Sie sind dann vor unangenehmen Blicken sicher.«
»Verstehe. Und ich denke, wir nehmen Ihr Angebot gern an.« Karoline bekam immer mehr den Eindruck, dass dieser Ort nicht dazu angetan war, sich längere Zeit hier aufzuhalten.
16
M ach endlich weiter! Du bist nicht hier, um Maulaffen feilzuhalten!« Die herrische Stimme des Farmers, eines rotgesichtigen Buren mit hellem Haar und kleinen grünen Augen, riss Nelly aus ihren Gedanken. Schnell bückte sie sich wieder über den Acker und jätete das Unkraut, das zwischen den Kohlköpfen und auf dem Nachbarfeld zwischen den Bohnenbüschen wucherte. Disteln zerstachen ihr die Finger, und einmal mehr wünschte sich Nelly zurück nach Hopeland .
Wenn nur Mathew endlich zu ihr käme und sie von hier fortholte, wie er es versprochen hatte! Doch er lieà nichts von sich hören.
Nelly bereute von Tag zu Tag mehr, dass sie sich dazu hergegeben hatte, Mathew bei seiner Intrige zu helfen. Dabei hatten ihr weder Karoline Ruhland noch der Kellermeister etwas Böses getan. Doch Mathew war böse auf die beiden, sehr böse sogar. Und er hatte gesagt: »Wenn du mich liebst, dann hilf mir, mich zu rächen.« Und sie, verliebt und froh, ihm einen Gefallen tun zu können, hatte alles getan, was er von ihr verlangte.
»Wir werden danach zusammen sein â für immer«, hatte Mathew ihr versprochen.
Aber jetzt wartete sie schon die fünfte Woche auf ihn! Und sie hatte ihm etwas so Wichtiges zu sagen! Zart strich sich Nelly über den Bauch. Noch sah man nicht, dass sie ein Kind erwartete, aber sie wusste es. Und ihre Angst vor der Zukunft war noch gröÃer geworden. Nachts, wenn sie nicht schlafen konnte, bereute sie, Mathew zu Willen gewesen zu sein und sich zu Mister David geschlichen zu haben. Was hatte sie davon gehabt? Nur Unbill.
Zwei Stunden nachdem Missis Ruhland sie im Haus des Kellermeisters gesehen hatte, war sie von Mathew fortgebracht worden. Er hatte, ohne sie zu fragen, ihre wenigen Habseligkeiten gepackt und hinter den Sattel seines Pferdes gebunden. Auch Nelly musste reiten, obwohl sie es nur schlecht konnte. Ihr Ziel war die Farm von Jan van Hoersten, weit drauÃen im Osten. Sie lag einsam und war alles andere als gut instand gehalten. Vom Haus blätterte der Kalk in groÃen Flecken, an einigen Stellen war gar das innere Geflecht zu sehen. Das Dach war windschief, zwei groÃe Löcher sah man vom Boden aus, doch niemand machte Anstalten, hinaufzuklettern und die Lücken zu verschlieÃen. Die Fenster waren blind vor Schmutz. Auf der breiten Terrasse an der Westseite, von den Buren Stoep genannt, standen verwitterte Holzmöbel. Nur einen Sessel benutzte der Farmer, alles andere war zu morsch.
»Hier wird man dich nicht so rasch finden«, sagte Mathew. »Ich habe mit Jan vereinbart, dass du frei essen und wohnen kannst. Viel zahlen will er nicht, aber das ist nicht wichtig, Geld bekommst du ja von mir, wenn wir erst zusammen sind.« Dann hatte er sie noch einmal geküsst, ihr Bündel einfach in den sandigen Hof geworfen und war in raschem Galopp davongeritten.
»Mathew! Nein! Ich ⦠ich will nicht hierbleiben!« Sie war ihm nachgerannt, bis sie keine Kraft mehr hatte. Als sie dann völlig erschöpft zur Farm zurückgekommen war, hatte Jan van Hoersten nur gemeint: »Füg dich, es ist besser für dich. Los, die alte Gakuru wird dir sagen, was zu tun ist. Sie zeigt dir auch deine Kammer.«
Das war jetzt schon viele Tage her, und Nellys Unglück nahm mit jeder Stunde, die verging, zu. Das Essen war karg und schlecht, die Arbeit hart. Oft schmerzte ihr Rücken so stark, dass sie
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