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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Elfmal hörte er das gedämpfte Poltern der Untergrundbahn und spürte, wie die Asphaltdecke der Straße vibrierte. Und als der unterirdische Donner wieder begann, sah er, wie ihre kleinwüchsige gedrungene Gestalt aus dem Treppenschacht auf die schwach beleuchtete Straße hinaustrat. Vor ihr ging ein Paar; Michael musterte es sorgfältig. Sie bogen nach links, um das schmiedeeiserne Gitter des Eingangs herum, weg von den Lkws und den Lagerschuppen. Regine ging weiter, ihr Gang war der einer Bäuerin, und ihren Kopf mit dem kurzgeschnittenen grauen Haar drehte sie bei jedem auffälligen Geräusch langsam und widerstrebend, zweifelnd, ob das Geräusch nun echt war oder nur eingebildet. Sie passierte eine Straßenlaterne, und Havelock erinnerte sich wieder; ihre lederne Haut war ebenso grau wie ihr Haar und von tiefen Falten durchfurcht. Die großen blauen Augen in dem runzeligen Gesicht waren häufig umwölkt.
    Als sie durch das Licht in die Dunkelheit trat, erinnerte sich Havelock an Gravets Worte. Gewalt, Schmerz, Verlust - Regine Broussac hatte das alles durchlebt und überlebt und war jetzt gegen jedermann mißtrauisch. Sie genoß die geheimen Vollmachten, mit denen ihre Regierung sie ausgestattet hatte; das half ihr, mit der belastenden Vergangenheit besser fertig zu werden. Michael begriff das; schließlich war sie vom gleichen Schlag wie er und die anderen.
    Jetzt kam sie an der Stelle vorbei, wo er stand. Er rief leise zwischen den Lkws hinaus: »Regine.«
    Sie blieb stehen, ohne den Kopf zur Seite zu wenden. »Ist es nötig, eine Waffe auf mich zu richten?« fragte sie. »Ich habe keine Waffe auf Sie gerichtet. Ich habe eine, aber ich halte sie nicht in der Hand.«
    »Bien!« Die Broussac fuhr herum, die Handtasche hoch erhoben. Eine Explosion blies ein Loch durch den Stoff der Tasche, Beton und Steine zerplatzten vor Havelocks Füßen, Splitter schrammten seine Haut im Gesicht auf. »Für das, was Sie Jenna Karras angetan haben!« schrie die alte Frau, und ihr graues Gesicht war verzerrt. »Keine Bewegung! Ein Schritt, und Sie haben ein Loch in der Kehle!« »Was tun Sie da?«
    »Was haben Sie getan? Für wen arbeiten Sie denn jetzt?« »Für mich selbst, verdammt. Für mich und Jenna!« Havelock hob beschwichtigend die Hand, aber Regine Broussac blieb ungerührt. Eine zweite Explosion brach aus der zerfetzten Tasche hervor; die Kugel streifte über seine Handfläche, prallte von der Karosserie des Lastwagens und sirrte durch die Luft.
    »Arrêtez! Wenn es sein muß, liefere ich auch eine Leiche und keinen Lebenden ab, vielleicht in Ihrem Fall noch lieber, cochon.« »Wem wollen Sie mich ausliefern?«
    »Sie sagten, Sie würden mich in ein paar Minuten anrufen. Waren das nicht Ihre Worte? Nun, in ein paar Minuten werden ein paar Kollegen von mir hier sein. Dann fahren wir zu einem Haus aufs Land, und dort werden wir ein kleines Verhör mit Ihnen abhalten. Und dann liefern wir Sie >Gabriel< aus. Die sind ganz scharf auf Sie. Die haben Sie als sehr gefährlich beschrieben; mehr brauchte ich nicht zu wissen, zusätzlich zu dem, was ich schon wußte.« »Aber doch nicht für Sie bin ich gefährlich, nur für die!« »Wofür halten Sie mich eigentlich?« »Sie haben Jenna gesehen. Ihr geholfen ...«
    »Ich habe sie gesehen und ihr zugehört. Und die Wahrheit erfahren.«
    »Das, was sie für die Wahrheit hält, ist nicht die wirkliche Wahrheit! Hören Sie mir zu! Hören Sie auf mich!«
    »Sie kommen schon noch zum Reden, unter den richtigen Umständen. Sie wissen genau wie ich, was das für Umstände sein werden.« »Ich brauche keine Psychopharmaka, Sie Miststück! Sie werden nichts anderes aus mir herauskriegen.«
    »Wir werden planmäßig vorgehen«, sagte die Broussac und zog die Hand mit der Waffe aus der zerfetzten Handtasche. »Kommen Sie raus«, fuhr sie fort und winkte mit der Waffe. »Sie stehen im Dunkeln, das gefällt mir nicht.«
    Natürlich gefiel ihr das nicht, dachte Havelock und sah, wie die alte Frau blinzelte. So wie viele ältere Leute sah auch sie bei Nacht nicht sehr gut. Er mußte dafür sorgen, daß sie weiterredete. »Sie glauben, die amerikanische Botschaft wird das tolerieren, was Sie tun?« sagte Michael und trat zwischen den Lastwagen hervor. »Es wird deswegen keinen internationalen Zwischenfall geben; wir hatten keine andere Wahl, als Sie auszuschalten. Um in Ihren Worten zu sprechen, Sie sind gefährlich.«
    »Das wird man nicht akzeptieren, und das wissen Sie auch.« »Die werden

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