Das Parsifal-Mosaik
mag oder nicht. Jetzt kommt es nur darauf an, was notwendig ist. Im Augenblick geht es darum, Parsifal zu bremsen, das aufzuhalten, was er in Bewegung gesetzt hat.« Der Präsident hielt inne und fuhr nach einer kurzen Pause fort: »Mir ist es ernst mit dem, was ich gesagt habe. Sie haben wirklich gute Arbeit geleistet.« »Danke, Sir.«
»Besonders weil Sie nicht alles erwähnt haben. Havelock, wo ist er?« »In Paris, da bin ich fast sicher. Das war das Ziel von Jenna Karras. Während ich heute nachmittag in den Unterlagen stöberte, habe ich mehrere Telefonate mit mir persönlich bekannten Senatoren und Beamten verschiedener Ministerien geführt. Auch mit dem Quai d'Orsay und unserer Botschaft in Paris habe ich gesprochen. Ich habe Druck ausgeübt, indem ich andeutete, meine Anweisungen käme n direkt aus dem Weißen Haus. Natürlich, ohne Sie namentlich zu erwähnen.«
»Das hätten Sie ruhig tun können.«
»Noch nicht, Mr. President . Vielleicht niemals, aber ganz sicher nicht jetzt.«
»Dann verstehen wir uns«, sagte Berquist. »Ja, Sir. Die Notwendigkeit.«
»Halyard hätte das vielleicht verstanden, Brooks bestimmt nicht.« »So habe ich das auch eingeschätzt, und deshalb habe ich vorhin Havelocks Status nicht erwähnt.«
»Er bleibt derselbe wie am Col des Moulinets. Wenn er die Ereignisse an der Costa Brava an die Öffentlichkeit trägt, wird Parsifal das schneller in Panik versetzen als jede noch so verdächtige Untersuchung im State Department. Havelock war im Zentrum des Geschehens ... von Anfang an.« »Ich verstehe, Sir.«
Berquist starrte die weiße Leinwand am anderen Ende des Raumes an. »Im Zweiten Weltkrieg mußte Winston Churchill eine Entscheidung treffen, die ihm unsagbar schwerfiel. Der alliierten Abwehr war es gelungen, das deutsche Chiffriergerät Enigma in die Hände zu kriegen und zu knacken, was bedeutete, daß militärische Strategien, die von Berlin aus gesendet wurden, aufgefangen und entschlüsselt werden konnten, mit der Folge, daß Hunderttausende von Menschen - am Ende vielleicht sogar Millionen - vor dem Tode bewahrt werden konnten. Da erreichte die Engländer die verschlüsselte Meldung der deutschen Einsatzzentrale, daß ein schwerer Luftangriff gegen Coventry geplant war. Hätte man daraufhin die Stadt evakuiert, hätte man damit den Deutschen verraten, daß der Code den Alliierten bekannt war. Coventry mußte zerbombt werden, damit das Geheimnis bewahrt werden konnte. Aus dem gleichen Grund darf das Geheimnis der Operation an der Costa Brava nicht nach außen dringen - Millionen von Menschenleben stehen auf dem Spiel - Finden Sie Havelock, und wiederholen Sie den Befehl zu seiner Exekution.«
19
Havelock wußte, daß man ihn entdeckt hatte; jemand hatte plötzlich eine Zeitung sinken lassen, als er im KennedyFlughafen durch den Korridor lief, der zu den Schaltern der Einwanderungsbehörde führte. Er reiste mit Diplomatenpaß. Die Papiere, die Regine Broussac ihm beschafft hatte, garantierten ihm schnelle Abfertigung beim Zoll. Er hatte nur einen kleinen Koffer als Handgepäck bei sich, und sobald er die Paßkontrolle hinter sich hatte, würde man ihn die schwere Metalltür passieren lassen, die in den eigentlichen Terminal führte. Er würde dazu nur seine UNO-Papiere zeigen und erklären müssen, daß er weiter kein Gepäck hatte. Dann würde er frei sein, dann konnte er die Suche nach Jenna Karras in den Vereinigten Staaten fortsetzen. Es war alles so einfach.
Aber zum Schutz von Regine Broussac - und am Ende auch zu seinem eigenen Schutz - mußte er die falschen Papiere rasch loswerden. Und außerdem mußte er in Erfahrung bringen, wer vorhin die Zeitung hatte sinken lassen. Ein Mann mit grauem Gesicht hatte sich langsam von seinem Stuhl erhoben, hatte die Zeitung zusammengefaltet, sich unter den Arm geklemmt und war auf die überfüllte Halle zugegangen, die außerhalb des Kontrollbereichs lag. Wer war dieser Mann?
Wenn er das nicht herausfinden konnte, war es durchaus möglich, daß er getötet wurde, ehe er einen Mann namens Jacob Handelman erreichte.
Der uniformierte Beamte der Einwanderungsbehörde war höflich und korrekt und stellte die üblichen Fragen, während er Havelock in die Augen sah.
»Sie haben kein Gepäck, Sir?« »Non, Monsieur. Nur das Köfferchen hier.«
»Dann werden Sie sich wohl nicht lange in der First Avenue aufhalten.«
»Ein, zwei Tage«, erwiderte Michael. »Eine Konferenz.« Der Beamte griff nach einem Knopf unter der
Weitere Kostenlose Bücher