Das Parsifal-Mosaik
viele können ja Washington nic ht verlassen haben.« »Wann können Sie beginnen?« fragte Berquist. »Gleich morgen früh.«
»Warum nicht noch heute abend?« wollte Halyard wissen. »Wenn die betreffenden Akten zugänglich wären, könnte ich das. Das sind sie aber nicht. Und jemand um diese Stunde anzurufen und ihn aufzufordern, sie auszuhändigen, würde zu Gerede führen. Das können wir uns auf keinen Fall leisten.« »Und wie werden Sie morgen früh dafür sorgen, daß niemand Verdacht schöpft?«
Bradford schwieg eine Weile, die Augen gesenkt. Schließlich antwortete er: »Der Person, die diese Akten unter Verschluß hat, werde ich sagen, daß es sich um eine routinemäßige Terminüberprüfung handelt. So etwas führt immer jemand mal durch.« »Akzeptabel«, nickte Brooks.
»Nichts ist akzeptabel«, sagte der Präsident der Vereinigten Staaten unwirsch und starrte die weiße Wand an, auf die vor einer Stunde die Gesichter von vier toten Männern projiziert worden waren. »>Ein Mann für alle Jahreszeiten< nennt man ihn. Verdammt, wenn ich könnte, wie ich wollte, würde ich das gleiche anstellen, was Heinrich VIII. mit Thomas More getan hat. Ich würde Matthias den Kopf abhacken und ihn statt auf die London Bridge auf die Spitze des Washington Monuments stecken, als ewige Erinnerung.« »Sie wissen, was dann geschehen würde, nicht wahr, Mr. President?«. »Ja, das weiß ich. Die Leute würden zum blutenden Hals aufblicken, zu seinem stets wohlwollenden Gesicht - die Hornbrille säße ihm natürlich unversehrt auf der Nase - und würden in ihrer grenzenlosen Weisheit sagen, daß er stets recht gehabt hatte. Die Leute würden ihn heiligsprechen, und das ist die gemeine Ironie daran.« »Er könnte immer noch an die Öffentlichkeit treten«, sinnierte Brooks, »und das Geschrei würde von neuem losgehen. Sie würden ihm die Krone anbieten, er würde sie ablehnen, dann würden sie darauf bestehen, so lange, bis er eines Tages auf dem Präsidentenstuhl sitzt. So unglaublich es auch scheinen mag, er könnte es wahrscheinlich schaffen. Selbst heute noch.«
»Vielleicht sollten wir ihn gewähren lassen«, sagte Be rquist verbittert. »Vielleicht haben die Leute in ihrer grenzenlosen Weisheit doch recht. Vielleicht hat er die ganze Zeit tatsächlich recht gehabt. Manchmal weiß ich es nicht mehr. Vielleicht sieht er wirklich Dinge, die andere nicht wahrnehmen. Vielleicht sogar jetzt.«
Brooks und Halyard verließen den unterirdischen Raum, der Präsident und der Staatssekretär blickten ihnen nach. Am Mittag des nächsten Tages wollte man sich wieder zusammensetzen. Sollte allerdings Bradford bei seinen Nachforschungen vorher auf eine heiße Spur stoßen, würde man den Termin sofort vorverlegen; der Maulwurf hatte höchste Priorität. Er konnte sie zu einem Wahnsinnigen führen, den der Präsident und seine Berater Parsifal nannten. »Ich muß Sie loben, Mr. Bradford«, sagte Berquist, wobei er versuchte, Brooks Stimme nachzuahmen. Das geschah ohne jeden Spott, eher Respekt klang aus seinen Worten. »Er ist eines der letzten Originale, nicht wahr?«
»Ja, Sir. Es gibt nicht mehr viele. Und unter denen, die ich kenne, ist keiner, der so engagiert das politische Geschehen verfolgt wie er. Ich finde, das ist ein großer Verlust für unser Land.« »Halten Sie keine Grabreden, Emory, das paßt nicht zu Ihnen. Wir brauchen ihn; die Makler der Macht auf dem Capitolshügel haben immer noch verdammt großen Respekt vor ihm. Wenn es je eine Antwort auf Matthias gegeben hat, dann ist das Addison Brooks. Ich bewundere den alten Mann und seine klugen Gedanken. Genauso schätze ich Halyard. Für mich ist er einer der wenigen Offiziere, die tatsächlich die Verfassung gelesen haben und begreifen, daß politische Entscheidungen allein die gewählten Politiker und nicht die Militärs zu treffen haben. Das heißt keineswegs, daß der Krieg zu wichtig wäre, als daß man ihn den Generälen überlassen könnte; das ist Quatsch. Nein, es geht darum, die Kriege zu beenden; und das können die Generäle nicht akzeptieren. Halyard ist da anders, und das weiß man im Pentagon. Die Stabschefs hören auf ihn, weil er ihnen überlegen ist. Ihn brauchen wir auch.« »Da bin ich ganz Ihrer Meinung. «
»Und darum geht es in diesem Amt: um das Notwendige, nicht um persönliche Vorlieben oder Abneigungen. Sollte ich jemals lebend und unversehrt nach Mountain Iron, Minnesota, zurückkehren, kann ich darüber nachdenken, ob ich jemanden
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