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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Er war kleiner, untersetzter, älter, und sein breites Gesicht wirkte verärgert. Der Mann im Mantel mit dem gebräunten Gesicht befahl dem Wachposten, der Sache auf den Grund zu gehen. Der weigerte sich, schrie, er würde seinen Posten nicht verlassen, nicht für zwanzigtausend Lire! Ein abgekartetes Spiel, von Anfang an ... »Andate voi stessi!« brüllte der Wachmann.
    Der Mann im Mantel ging auf das Lagerhaus zu, fluchte, wurde schneller, verlangsamte dann plötzlich sein Tempo, als er sich der Ecke des Gebäudes näherte. Der Wächter stand vor seinem verglasten Häuschen und hielt die Pistole drohend auf Michael gerichtet. »Sie da! Gehen Sie rüber zum Zaun«, schrie er auf italienisch. »Heben Sie die Hände und halten Sie sich ganz oben am Draht fest! Drehen Sie sich nicht um. Sonst kriegen Sie eine Kugel in den Kopf!« Wenn er noch eine Chance haben wollte, mußte er jetzt handeln. »O Jesus!« schrie Havelock, griff sich an die Brust und sank zu Boden.
    Der Mann rannte vor; Michael blieb reglos zusammengekrümmt liegen. »Aufstehen!« befahl der Uniformierte. »Aufstehen, verdammt!«
    Der Wachposten beugte sich vor und schüttelte Havelock an der Schulter. Darauf hatte Michael gewartet. Er schnellte empor, griff nach der Waffe über seinem Kopf und packte das Handgelenk an seiner Schulter, während er sich blitzschnell aufrichtete und dem stürzenden Wachmann das Knie in die Kehle stieß. Er hielt den Pistolenlauf in der Hand und schmetterte den Knauf gegen den Kopf des Italieners. Der Mann wurde bewußtlos. Havelock zerrte ihn in den Schatten des Wachhäuschens und rannte durch das offene Tor. Aus der Ferne hallte ein langgezogenes Röhren herüber, gefolgt von vier kürzeren Signalen. Die Teresa war im Begriff, ihren Liegeplatz zu verlassen! Michael spürte, wie ihn ein Gefühl der Hilflosigkeit überkam, während er atemlos die breite Straße hinunterlief. Seine Beine waren kaum mehr imstande, ihn zu tragen. Als er den Pier der Teresa erreichte, stand derselbe Wachmann in seinem Glashaus, den Telefonhörer in der Hand und mit dem Kopf nickend, während er mit stumpfem Blick weitere Anweisungen entgegennahm. Quer vor das offene Tor war jetzt eine Kette gespannt. Havelock packte den Haken und riß ihn aus seiner Verankerung; die Kette ringelte sich wie eine Schlange in der Luft und fiel klirrend zu Boden. »Che cosa?! Fermati!«
    Michael rannte, während glühender Schmerz durch seine Beine schoß, den langen Pier hinunter, auf den Schiffsrumpf zu, der sich in den trägen Nebelschwaden schemenhaft am Dockende abzeichnete. Da knickte das rechte Bein ein, es riß ihn zu Boden, seine Hände bremsten den Sturz ab, nicht aber den Aufprall. Seine rechte Schulter glitt über das feuchte Pflaster. Er packte sein Bein und rappelte sich wieder hoch. Völlig außer Atem erreichte er das Ende des Piers; da war das Gefühl der Ohnmacht endgültig. Der Frachter Santa Teresa trieb zehn Meter von der Kaimauer entfernt, die mächtigen Taue glitten über die Wasseroberfläche, eingezogen von Männern, die oben an Deck auf ihn herunterblickten. »Jenna!« schrie er. »Jenna! Jenna!«
    Er fiel zu Boden, auf das feuchte Holz. Arme und Beine zitterten, seine Brust wurde von Krämpfen geschüttelt, und sein Kopf fühlte sich an, als hätte ihn jemand mit einer Axt gespalten. Er hatte verloren ... hatte sie verloren! Ein kleines Boot konnte sie an tausend Stellen irgendwo an der Mittelmeerküste absetzen. Der einzige Mensch auf Erden, der ihm etwas bedeutete, war für immer verschwunden.
    Er hörte Rufe hinter sich, dann das Hämmern näher kommender Schritte. Dabei mußte er an andere Geräusche denken, an andere Schritte ... einen anderen Pier. Von dem aus die Cristobal abgelegt hatte.
    Da war ein Mann in einem Mantel, der anderen Männern befohlen hatte, ihn zu verfolgen; auch sie waren über einen verlassenen Pier gerannt, durch Tümpel von Licht und Nebel. Wenn es ihm gelang, jenen Mann zu finden, würde er ihm die sonnengebräunte Haut vom Gesicht reißen, bis der Mann ihm sagte, was er wissen mußte. Er stand auf und hinkte schnell auf den Wachposten zu, der jetzt mit erhobener Waffe auf ihn zukam. »Fermati! Alzate le mani!«
    »Un' errore!« schrie Havelock zurück; seine Stimme war aggressiv und schien doch um Nachsicht zu bitten; er mußte an dem Mann vorbei, durfte sich nicht aufhalten lassen. Er holte ein paar Scheine aus der Tasche und hielt sie vor sich, so daß man sie im Scheinwerferlicht sehen konnte. »Was

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