Das Parsifal-Mosaik
kann ich Ihnen sagen?« fuhr er in italienischer Sprache fort. »Ich habe einen Fehler gemacht ... der kommt Ihnen jetzt zugute, nicht wahr? Sie und ich, wir haben doch vorhin miteinander gesprochen, erinnern Sie sich?« Er drückte dem Mann das Geld in die Hand und schlug ihm dabei auf den Rücken. »Kommen Sie schon, stecken Sie das Ding weg. Ich bin Ihr Freund.«
»Ich hab' mir schon gedacht, daß Sie es sind!« sagte der Italiener widerstrebend und steckte das Geld ein, wobei er sich vorsichtig umblickte. »Sie sind verrückt! Die hätten Sie erschießen können. Und wofür?«
»Sie haben mir erzählt, die Teresa würde erst in Stunden ablegen.« »Das hat man mir auch gesagt. Schweine sind das. Alles Schweine! Die sind auch verrückt! Die wissen nicht, was sie tun!« »Das wissen die ganz genau«, sagte Michael leise. »Ich muß jetzt weiter. Vielen Dank für Ihre Hilfe.« Ehe der verärgerte Beamte Antwort geben konnte, setzte Havelock sich in Bewegung. Als er das Gewicht von einem Bein auf das andere verlagerte, zuckte er vor Schmerz zusammen.
Er erreichte den Gitterzaun, der den Pier der Cristobal umschloß. Die rechte Hand in der Jackentasche hielt die Waffe fest umklammert. Der Wachmann lag immer noch bewußtlos im Schatten seines Glashäuschens auf dem Boden. Er hatte sich weder bewegt, noch war in der Zwischenzeit an ihm gerührt worden. War der Mann im Mantel immer noch am anderen Pier? Wahrscheinlich. Denn sonst hätte er bemerkt, daß der Wachmann nicht in seinem Glashäuschen war. Dann hätte er nach ihm gesucht und ihn bestimmt gefunden. Aber warum blieb der capo regime so lange auf dem Pier? Seine zwei Helfershelfer waren ins Wasser gestürzt. Er mußte sich um sie kümmern und schließlich der Ursache für das Gewehrfeuer nachgehen.
Durch den fauchenden Wind drangen Rufe zu ihm herüber, Fragen, denen Befehle und weitere Fragen folgten. Der Mann im Mantel war immer noch auf dem anderen Pier, und seine Gorillas schrien im Wasser.
Michael biß die Zähne zusammen und verdrängte den Schmerz aus seinem Bewußtsein. Er schob sich an der Seitenmauer des Lagerhauses entlang, vorbei an der Tür, aus der die blonde Frau gekommen war, bis zur Ecke des Gebäudes. Das Morgenlicht wurde jetzt stärker, die Nebel stiegen, und seitdem der Frachter seinen Liegeplatz verlassen hatte, konnten die frühen Strahlen der Morgensonne das Dock erhellen. In der Ferne dampfte ein Schiff auf den Hafen von Civitavecchia zu; vielleicht steuerte es sogar den Liegeplatz an, den die Cristobal freigemacht hatte. Dann blieb nur noch sehr wenig Zeit, bis die Arbeiter kamen. Er mußte sich beeilen, mußte schnell und wirksam handeln; aber er war keineswegs sicher, daß er zum einen oder anderen fähig war.
Ein unbewachter Küstenstreifen. Wußte der Mann, der nur wenige Meter von ihm entfernt war, an welchem Ufer man Jenna Karras aussetzen würde? Er würde es herausfinden, egal, wie.
Er bog um die Ecke, die Waffe ganz nahe am Körper, so daß der Stoff seines Jacketts sie halb verbarg. Er konnte sie nicht einsetzen, das war ihm klar; es wäre sinnlos, den Mann zu beseitigen, der allein ihm die Frage beantworten konnte, und gleichzeitig würde ein Schuß andere alarmieren. Aber die Drohung mußte dem anderen spürbar werden, ebenso wie seine verzweifelte Wut. Dazu war er gewiß in der Lage.
Er starrte durch den aufsteigenden Nebel. Der Mann im Mantel stand am Rande des Docks und bellte erregt Anweisungen. Aber er schrie sie nicht mehr. Auch er hatte offensichtlich Angst, Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, den Stauern aufzufallen, die sich womöglich schon auf dem nächsten Pier herumtrieben. Die Situation war äußerst komisch. Nach allem, was Michael erkennen konnte, klammerte sich einer der Männer im Wasser an eine Holzplanke; offensichtlich konnte er nicht schwimmen. Der Mann im Mantel redete auf den anderen ein, drängte ihn, seinem Kollegen zu helfen. Doch der weigerte sich, wohl aus Angst, sein in Panik geratener Komplize könnte ihn mit in die Tiefe ziehen. »Schweigen Sie!« sagte Havelock mit scharfer Stimme auf italienisch, ganz klar, aber nicht laut.
Der erschreckte Italiener fuhr herum, seine rechte Hand griff unter den Mantel.
»Lassen Sie das«, fuhr Michael fort und trat näher. »Ehe Sie Ihre Waffe ziehen, sind Sie ein toter Mann. Gehen Sie nach links, zur Mauer hinüber. Weiter! Nicht stehenbleiben!«
Der Mann ging langsam vorwärts. »Ich hätte Sie töten können, Signore. Das habe ich nicht. Das ist
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