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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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Zustand ins Meer gefallen war. Wie viele Sekunden hatte er Zeit? Er preßte sein Gesicht an die Wand und spähte in das Licht der Scheinwerfer, darauf vorbereitet, sich abzustoßen und wegzurennen.
    Aber er brauchte nicht wegzurennen. Die beiden Männer waren stehengeblieben. Warum? Warum ließen sie ihn in Ruhe? Plötzlich drang aus dem dichten Nebel ein paar Piers weiter hinter ihnen das ohrenbetäubende Schrillen einer Schiffspfeife. Und dann noch einmal, gefolgt von einem in die Länge gezogenen Baßklang, der im ganzen Hafen widerhallte. Das war die Santa Teresa! Nun dämmerte es ihm. Man hatte die beiden Männer nicht herbeigerufen, um ihn noch weiter zu bestrafen, sondern um dafür zu sorgen, daß er den ersten Pier nicht verließ. Es gab also gar keine Verzögerung in der Abfahrtszeit der Teresa; auch das gehörte zu den Täuschungsmanövern. Sie legte rechtzeitig ab, und Jenna Karras war an Bord. Und während die Schiffsglocke ertönte, hatte der Mann im Mantel die Aufgabe, den verletzten Jäger an Ort und Stelle festzuhalten.
    Aber irgendwie, dachte er wütend, mußte er zu diesem Pier gelangen, um sie aufzuhalten und den Frachter am Ablegen zu hindern. Wenn erst einmal die mächtigen Taue von den Pollern gelöst waren, hatte er keine Chance mehr einzugreifen. Und Jenna Karras würde spurlos untertauchen. Dann wäre alles vorbei, ohne sie wollte er nicht weiterleben! Er wünschte, er wüßte, was die schrillen Signale bedeuteten, wieviel Zeit ihm noch blieb. Jedenfalls konnten es nur wenige Minuten sein. Der Pier der Teresa war ein paar hundert Meter entfernt; in seinem Zustand würde er bis dorthin mindestens zwei Minuten brauchen, vorausgesetzt, es würde ihm gelingen, an den zwei Männern vorbeizukommen, die man gerufen hatte, um ihn aufzuhalten. Nur wie?
    Zwischen den Pollern in etwa zehn Metern Entfernung erkannte er die Silhouette eines gedrungenen schwarzen Gegenstands. Es war ein ganz gewöhnliches Faß, das ohne Zweifel während des Lade- und Löschvorgangs ein Loch abbekommen hatte und jetzt als Behälter für Abfall benutzt wurde. Er rannte darauf zu, packte es, kippte es zur Seite und rollte es zur Mauer zurück. Dreißig, vielleicht vierzig Sekunden hatte das Ganze gedauert.
    Er kauerte sich im Schatten nieder, preßte sich gegen die Mauer, beide Hände an dem schmutzigen, umgekippten Faß. Er atmete tief ein und schrie so laut er konnte. »Aiuto! Presto! Sanguino! Muoio!«
    Er hielt inne und lauschte. In der Ferne konnte er Rufe hören; zuerst Fragen, dann Befehle. Er schrie erneut: »Aiuto!«
    Keine Antwort. Dann hastige Schritte. Näher, immer näher kamen sie. Jetzt. Er stieß das Faß mit aller Kraft von sich. Es polterte schräg über die Planken, durch den Nebel, auf den Rand des Piers zu. Die beiden Männer hatten jetzt die Ecke des Lagerhauses erreicht. Er konnte sie in dem dunstigen Licht deutlich sehen; das rollende Faß stieß gegen einen der Poller! Herrgott! Dann drehte es sich und stürzte über den Rand des Piers in die Tiefe; es schien eine Ewigkeit zu dauern, bis das Aufklatschen im Wasser laut durch die nächtliche Stille hallte. Die zwei Männer riefen sich etwas zu und liefen zur Kaimauer. Jetzt!
    Havelock richtete sich auf und rannte aus dem Schatten heraus, die Hände ausgestreckt, die Schultern und Arme gleichsam ein Rammbock. Jeder hastige Schritt war schmerzhaft. Jetzt hatte er die beiden Männer erreicht. Den einen brachte er mit wuchtigen Hieben in den Rücken aus dem Gleichgewicht, dem anderen Italiener trieb er die Schulter ins Kreuz.
    Ein ohrenbetäubendes Röhren aus den Schornsteinen der Teresa übertönte die Schreie der zwei Männer, als sie ins Wasser fielen. Michael humpelte zur Ecke des Lagerhauses zurück; er wollte auf den verlassenen Pier hinausgehen und sich dem vorher so beflissenen Wachposten und dem Mann im Mantel stellen. Er rannte hinkend auf das Tor zu und schrie in gebrochenem Italienisch. Seine panikerfüllte Stimme verriet, daß er völlig verwirrt war. »Hilfe! Ich bin verletzt. Zwei Männer wollten mir helfen. Und als sie ganz nahe bei mir waren, fielen Schüsse! Drei Schüsse! Vom nächsten Pier. Ich konnte sie kaum hören, wegen des Frachters! Gewehrschüsse! Schnell! Sie sind verletzt. Einer ist tot, glaube ich. Herrgott, schnell!«
    Havelock verstand kein Wort von dem, was die beiden Männer sich zuriefen. Als er auf das Tor zutaumelte, konnte er erkennen, daß der Wächter die Pistole gezogen hatte, aber es war nicht derselbe wie vorher.

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