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Das Parsifal-Mosaik

Titel: Das Parsifal-Mosaik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Ludlum
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er je gelernt hatte, jede Fähigkeit und jeden Trick.
    Der Lancia kam näher, und ein scharfer Schme rz schoß durch Michaels Brust, als er ins Wageninnere starrte. Jenna war nicht im Wagen. Statt dessen konnte er im reflektierenden Licht der Armaturen zwei Männer erkennen. Der Fahrer rauchte, während sein Begleiter auf ihn einredete und dabei mit den Händen herumfuchtelte. Dann drehte der Fahrer den Kopf zur Seite, offenbar sagte er zu jemandem auf dem Rücksitz etwas. Der Lancia begann seine Fahrt zu verlangsamen; jetzt war er etwa noch sechzig Meter von der Grenzstation entfernt.
    Der blonde Killer an der Schranke drehte sich um und ging schnell auf das Wachhäuschen zu, klopfte ans Fenster, deutete auf das sich nähernde Fahrzeug und dann auf sich. Er war der beflissene Rekrut, der seinen erfahrenen Vorgesetzten klarmachte, daß er den nächsten Auftrag überne hmen würde. Die zwei Soldaten blickten auf, verstimmt über die Störung, und fragten sich vielleicht, ob der Neue das Geld in ihren Händen gesehen hatte; dann nickten sie und winkten ihn weg. Anstatt zu verschwinden, griff der Killer, den Rom geschickt hatte, in die Tasche und holte einen Gegenstand heraus, während er unauffällig auf die geschlossene Tür des Wachhäuschens zuging. Er beugte sich vor und schob den Gegenstand in den Rahmen unter dem Fenster, wobei seine Schulterbewegungen erkennen ließen, daß er dazu sehr viel Kraft benötigte. Havelock versuchte sich vorzustellen, was der Killer tat. Schließlich begriff er; bei der Tür des Wachhäuschens handelte es sich um eine Schiebetür, aber jetzt würde sie sich nicht mehr öffnen lassen; denn der Mann namens Ricci hatte eine dünne Stahlplatte mit kleinen Widerhaken zwischen Türstock und Türblatt geschoben. Je mehr Kraft eingesetzt würde, um die Tür zu öffnen, desto tiefer würden sich die kleinen Dorne in das Holz bohren, bis jede Bewegung unmöglich war. Die zwei Soldaten drinnen im Häuschen konnten jetzt nicht heraus, und wie das bei Grenzstationen überall der Fall war - so unbedeutend sie auch sein mochten -, war auch dieses Haus massiv gebaut und hatte dickes Glas in den Fenstern. Und doch hatte der Blonde etwas übersehen; sie brauchten bloß die Kaserne anzurufen und würden sofort Unterstützung bekommen. Michaels Blick wanderte nach links über die Straße. Vom Ast eines Baumes baumelte ein Telefondraht; er war durchgeschnitten worden. Die Killer aus Rom hatten die Grenzstation unter Kontrolle.
    Der blonde Mann ging auf die Metallplanke zu, die die Straße von der Brückeneinfahrt trennte, nahm militärische Haltung an -die linke Hand an der Hüfte, die rechte erhoben - und blickte der heranrollenden Limousine entgegen. Der Lancia kam zum Halten, die Vorderfenster wurden heruntergekurbelt, und die zwei Männer auf dem Vordersitz reichten ihre Pässe heraus, die Arme ausgestreckt, so daß man die Dokumente sehen konnte. Der Killer ging zum Fenster des Fahrers hinüber und sprach leise auf ihn ein - zu leise, als daß Havelock es hören konnte -, während er am Fahrer vorbei zum Hintersitz blickte.
    Der Fahrer antwortete, besorgt, wie es schien, und wandte sich dabei, Bestätigung heischend, seinem Begleiter zu. Der zweite Mann beugte sich über den Sitz, nickte zuerst und schüttelte dann den Kopf. Der falsche Zöllner trat zurück und erhob die Stimme, ganz Beamter.
    »Bedaure, Signori et Signora«, sagte er in italienischer Sprache. »Ich habe heute abend Anweisung, daß alle Insassen zur Überprüfung ihr Fahrzeug verlassen müssen.«
    »Aber man hat uns zugesichert, daß wir so schnell wie möglich passieren dürften, Caporale«, protestierte der Fahrer und hob dabei die Stimme. »Die Frau hat erst vor zwei Stunden ihren Mann begraben. Sie ist vö llig außer sich ... hier sind ihre Papiere. Ihr Paß. Und die unseren auch. Alles ist in Ordnung, das kann ich Ihnen versichern. Man erwartet uns um acht Uhr zur Messe. Sie stammt aus einer guten Familie. Die Bürgermeister von Monesi und Moulinets waren beim Begräbnis ... «
    »Bedaure, Signore«, erwiderte der Killer geschäftig. »Bitte steigen Sie aus. Hinter Ihnen ist ein Lastwagen, und Sie sollten hier die Kontrolle nicht aufhalten.«
    Havelock wandte den Kopf und blickte auf den heruntergekommenen Lkw mit der kraftvollen Maschine. Die beiden Männer waren bereits ausgestiegen und standen zu beiden Seiten der Straße, suchten den Wald und die Böschung ab und hatten die Hände in den Taschen ihrer Anoraks.

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