Das Parsifal-Mosaik
steckten im Zündschloß, wie er es gehofft hatte.
Er hechtete auf den Fahrersitz, den Kopf geduckt, und drehte den Schlüssel um; der starke Motor sprang an. Sofort kam von vorne Feuer, er hörte, wie die Kugeln in das Blech einschlugen. Dann eine Pause. Michael begriff; der Killer mußte nachladen. Das war seine Chance! Er schaltete die Scheinwerfer ein, die ein blendendes Licht verbreiteten. Vorne kauerte der blonde Mann an der Straßenböschung und rammte ein neues Magazin in seine Automatic. Havelock trat auf die Kupplung, riß den Ganghebel nach vorne und gab Vollgas.
Der schwere Lkw machte einen Satz, seine Reifen drehten fast durch. Michael riß das Steuer nach rechts und beschleunigte. Eine Kugel traf die Windschutzscheibe; wie ein Spinnennetz breiteten sich Risse über das Glas aus. Havelock hob den Kopf gerade hoch genug, um zu sehen, was er sehen mußte; die Scheinwerfer hatten den Killer erfaßt. Michael hielt seinen Kurs, bis er den Aufprall spürte und den wütenden Schrei hörte. Plötzlich riß der Schrei ab, der uniformierte Killer taumelte zur Seite und krümmte sich. Eine Sekunde später rollten die schweren Stollenreifen des Lieferwagens über seine Beine. Wieder riß Havelock das Steuer herum, diesmal nach links. Er raste an zwei Wachhäuschen vorbei auf die Brücke und registrierte mit einem kurzen Blick zur Seite, daß die zwei Grenzsoldaten drinnen ausgestreckt auf dem Boden lagen. Auf der französischen Seite herrschte Chaos, aber es gab keine Schranke, die ihm den Weg versperrte. Soldaten rannten von allen Seiten auf die Grenzstation zu, ringsum hallten Befehle. In einer beleuchteten Wachstube drängten sich vier Uniformierte, einer von ihnen schrie ins Telefon. Die Straße nach Col des Moulinets zweigte links von der Brücke ab und führte geradewegs zu einem Bergdorf mit kleinen Holzhäusern und geschindelten Dächern. Er rollte in eine schmale, kopfsteingepflasterte Straße. Vor sich sah er die roten Hecklichter des Lancia. Er war weit vor ihm; jetzt bog er in eine Straße ein. In Col des Moulinets war jeder Weg mit Steinen gepflastert. Einige waren kaum breit genug, um sie mit einem Obstkarren passieren zu können. Die Straße wurde breiter, die Häuser und Läden lagen jetzt weiter zurück. Dorfbewohner liefen an beleuchteten Schaufenstern entlang. Der Lancia war verschwunden! Michael mußte ihn wiederfinden!
»Pardon! Où est l'aéroport?« rief er durch das heruntergelassene Fenster einem älteren Ehepaar zu.
»Aéroport?« sagte der alte Mann auf französisch, sprach das Wort aber eher mit italienischem Akzent aus. »In Col des Moulinets gibt es keinen Flughafen, Monsieur.«
»Ganz in der Nähe des Dorfes muß einer sein, da bin ich ganz sicher«, erwiderte Havelock und versuchte, seine Erregung unter Kontrolle zu halten. »Ein sehr guter Freund hat mir gesagt, er würde nach Col des Moulinets fliegen. Ich soll mich hier mit ihm treffen und habe mich verspätet.«
»Ihr Freund hat den Flughafen in Cap Martin gemeint, Monsieur.« »Vielleicht nicht«, mischte sich ein jüngerer Mann ein. »Fünfzehn oder zwanzig Kilometer nördlich von hier, auf der Straße nach Tenda, ist ein kleiner Landeplatz. Die reichen Leute, die ihre Villen in Roquebilliere und Breil haben, benutzen ihn.« »Das ist es! Wie komme ich am schnellsten hin?« »Biegen Sie an der nächsten Straße rechts ein und dann noch einmal rechts. Fahren Sie bis zur Rue Maritimes. Biegen Sie dort nach links, dann immer der Straße entlang.« »Danke.«
Minuten später raste er durch die Finsternis, Jenna entgegen. Auf der Landstraße hielt er vergeblich nach dem Lancia Ausschau. Fuhr er überhaupt in die richtige Richtung? Oder hatte er in seiner Aufregung den Weg verpaßt?
Ein Scheinwerferbalken! Er zog über den Nachthimmel. Hinter den nächsten Hügeln, schräg vor ihm zur Linken. Irgendwo würde die Straße abbiegen, nur Minuten von ihm entfernt war ein Flugplatz und ein Flugzeug - und Jenna.
Er klammerte sich an das Lenkrad und schoß in hohem Tempo durch die Kurven. Bald sah er zwei Lichtbalken vorne und zwei rote Punkte hinten. Es war der Lancia! Er war eine Meile vor ihm. Und jetzt erblickte er auch die gelben Bodenlichter des Flugplatzes im Tal. Seine Länge und Breite reichte ebenso für kleine Jets wie für Propellermaschinen aus.
Havelock drückte das Gaspedal bis zum Boden durch, sein rechter Fuß trat immer wieder kurz auf die Bremse, wenn der Lkw zu schleudern anfing. Die Straße wurde jetzt flacher
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