Das Parsifal-Mosaik
erledigt werden, ohne daß Rom davon erfuhr. Lügner! Killer! Warum? »Wo sind sie?«
»Ich blute! Ich habe Blut im Mund!«
»Sie werden daran ersticken, wenn Sie es mir nicht sagen. Wo?« »Auf beiden Seiten der Brücke. Ungefähr neun Meter vor der Schranke. Herrgott, ich sterbe!«
»Nein, Sie sterben nicht, Sie sind bloß gezeichnet. Erledigt. Sie sind die ärztliche Behandlung nicht wert.« Havelock nahm das Messer in die linke Hand und hob die rechte, die Finger ausgestreckt, die Muskeln der Handfläche gespannt. So schmetterte er sie dem Mann mit voller Wucht in die Kehle; mindestens für eine Stunde würde er ausgeschaltet sein. Das würde genügen; das mußte genügen.
Er kroch durch das Unterholz, jeden Schritt kontrollierend. Bald hatte er den einen der beiden Sprengstoffspezialisten aufgespürt. Der Mann kniete über einer Tasche oder einem Rucksack. Das Licht von der Brücke war hell genug, um seine Umrisse zu zeigen. Plötzlich war das lauter werdende Geräusch eines Motors zu hören, begleitet vom Klappern eines gelockerten Auspuffs; vielleicht war es auch ein Kotflügel, gegen den Schottersteine prasselten. Michael fuhr lautlos herum, hielt den Atem an, und seine Hand fuhr zum Gürtel. Ein zerbeulter Lieferwagen tauchte auf; ein dumpfer Schmerz in der Magengegend erfaßte ihn - hatte der Agent gelogen? Sein Blick wanderte zurück zu dem Sprengstoffspezialisten; der Mann duckte sich noch tiefer, machte aber sonst keine Bewegung, und Havelock atmete langsam wieder aus. Der Lieferwagen klapperte vorbei und hielt an der Brücke an. Der blonde Killer stand neben einem Grenzpolizisten; er hatte offensichtlich Anweisung, sich unauffällig zu verhalten; aber statt dessen suchten seine Augen den Wald ab und die Straße darunter. Laute Stimmen hallten von der Grenzstation herüber; das Paar in dem Lieferwagen war offensichtlich mit der unerwarteten Aufforderung, den Wagen zu verlassen, nicht einverstanden. Wahrscheinlich überquerten sie täglich die Grenze. Mürrisch stiegen schließlich die beiden Insassen aus.
Michael wußte, daß der Lärm ihm Deckung bot, und kroch weiter vor. Er war noch zwei Meter von dem Mann entfernt, als die Hintertür des Lieferwagens geöffnet wurde, von lauten Flüchen begleitet. In diesem Moment warf sich Havelock nach vorn, die Arme ausgestreckt, die Finger zu Klauen gekrümmt. »Di quale ... «
Der Spezialist hatte keine Gelegenheit, sich weiter zu erschrecken. Sein Kopf wurde gegen einen Felsstein geschmettert, bewußtlos blieb er liegen. Havelock drehte den Mann herum, riß ihm den Gürtel aus der Hose, fädelte ihn unterhalb der Schulterblätter unter seinen Armen durch, zog ihn straff, machte eine Schlinge in das Leder und verknotete ihn. Dann zog er die Llama aus seinem Brusthalfter und ließ den kurzen Lauf auf die rechte Schläfe des Mannes herunterkrachen. Jetzt würde seine Bewußtlosigkeit lange genug anhalten. Michael wühlte in der Segeltuchtasche. Sie war das tragbare Labor eines Spezialisten, wie der Inhalt zeigte: Dynamitblöcke, weiche Rollen aus Plastiksprengstoff und Zeitzünder; darunter auch solche, die aus flachen, kreisförmigen Bausteinen bestanden und nicht viel größer als das Zifferblatt einer Herrenuhr waren. Mit einem winzigen Knopf an der Seite konnte man die gewünschte Zeit einstellen, die auf einer Digitalanzeige ablesbar war. Diese drahtlosen Zünder waren speziell für Plastiksprengstoff konstruiert. Man drückte sie einfach in die weiche Masse und konnte sich darauf verlassen, daß sie mit einer Abweichung von maximal fünf Sekunden über eine Zeitspanne von vierundzwanzig Stunden funktionierten. Havelock betastete die Umhüllung von einem Stück Plastik. An der oberen Fläche war ein Schlitz angebracht, in den der flache Zünder geschoben wurde, während sich unten eine Lasche befand, die man ein paar Minuten, bevor der Sprengstoff angebracht wurde, abzog. Sie schützte eine Klebefläche, die mit einem Epoxydharz von besonders hoher Haftfestigkeit beschichtet war. Weder Erdbeben noch Orkane konnten den Sprengkörper von seiner Unterlage abschütteln. Er nahm drei Zünder und Bausteine aus der Tasche und steckte sie ein, dann kroch er weg, zog die Segeltuchtasche hinter sich her und verbarg sie unter einem heruntergefallenen Fichtenzweig. Er sah auf die Uhr. Noch zwölf Minuten. Die lautstarke Auseinandersetzung auf der Brücke hatte aufgehört.
Die verärgerten zwei jungen Leute waren wieder in ihren Lieferwagen gestiegen. Der Motor
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