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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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glatten Übergang im Weg stand. Dann wollte er das tun, was er längst geplant hatte: sich mit seiner Tochter im Park vergnügen. Teresa und ihre Leute konnten das Metanet selbst abschalten. Zum Teufel mit seinem Vertrag! Er wollte lieber zur Hölle fahren als seiner größten Errungenschaft den Stecker rausziehen.
    Vor ihm tauchte nun das Hologramm einer skelettartigen Sternenkonstellation auf. Sie strahlte über dem Eingang eines hell erleuchteten Restaurants namens »Big Dipper«. Eine murmelnde Menschenmenge hatte sich davor versammelt und deutete auf etwas. Warne musste widerwillig lächeln. Er konnte sich vorstellen, was das Interesse der Leute erregte. Neben dem Restauranteingang befand sich ein großes Verkaufsfenster. Es war mit Chrom eingefasst und zum Promenadenplatz hin offen. Davor ragten auf niedrigen Pfosten mehrere runde Sitzgelegenheiten vor einem Tresen aus glänzendem transparentem Material in die Höhe. Hinter dem Tresen befand sich eine in gespenstische Schatten schwarzen Lichts gebadete futuristische Eisdiele. Sie wurde von einem großen mobilen Roboter bewirtschaftet, einem ausgelassenen, unbeholfenen Ding, das wie eine von einem Kind aus Eisenblöcken zusammengesetzte instabile Konstruktion wirkte. Sein Unterbau bestand aus einer kamerawagenähnlichen Plattform und sechs synchron laufenden Rädern. Auf dem Antriebsmechanismus befand sich ein großer Würfel, der den Rechner enthielt. Auf ihm ragte ein hoher Zylinder auf, der zwei Ultraschallsensorreihen stützte.
    Warne nahm Georgia am Arm und zeigte ihr den Roboter.
    Sie maß ihn mit einem Blick, dann blieb sie jäh stehen.
    Langsam legte sich ein Grinsen auf ihr Gesicht. »Oh, Mann!«, sagte sie schließlich. »Ist ganz schön bizarr, ihn hier zu sehen - findest du nicht auch?«
    Der Roboter mixte gerade ein Milchgetränk. Warne beobachtete ihn, als er fleißig Eiskrem in einen metallenen Mixer schaufelte und seine energischen Zangen sich mit kurzen, kontrollierten Rucken bewegten. Das war der schwierigste Teil gewesen: die Sonargeometrie. Da er gewusst hatte, dass der Roboter sich in einer starren Umgebung bewegen würde, war alles andere - die Radsteuerung des Wegfindungssystems, die topologische Landkarte - relativ einfach gewesen.
    Aber der Stereoblick, den er haben musste, um perfekte Eiskremportionen aus unberechenbar geformten Behältern zu schaufeln, hatte Warne viele Nächte beschäftigt. Dieses Problem hatte zum Namen des Roboters geführt: Scylla. Charybdis, Scyllas Bruder, hielt sich zweifellos irgendwo im Inneren des Restaurants auf. Warne hatte ihn konstruiert, um Bars zu bewirtschaften: Das Einschenken zuvor abgemessener Getränke war eine leichtere Aufgabe und verlangte weniger genau abgestimmte Motorik als jene, die Scyllas Armfunktionen auszeichnete.
    »Komm!« Warne legte einen Arm um Georgias Schulter.
    »Holen wir uns ein Eis.«
    Als sie näher kamen, hatte Scylla das Mixgetränk gerade fertig und reichte es einem jungen Mädchen, das am Tresen stand. »Bitte schön«, sagte der Roboter, schwenkte seine Kamera und nickte der Kundin zu. »Ihre Kennkarte, bitte.«
    Warne schaute zu, als sein Sonarsystem die Karte abtastete.
    Dann gab Scylla sie zurück und setzte die Zangen ein, um den Becher sanft auf dem Tresen abzustellen. Georgia hatte Recht: Auch Warne war so sehr daran gewöhnt, Scylla in der überladenen Beengtheit seines Carnegie- Mellon-Labors zu sehen, dass er es als eigenartig empfand, dem Roboter in dieser surrealen Umgebung zu begegnen, in der er echte Eiskrem an echte Menschen verteilte.
    Der Roboter vollführte eine Drehung und fuhr am Tresen entlang zum nächsten Kunden weiter. Warne geleitete Georgia durch die Reihen der Gaffer und entdeckte am anderen Ende des Tresens zwei Sitzplätze. Georgia hatte ihn auf die Idee gebracht, den Roboter mit einem schwenkbaren Ultraschallsensor auszustatten, damit er sich der nahesten menschlichen Stimme zuwandte. Er wusste noch, wie er seiner Tochter Scylla zum ersten Mal vorgeführt hatte. Sie hatte das Gesicht missbilligend verzogen und gesagt: »Dem Roboter fehlt noch der Kopf,
    Papa.«
    Die beiden Roboter hatten für Nightingale bloße Blickfänge sein sollen; Objekte, um zu demonstrieren, wie man Stimmerkennung und Bildverarbeitung für kommerzielle Zwecke einsetzen konnte. Doch Nightingale hatte Details ebenso geliebt wie alles überspannende Visionen. Scylla und Charybdis hatten ihn ebenso entzückt wie Warnes preisgekrönte Thesen über hierarchische Neuralnetze

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