Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
ebenfalls leer war. Der Geschäftsführer stand in der Tür und beobachtete alles neugierig. Wann ist dieser Gast angekommen? Gestern um die Mittagszeit. Haben Sie ihn selbst gesehen? Nein, er hat an der Rezeption eingecheckt wie alle anderen. Rufen Sie den Mitarbeiter her, der ihn in Empfang genommen hat. Sein Dienst beginnt um zwei, er müsste gleich kommen. Ist was, Zurdo? Ortega bemerkte, dass sein Freund sein Gleichgewicht wiedergefunden hatte. Kein Gepäck, im Bad ein Duft, den er nicht benutzt hat,und im Portemonnaie ein paar Pesos, aber kein Ausweis, keine Kreditkarte, nichts; ich glaube, das ist nicht der Gast, sondern jemand, der ihn besucht hat; außerdem ist er sehr jung, wie alt würdest du ihn schätzen? Zwanzig, einundzwanzig. Was meinst du, Montaño? Er mag zwar der Nationalität nach US-Amerikaner sein, aber bestimmt kein gebürtiger: Nase, Mund, Augen, Gesichtszüge und so weiter; alles deutet darauf hin, dass wir es hier mit einem reinrassigen Mexikaner zu tun haben. Kann ich das Telefon da benutzen? Nein, wir müssen noch die Fingerabdrücke sichern. Der Geschäftsführer ging ins Nebenzimmer.
Kurz darauf erschien der Mann, der an der Rezeption arbeitete. Das ist nicht Señor Tyler, dafür ist er viel zu jung. Señor Tyler ist um die fünfzig, weiß, groß. Mendieta und Ortega sahen sich an. Ich brauche die Meldekarte mit der Unterschrift, und dann schicke ich Ihnen noch meinen Zeichner für ein Phantombild. Montaño sagte, er sei seit rund vier Stunden tot, die Kugeln seien am Rücken ausgetreten. Das Zimmermädchen hat ihn nach zwölf Uhr entdeckt, und keiner hat die Schüsse gehört oder irgendwas gesehen. Typisch, die Welt des Verbrechens ist taub, blind, stumm und opportunistisch. Schaffen wir ihn ins Depot, mal sehen, wer sich meldet, schlug Mendieta vor und dachte laut nach: Warum hat man ihr die Brustwarze abgeschnitten?, Taschenmesser oder Biss?, Biss?
Er rief Briseño an und berichtete ihm von dem toten Mexikaner. Der echte Gast, sprich: der Gringo, ist geflüchtet. Was sagen wir der Presse? Am besten gar nichts. Der Tote war also kein Pianist? Wenn der Pianist war, bin ich ein Besatzungsmitglied der Apollo 13, seine Händesind klein, rau und mit Narben übersät. Gut, dann fahre ich jetzt nach Hause. Was werden Sie kochen? Scampi à la Rockefeller. Guten Appetit. Sag mal, gibt es im Fall der Tänzerinnen Verdächtige? Zwei, Richie Bernal und einen Spanier: Miguel de Cervantes; und dann ist da noch Luis Ángel Meraz, der sich gelegentlich mit ihr vergnügt hat. Ich glaube nicht, dass Meraz etwas damit zu tun hat, das ist ein feiner Mensch mit großer Zukunft, lasst die Finger von ihm. Deswegen habe ich ihn ja auch nicht zu den Verdächtigen gezählt. Mendieta spürte, dass es eine Verbindung zwischen seinem Chef und Meraz gab, und beschloss, Meraz erst mal außen vor zu lassen. Dieser Cervantes, das ist aber nicht der von Don Quijote, oder? Doch, genau der. Ist der nicht schon lange tot? Offenbar nicht, scheint mir kerngesund zu sein. Gut, Zurdo, pass gut auf deine Nervenzelle auf, ist womöglich die einzige, die du noch hast; wegen Bernal kannst du Pineda um Hilfe bitten, er schuldet uns noch was, wir sehen uns dann später.
Briseño rief zu Hause an. Mein Schatz, was hältst du davon, wenn wir es uns mit Scampi in Knoblauchöl mal wieder so richtig gutgehen lassen? Manchmal muss man es mit einer Rochade versuchen. Ach, mein Bester, das ist doch kein richtiges Essen. Lieber à la Rockefeller, das kannst du doch so gut. Na schön, mein Schatz, dann komme ich jetzt, soll ich was mitbringen? Wenn du noch Weizenbrot mit Kürbisfüllung besorgst, kriegst du heute das, was du so gern hast. Heißt das, du hast keine Kopfschmerzen? Ich?, wie kommst du denn darauf? Das mit dem Brot ist gebongt.
Der Zurdo fuhr zum Präsidium zurück, wo Gris gerade Elisa Calderón verhörte, beide waren so sehr bei der Sache, dass er nicht stören wollte, also führte er José Escamilla, den Kellner aus dem Alexa, in ein anderes Büro. Gris und Elisa tranken Coca-Cola light. Sie war atemberaubend schön, die Männer sahen sie und waren wie hypnotisiert, wie benommen, und das schien diesen Teufelsbraten nur noch mehr anzustacheln, ihre Bewegungen waren so sexy, dass selbst die Frauen aus ihren Löchern krochen, um sie zu sehen; ganz krank waren sie vor Neid, aber sie mussten einfach hinschauen. Ich habe bei ihr zu Hause Fotos mit einer ganz besonderen Tätowierung gesehen. Sie war hochmütig, anders ist dieses
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