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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Hoffnung. Bestimmt strahlte die Alte ein Glück aus, das seinesgleichen suchte! Vielleicht eines, dass ihnen eher zugute kam als die Segnungen der erdengefangenen Göttin, versicherten sie sich gegenseitig, denn die vermochte angeblich nur einen einzigen Wunsch zu erfüllen, während das Glück dieser Frau von allen geteilt werden konnte.
    Balám dagegen interessierte an der Alten etwas ganz anderes. Auf dem Weg vorbei an traurigen, in Dunst gehüllten Tempeln, deren Eingänge von tropfnassen Klettergewächsen und Bodenkriechern überwuchert worden waren, dachte er an das, was sie aus dem Zeittempel geholt hatte. »Papier«, hatte sie gesagt. Ein Buch?
    Die Maya liebten Bücher über alles. Kein vornehmes Haus, das nicht über eine Bibliothek verfügte, auf die der Besitzer stolz war. Vor allem alte und seltene Bücher wurden geschätzt, enthielten sie doch Geschichten, die in Vergessenheit geraten waren. Auf Ixchels Buch als solches oder auf seinen Inhalt war Balám nicht erpicht, eher darauf, wie viel es einbrachte. Einen so seltenen Band würde sich ein Sammler eine Menge kosten lassen.
    Seit er auf dem Marktplatz in Tikal seine Zukunft in aller Deutlichkeit geschaut hatte, sammelte der Prinz von Uxmal nach und nach Preziosen, die er in den Taschen seines breiten Gürtels aus Jaguarfell bei sich trug: Jade, Gold, Kakaobohnen, Bernstein – alles gehortet für den Tag, an dem er seinen brillanten Plan in die Tat umzusetzen gedachte.
    Zu diesem Zweck musste er auch das Buch der alten Frau an sich bringen. Das wäre ein Leichtes, sobald Chac und die anderen Ixchel in ihrem Haus abgesetzt hätten. Ixchel führte sie in ein zwischen mächtigen Bäumen und dichtem Farn eingebettetes und von einer Mauer umgebenes einstöckiges Haus aus Stein und Zement, versehen mit Türen und Fenstern und einem soliden Dach. Wuchernde Ranken deuteten darauf hin, dass es seit langem nicht mehr bewohnt war.
    Am Himmel ballten sich dunkle Wolken, ein nasskalter Wind fuhr durch die leeren Räume, als Ixchel ein Zuhause betrat, das in ihrer Erinnerung mit Wandvorhängen, Statuen, Blumen geschmückt und mit Lachen erfüllt gewesen war. »Was ist denn hier geschehen?«, stammelte sie fassungslos.
    Von der Menge, die draußen wartete, wurde ein baumwollner Umhang durchgereicht. Auch eine Schlafmatte. Kalebassen und Töpfe. Eier, getrockneter und gesalzener Fisch, getrocknete Beeren. Alles Geschenke für die Frau, die mit dem höchsten Glück gesegnet war, auf dass sie etwas von diesem Glück mit denen teilte, die dessen bedurften. Während Tonina und Chac die Gaben im Haus abstellten, herumliegendes Laub zusammenkehrten, Kletterpflanzen und Unkraut ausrissen und ein Feuer gegen die Feuchtigkeit entfachten und selbst der einäugige Zwerg von Zimmer zu Zimmer ging und sein eigenes einzigartiges Glück verbreitete, fand Ixchel ihre Erinnerung wieder. »Der König war grausam«, hob sie an, worauf die anderen ihre Arbeit unterbrachen, um ihr zu lauschen. »Sein abscheuliches Tun dürften selbst die Götter nicht länger geduldet haben. Deshalb müssen die Menschen geflohen sein. Sie wussten, dass ein Fluch auf der Stadt lag.«
    Das mit Federn besetzte Bündel an die Brust gedrückt, blickte Ixchel auf die vielen Fremden, die so unerwartet nach Palenque gekommen waren – alles Pilger, die sich von der Gottheit Wunder erhofften. Zitternd holte sie Luft, seufzte tief auf, wandte sich dann mit einem verschämten Lächeln an ihre Befreier. »Ich bin zwar nicht die Göttin, die ihr sucht, und ich bin auch nicht reich, aber zum Dank, dass ihr mich aus meinem Gefängnis befreit habt, möchte ich euch an jedwedem Glück teilhaben lassen, das die Götter mir geschenkt haben.«
    Tonina kniete nieder, um Ixchels Segen zu empfangen, dann Chac und dann Einauge, Haarlos und alle, die im Hof Platz gefunden hatten. Und jeder sagte sich, dass es letztendlich nichts ausmachte, dass Ixchel keine richtige Göttin war.

45
    Während man in und um die verlassenen Häuser herum, auf den gepflasterten Wegen und kleinen Plätzen Lager aufschlug und geduldig Schlange stand, um vor die Frau zu treten, mit der das Glück einherging – H’meen und Einauge hatten sich zur Verfügung gestellt, Ixchel beim Spenden ihres Segens zur Hand zu gehen –, machte sich Tonina auf die Suche nach Chac.
    Er war, nachdem er Ixchels Segen empfangen hatte, in der Menge verschwunden. Inzwischen war es spät abends und die Luft schwül und feucht. Obwohl der Regen Erleichterung gebracht hatte,

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