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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ohne Schutz waren sie indes nicht. Als Türkisrauch die Aztlán-Sucher bei der Handelskarawane unterbrachte, hatten sich zu seiner Überraschung zahlreiche seiner eigenen Krieger entschlossen, mit ihnen zu ziehen. Die Aussicht, fortan im Paradies von Aztlán zu leben, war für so manchen ein Anreiz gewesen. Also hatte Türkisrauch sie von ihrem Treueschwur entbunden und damit gleichzeitig sein schlechtes Gewissen beschwichtigt, wusste er doch, dass irgendwann die Gruppe auf sich gestellt sein würde.
    Sie waren bis kurz vor Cuauhnáhuac gekommen, als bei Tonina die Wehen einsetzten. Bis sie ihr Lager eingerichtet hatten, war die Wehentätigkeit bereits wieder abgeebbt. Aber die Fruchtblase war geplatzt und zudem tropfte jetzt ständig Blut. Das Baby bewegte sich zwar, konnte aber nicht – oder wollte nicht – herauskommen.
    Schließlich hockte sich die Geburtshelferin auf die Fersen zurück und schnalzte mit der Zunge. »Baby wird sterben, Mutter wird sterben«, sagte sie, griff nach ihrem Bündel mit Arzneien und verließ unter Andeutung eines beschützenden Zeichens die Unterkunft.
    »Mutter«, keuchte Tonina, »lass mich hier liegen. Geh ohne mich weiter … such meinen Vater.«
    Vor der Grashütte, die Ixchel in Beschlag genommen hatte, lief Einauge nervös auf und ab. Beim Aufbruch der Geburtshelferin erhob sich in der Gruppe allgemeines Wehklagen. Und dann erschien Ixchel und wies Einauge an, umgehend H’meen herbeizuholen.
    Auch die Verfassung der königlichen Kräuterkundigen ließ zu wünschen übrig. Obwohl die Frühjahrsmitte bereits erreicht war, herrschte nachts noch immer eisige Kälte. Und diese Höhenlage mit entsprechend dünner Luft machte selbst den Abgehärtetsten zu schaffen. Während Ixchel immer jünger geworden war, war H’meen zusehends gealtert. Sie litt an Höhenkrankheit, die einherging mit Übelkeit, Kopfschmerzen, Müdigkeit und Atembeschwerden, die sie mit Ginkgo und Sarsaparille behandelte. Die Kälte in den Bergen hatte ihre Arthritis und ihr Rheuma verstärkt, außerdem hatte sie einen weiteren Zahn eingebüßt. Um den Kopf schlang sie sich inzwischen ein Baumwolltuch, weil ihr Haar so schütter geworden war.
    Sie hatte nur einen Wunsch: noch ihren siebzehnten Geburtstag zu erleben.
    Als Einauge bei ihr erschien, weigerte sie sich zunächst, den warmen Herd und ihre Schlafmatte zu verlassen. Aber Tonina war in Not und der Blick des Zwergs entsprechend inständig flehend. Bei Tonina angelangt, kniete sich H’meen neben sie und tastete wie die Geburtshelferin den geschwollenen Unterleib ab. Das Baby bewegte sich nicht, dennoch war schwach ein beschleunigter Herzschlag festzustellen. Was für H’meen bedeutete, dass das Baby nicht geboren werden wollte. »Ein Tee aus Frauenminze wird die Wehentätigkeit anregen«, sagte sie zu Ixchel. »Allzu viel darf man sich allerdings nicht davon erwarten. Das Baby muss vielmehr dazu überredet werden, auf die Welt zu kommen. Wenn es nicht will, werden die Wehen das Kleine umbringen und Tonina ebenfalls.«
    »Wie kann ein Baby überredet werden, geboren zu werden?« H’meen schloss ihre Medikamententasche und stand auf. »Jemand muss mit Tonina eine spirituelle Reise unternehmen und dem Kind gut zureden, ihm versichern, dass es liebevoll willkommen geheißen wird und nichts zu befürchten hat.«
    »Wie unternimmt man eine solch spirituelle Reise?«
    »Es gibt einen Kaktus, den die Nahua peyotl nennen. Er besitzt ungeahnte Kräfte. Wer den aus ihm zubereiteten Tee trinkt, gelangt in das spirituelle Reich.«
    »Besitzt Ihr diesen Kaktus?«
    »Ich habe mich in Oaxaca mit einem entsprechenden Vorrat eingedeckt.«
    »Ihr wisst, wie diese spirituelle Reise vor sich geht?«
    »Ja. Aber das traue ich mir nicht zu. Schon für einen Gesunden ist der Vorgang anstrengend genug. Für mich ist er äußerst gefährlich. Es tut mir leid.«
    Ixchel sah sie entgeistert an. »Ihr weigert Euch?«
    Das ältliche Mädchen schüttelte resigniert den Kopf und verließ die Hütte.
    H’meen musste mit ihren Kräften haushalten. Sie wollte Aztlán lebend erreichen. Sie war zwar keine Nahua und ihr Volk stammte auch nicht aus einer der Sieben Höhlen, aber es hieß, dass das Wasser des Paradieses alle Krankheiten heile. Deshalb betete sie darum, lange genug am Leben zu bleiben, um dieses Wasser trinken zu können und wieder jung und gesund zu werden.
    Einauge kam ihr nachgelaufen. »H’meen, Ihr seid die Einzige, die Tonina retten kann!«
    »Wenn ich das tue, muss ich

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