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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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Tonina hingegen wollte selbst entscheiden. Als sie ihm jetzt zurief, er solle stehen bleiben, stellte er sich taub. »Ich bin müde!«, rief sie – einen der ersten Sätze, die sie von Einauge gelernt hatte –, und ohne auf Antwort zu warten, blieb sie abrupt stehen und warf ihren Reisesack zu Boden.
    Chac schaute sich verdutzt um. Bis eine Ruhepause erforderlich wurde, konnten sie noch ein gutes Stück vorankommen, aber er sah, dass sie bereits einen Platz für ein Lagerfeuer freimachte. Verärgert legte auch er sein Gepäck und die Waffen ab. Da ihm nicht nach ihrer Gesellschaft zumute war, traf er in einiger Entfernung von ihr Vorbereitungen für die Nacht. Sie befanden sich weit abseits der Straße und hatten zu ihrem Schutz die ausladenden Äste der Bäume über sich.
    Tonina fügte Steine zu einem Kreis auf dem Waldboden zusammen, und mit Hilfe eines Feueranzünders, den Guama ihr eingepackt hatte, flackerten schon bald Flammen zu den Sternen empor.
    Chac hatte keine Ahnung, wie man ein Feuer in Gang brachte. Bei seinen Reisevorbereitungen hatte er nicht daran gedacht, auch dafür Sorge zu tragen. Feuer, auf denen gekocht wurde, waren ihm durchaus bekannt, aber noch nie hatte er selbst eins entfachen müssen. Missmutig schielte er zu Tonina hinüber. Nein, er würde sie nicht bitten, ihm zu helfen. Also bildete auch er aus Steinen einen kleinen Kreis, füllte ihn mit Holzstückchen und Laub und schlug zwei Gesteinsbrocken aneinander, auf dass sich Funken bildeten.
    Die Dunkelheit brach herein, nächtliche Geräusche belebten den Wald, und lediglich ein steinernes Rund war erhellt. Tonina überlegte schon, ob sie Chac an ihr Lagerfeuer einladen sollte, aber dann entzündete sie nur einen Zweig und ging zu ihm hinüber, hielt wortlos den brennenden Ast an sein zusammengetragenes Kleinholz. Chac sah zu, wie sie durch Fächeln die Flammen zum Leben erweckte. Was ihn dabei schier aus der Fassung brachte, war das Klimpern der vielen Muscheln in ihrem langen Haar. Hatten die Götter ihm doch nicht vergeben? War dies hier die Strafe dafür, dass er sie geschmäht hatte?
    Tonina ging zu ihrem Feuer zurück, und getrennt und schweigend aßen beide von dem, was sie auf dem Marktplatz eingekauft hatten: Puteneier, Rehfleisch und gesalzene Sonnenblumenkerne. An Nahrung und Wasser fehlte es bislang nicht. Aber beide wussten, dass sich jenseits von Uxmal unbekanntes Gebiet erstreckte.
    Der Schein von Chacs Lagerfeuer fiel auf sein Gesicht. Ein markantes Profil fürwahr – hohe Stirn, ausgeprägte Kieferpartie, lange Nase. Keine künstlich verbreiterte Maya-Nase, sondern pfeilgerade und kräftig war sie. Seine Backenknochen waren hoch angesetzt, die Wangen selbst auffallend hohl. Zu ihrer eigenen Überraschung ertappte sich Tonina bei dem Gedanken, dass sie ihn ungemein attraktiv fand. Wo Chac doch keineswegs gut aussah – wieso auch, wenn für sie von Kindesbeinen an die runden, weichen Gesichter der Inselbewohner als Schönheitsideal gegolten hatten? Und dennoch …
    Chac spürte, dass sie ihn beobachtete. Wusste das Mädchen nicht, dass sich so etwas nicht gehörte?
    Ohne sich weiter um sie zu kümmern, starrte er in die Flammen seines Lagerfeuers und dachte zurück an den Abend, an dem Palumas Schwangerschaft offenkundig geworden war. Welche Freude ihn erfüllt hatte! Sein größter Wunsch war immer gewesen, seinem Sohn beim Ballspiel zuzusehen und zu erleben, wie er der unangefochtene Held aller Mannschaften wurde. Schon als Kind hatte er davon geträumt. Und in diesem Traum war sein Sohn von Anfang an ein echter Maya, nicht ein Junge, der wegen seines minderwertigen Bluts gemieden wurde. Als das Inselmädchen im Großen Saal kraft ihres Bechers der Prophezeiung vorhersagte, dass das Kind, das Paluma trug, ein Junge wäre, hatte sich für Chac erfüllt, was sein Leben ausmachte.
    Ein Klimpern riss ihn aus seinen Gedanken. Er runzelte die Stirn. Schon wieder diese aufreizenden Muscheln in Toninas Haar. Sie war aufgestanden, sah prüfend zu den Bäumen in der Nähe hoch, um dann die Rolle, die sie auf den Schultern getragen hatte, zu holen und sie auszuschütteln, ehe sie zu Chacs Verwunderung daranging, die beiden Enden jeweils an dicken Ästen zu befestigen. Hatte sie vor, auf einem Baum zu übernachten?
    Als er feststellte, dass sie eine hamac aufhängte, überlegte er, ob es nicht ratsam gewesen wäre, sich ebenfalls eine zuzulegen. Bislang hatte er sich mit derlei Dingen nicht befasst; zu Hause hatte er abends

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