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Das Perlenmaedchen

Das Perlenmaedchen

Titel: Das Perlenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Wood
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ihm oder vielmehr mit etwas, das in ihr schlummerte und vor dem sie sich fürchtete.
    »Du willst wirklich allein gehen?«, fragte Chac Tonina. »Du hast keine Angst?« Er war noch nie einer Frau begegnet, die so viel Mut besaß, sich allein auf Wanderschaft zu begeben.
    Mit einer Ruhe, die sie nicht empfand, erwiderte Tonina: »Ich habe etwas versprochen, und dieses Versprechen gedenke ich in Ehren zu halten.«
    Wieder versank Chac ins Grübeln – Ehre war etwas, was er verstand. Er erkannte, dass Tonina nicht nur tapfer war, sondern ein gegebenes Versprechen einhielt.
    Er war nicht auf ihre Begleitung erpicht. Aber er hatte keine Wahl. Chac sagte: »Nun gut. Dann werde ich mit dir mitgehen.«
    Bevor Tonina weiter ablehnen konnte, mischte sich Einauge ein. Um ihr Herz zu rühren, erzählte er ihr, was es mit Chacs Pilgerreise auf sich hatte: dass er in Teotihuacán für die Seele seiner Frau beten wollte.
    Tonina glaubte zu verstehen: Paluma war ermordet worden, und zweifelsohne musste ein Maya-Ritual durchgeführt werden, um die Folgen einer so ruchlosen Tat abzuwenden.
    Sie dachte an die blaue Feder und daran, wie freundlich Paluma zu Tapferem Adler gewesen war. »Einverstanden«, sagte sie schließlich, »er kann nach Quatemalán mitkommen.«
    »Sie willigt ein, Herr«, übersetzte Einauge und rieb sich freudig die knubbeligen Hände. »Ich kenne ein paar gute Straßen, und entlang des Weges habe ich Freunde, denn ich bin weit und breit bekannt als … «
    »Nein«, entgegnete Chac. »Das Mädchen und ich, wir müssen uns allein aufmachen.«
    »Herr, aber … «, hob Einauge erschrocken an.
    »Die Götter haben es so bestimmt«, sagte Chac und wandte sich, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, zum Gehen.

26
    In Reisekleidung, die Füße in festen Sandalen und die Säcke geschultert, verließen sie wortlos die Villa und bahnten sich einen Weg durch die Schar der Anhänger und Glückssucher, die sich draußen eingefunden hatte.
    Nachdem sie die Seitenstraße passiert hatten, überquerten sie die überfüllte Plaza, ohne der Menge, die auf dem Weg zu den Stadttoren ihre Säume zu berühren und ihre Schatten zu erhaschen suchte, Beachtung zu schenken. Unterwegs auf der Straße, die aus Mayapán hinausführte, schlug Chac jedoch, ohne Tonina eine Erklärung dafür zu geben, die Richtung ein, die zu dem von der Mittagssonne in blendendes Rot getauchten Palast führte. Das Mädchen folgte ihm und fragte sich, was er wohl dort noch zu erledigen hatte.
    Die Wachen am hinteren Eingang traten, als sie Chac erkannten, beiseite, verbeugten sich förmlich und ließen die beiden eintreten. Wahrscheinlich, so Toninas Vermutung, wollte er dem König Lebewohl sagen, aber anstatt dem Großen Saal und den königlichen Gemächern zuzustreben, bog Chac in einen schmalen Korridor ab, aus dem ihnen schon bald köstliche Düfte entgegenschlugen.
    Kein Zweifel, hier befand sich die große Küche der königlichen Residenz. Und hier arbeitete Chacs Mutter, die Mutter, für die er sich schämte.
    Weshalb er sich wohl schämt?, überlegte Tonina. Wegen ihres niedrigen Standes? Warum hatte er dann, als er zum Helden geworden war, ihre Position nicht angehoben? Oder lag es an ihrer Blutlinie, an dem, was er niemals würde ändern können, wie reich er auch sein mochte und wie sehr man ihn auch verehrte?
    Als Chac die Küche betrat, wurde es sofort still, jedwede Tätigkeit unterbrochen; Diener und Sklaven staunten, als der berühmteste Mann von Mayapán leibhaftig in ihrer Mitte aufkreuzte.
    Aus einiger Entfernung verfolgte Tonina das Geschehen anhand der Körpersprache, der zum Ausdruck gebrachten Emotionen und der wenigen Maya-Worte, die sie mitbekam. Die alte Frau schien bestürzt zu sein, ihn in der Küche zu sehen, hob abwehrend die Hände, wandte sich ab. Als Chac wie ein Bittsteller die Hände nach ihr ausstreckte, begriff Tonina, dass er auf die Mutter zugehen wollte, dass aber sie es war, die ihm den Rücken zukehrte.
    Da sich Chac laut Einauge seiner Blutlinie schämte, hatte Tonina angenommen, dass er sich auch seiner Mutter schämte. Danach sah es aber jetzt nicht aus. Er umarmte sie vor allen Leuten in der Küche, drückte sie an sich und fand zärtliche Worte für sie, bis sie nachgab, ihn »Sohn« nannte und an seiner Brust weinte.
    War die Entfremdung etwa von der Mutter ausgegangen?, überlegte Tonina. Mit Absicht und ihrem Sohn zuliebe, damit seine Maya-Freunde und Bewunderer nicht an sein minderwertiges Blut erinnert wurden

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