Das Pest-Gewölbe
Arme nach vom gestreckt, wie ein Blinder, der sich durch eine fremde Umgebung tastete. Sie konnten nichts sehen, und wenn die Mauern oder Wände schließlich vor ihnen auftauchten, dann ahnten sie diese mehr Klar, daß es zu kleinen Karambolagen kam. Immer wieder prallten sie irgendwo gegen, und sie stießen auch gegeneinander, wobei sie sich behinderten, aber es kam nie dazu, daß sie zu Boden fielen und dort liegenblieben.
Wohin sie rannten, war nicht festzustellen. Sie wollten nur weg, und die beiden fremden Gestalten so schnell wie möglich hinter sich lassen. Ab und zu drehten sie auch die Köpfe, doch die hellen Schatten der zwei waren nicht hinter ihnen.
Stefan war es, der fluchte und nicht mehr weiterlief, weil er plötzlich gegen eine Mauer gestoßen war. Er blieb stehen, zischte den Freunden hinter ihm laufenden ebenfalls zu, sich nicht zu rühren und hörte zu, wie die Schritte verklangen.
»Was ist denn?«
»Warte es ab, verdammt.«
Uli wollte nicht. »Hast du den Ausgang gefunden?«
»Nein, den Eingang in die Hölle!« knirschte Stefan. Er faßte in die Tasche und suchte nach seinem Feuerzeug, das sich zwischen seinem Oberschenkel und dem Jeansstoff eingeklemmt hatte.
Endlich hielt er es in der Hand, und wenig später stach die Flamme hoch.
Aus der unmittelbaren Umgebung wurde die Dunkelheit aufgesaugt.
Ängstliche Gesichter wurden sichtbar. Sie gehörten Uli und Jochen.
Stefan Krüger gab zu, daß er selbst kaum anders aussah. Jochen blutete an der Stirn. Er war gegen eine Kante geschrammt, stand aber so stark unter Dampf, daß er es nicht merkte.
Nur das Keuchen der drei Freunde erfüllte die nähere Umgebung. Stefan schirmte die Flamme mit einer Hand ab, um sich bewegen zu können.
So wanderte die Lichtinsel leicht flackernd weiter und warf einen bizarren Schatten gegen die Wand vor der sie standen.
Er verstärkte das Unheimliche dieser Umgebung noch um einiges.
Die Wand war aufgerauht und an einigen Stellen mit einem hellen Flaum aus Schimmelpilzen bedeckt.
»Und jetzt?« fragte Uli.
»Sei froh!« flüsterte Stefan.
»Worüber?«
»Daß die beiden uns noch nicht haben!« Uli lachte glucksend. »Aber viel besser geht es uns auch nicht.«
»Freu dich, daß du lebst!« stand Jochen seinem Freund Stefan bei, der nickte und dann mit der freien Hand nach vorn deutete, bevor die Flamme erlosch.
»Wir werden parallel zu dieser Wand weitergehen. Uns bleibt keine andere Wahl. Irgendwo wird sie ja aufhören, und dann finden wir vielleicht auch den Weg zum Ausgang.«
»Aber nur vielleicht«, murmelte Uli. Keiner der anderen ging auf seine Bemerkung ein.
Bevor sie weitergingen, schauten sie noch einmal zurück und atmeten auf, weil von den beiden Verfolgern nichts zu sehen war. Man hatte sie allein gelassen, aber würde man sie auch in Ruhe lassen?
Wieder ging Stefan Krüger an der Spitze. Stockschwarze Finsternis umgab sie. An den alten und modrigen Geruch hatten sie sich längst gewöhnt, an die Dunkelheit nicht. Sie konnte Angst machen, sie war wie ein großes Tuch, das über ihnen hing, und bei dem es keine einzige Stelle gab, die aufgerissen war.
Sie tappten mehr, als daß sie gingen. Stefan hatte den linken Arm zur Seite gedrückt, und seine Fingerspitzen berührten das Gestein, das sich anfühlte wie die kalte Haut einer Leiche, die zusätzlich noch mit einer Flüssigkeit bestrichen war Sie gingen und gingen. Die Wand schien kein Ende nehmen zu wollen. Möglicherweise kam es ihnen auch nur so vor, jedenfalls sahen sie auch keinen Verfolger.
Sie waren allein.
Aber sie fanden den Ausgang nicht. »Ich bleibe jetzt stehen!« erklärte Stefan flüsternd. Er wollte nicht, daß die anderen gegen ihn prallten.
»Was willst du tun?« fragte Uli.
»Licht machen.«
»Okay.«
Wieder erhellte die kleine Flamme die Umgebung, und die drei Freunde entdeckten, daß sie sich verändert hatte. Zwar befand sich noch die Wand an der linken Seite, aber sie konnten dicht vor sich schon das Ende erkennen. Denn dort öffnete sich so etwas wie ein Gang.
»Ja, das ist ganz anders«, sagte Jochen Köcher. Seine Stimme klang hohl. »Ich glaube sogar, daß wir dort schon hergegangen sind. Oder?«
Die beiden anderen hoben die Schultern. Obwohl sie auch Pech haben konnten, war alles Neue in dieser Umgebung für sie wie ein Schimmer der Hoffnung. Das berühmte Licht am Ende des Tunnels, der hoffentlich auch ins Freie führte.
Ihre Stimmen waren versickert. Stille hatte sie umgeben. Auch von den Verfolgern
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