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Das Pestzeichen

Das Pestzeichen

Titel: Das Pestzeichen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zin meister Deana
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aufblickte, kniete er vor ihr und nahm ihr den Knebel aus dem Mund.
    »Was habt ihr mit ihm gemacht?«, keuchte sie.
    »Sei still«, raunzte er. Susanna erkannte seine Stimme wieder.
    »Weißt du, wo der schwarz gekleidete Mann ist?«, fragte er und blickte sie finster an.
    Sie nickte. »Er ist nach Gersweiler geritten.«
    »Der Bursche in der Kirche sagte, dass du sein Pferd gestohlen hast.«
    »Ich musste mir das Pferd nehmen, sonst hätte er mich umgebracht.«
    Der Fremde kniff leicht seine Augen zusammen.
    Susanna schluckte und flüsterte: »Er hat meine Eltern und meine Geschwister ermordet. Wenn ich mit dem Pferd nicht geflohen wäre, würde ich sicher nicht mehr leben.«
    »Wir haben Order, dir nichts zu tun«, sagte der Mann und schnitt die Fesseln durch.
    »Wer seid ihr?«
    »Das geht dich nichts an.«
    »Ist der Widerling tot?«, fragte sie leise und traute sich kaum, dem Fremden ins Gesicht zu blicken.
    »Ja.«
    Susanna hielt die Luft an. »Er hat seine gerechte Strafe bekommen«, flüsterte sie.
    Ohne ein weiteres Wort durchtrennte der Mann die fesselnden Borten. Bevor sie sich bedanken konnte, ertönte ein Pfiff, und er verschwand zwischen den Bäumen.
    Susanna saß da und wagte nicht aufzustehen. Sie war allein, und sie fürchtete die Einsamkeit der dunklen Nacht. Mit bangem Blick sah sie zur Kirche, in der Markus tot in seinem Blut lag, während seine Mörder spurlos verschwunden waren. Thomas hat sie geschickt, weil Johannes gestorben ist , dachte Susanna und erschauerte bei dem Gedanken. Sie murmelte ein Gebet.
    Laut seufzend dachte sie nach, was sie nun machen sollte. Zwar wäre sie gerne so schnell wie möglich nach Gersweiler gegangen, um Urs zu suchen, doch es war mitten in der Nacht, und sie kannte sich in dieser Gegend nicht aus. Ich breche mir womöglich den Hals , dachte sie, als ein vertrautes Geräusch an ihre Ohren drang.
    Ein zaghaftes Lächeln verzog ihre Mundwinkel, und sie rappelte sich auf. Mit steifen Beinen ging sie zu der kleinen Einzäunung, wo Dickerchen auf dem Boden lag und zu ihr herüberschaute. Susanna legte sich neben ihn ins Gras. »Zum Glück habe ich dich«, flüsterte sie und streichelte ihm über die Nüstern. Dann drehte sie sich so, dass ihr Blick auf die Kirche gerichtet war. Susanna zog die Beine an und umschlang sie mit den Armen, als sich ihr Gewissen meldete. Sollte sie nach Markus in der Kirche schauen? Sie verwarf den Gedanken, da sie sich vor dem Anblick des Toten fürchtete.
    »Ich kann ihm nicht mehr helfen«, beruhigte sie sich, lehnte sich an den warmen Leib des Pferds und versuchte zu schlafen.
    Jeremias saß im Wirtshaus und wurde wie ein Held gefeiert. Die Nachricht, dass er einen Giftanschlag auf Gersweiler vereitelt hatte, sprach sich wie ein Lauffeuer herum. Sogar aus dem Nachbarort Ottenhausen kamen Bauern, um den Fremden kennenzulernen, der den Schuft auf frischer Tat ertappt und niedergeschlagen hatte. Das Bier floss in Strömen, und die Stimmung war gelöst.
    »Gleich morgen in der Früh werden wir zum Grafen von Nassau-Saarbrücken gehen und Anklage erheben«, sagte der Bauer, den Jeremias am Brunnen getroffen hatte.
    »Was wird mit dem Burschen geschehen?«, fragte Jeremias.
    »Die Saarbrücker werden einen Amtmann schicken, der nach Indizien suchen und den Burschen verhören wird«, erklärte ein anderer, dessen Wangen vom Biergenuss gerötet waren.
    Jeremias gefiel es, dass er im Mittelpunkt stand und gefeiert wurde. Es kam nicht oft vor, dass man ihm lobend auf die Schulter klopfte und ihm ein Bier nach dem anderen spendierte. Selbst als er im langen Krieg mutig gekämpft hatte, war ihm nie so viel Ehrerbietung gezeigt worden. Er musste dem Burschen dafür dankbar sein, der im Keller des Wirtshauses eingesperrt war und wahrscheinlich nicht einmal den Grund für seine Gefangennahme kannte. Er spürte einen Anflug von Mitleid mit dem Jungen und hoffte, dass der Amtmann seine Unschuld feststellen würde. Falls nicht, würde ihn das allerdings nicht weiter kümmern. Jeder Krieg forderte seine Opfer, und sein Krieg wurde zwischen dem Mädchen und ihm ausgefochten. Hätte das Miststück ihm gleich die magischen Schriften übergeben, wäre die Lage nicht außer Kontrolle geraten.
    Verdammt , fluchte Jeremias innerlich. Die Zeit lief ihm davon, und er hatte immer noch keine Ahnung, wo die Schriften waren. Er musste dringend zurück zur Pestkirche. Wenn das Luder hörte, dass der Bursche gefangen war und eines schweren Verbrechens bezichtigt wurde,

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