Das Pestzeichen
erklärte ihr Mann.
»Wir einfachen Menschen wollten keinen Krieg und mussten selbst sehen, wie wir überlebten. Mit roher Gewalt haben die Soldaten den Menschen ihren Besitz weggenommen«, schimpfte die Bäuerin.
»Wir müssen darüber nicht streiten. Wenden wir uns dieser Schatzkarte zu«, sagte der Oheim und blickte zu Susanna, die verwirrt dasaß. Sein Blick schweifte zu den Schriften auf dem Tisch und wurde ernst. »Meine Schwägerin sagte, dass du die Absicht hast, die Papiere zu vernichten.«
Susanna nickte. »Sie bringen nichts als Unheil. Ich glaube, dass sie der Grund waren, weshalb meine Eltern und meine Geschwister sterben mussten.«
»Das ist gut möglich, denn solche magischen Schriften sind begehrt. Zwar gibt es zahlreiche Abschriften, doch diese scheint ein Original zu sein. Es ist eine besondere Schatzkarte, die dir die Stelle zeigt, wo das Geld vergraben ist. Dafür würde so manch einer zum Mörder werden.«
Susanna schaute entsetzt hoch, konnte aber nichts Feindseliges in den Gesichtern der Männer erkennen, die sich wieder in die Schriften vertieften. Neugierig fragte sie: »Sind Gersweiler oder Aschbach Orte? Wisst ihr, wo sie liegen? Und was bedeutet das schwarze Kreuz?«
Der Oheim betrachtete angestrengt die Karte und überhörte Susannas Frage. Er sah seinen Bruder an und meinte grinsend: »Wir müssen wohl oder übel mit dem Lauer Karl sprechen.«
Der Bauer nickte und sagte: »Paul kann ihm morgen eine Nachricht überbringen, dass wir ihn treffen wollen.«
»Am alten Versammlungsort?«, lachte der Bruder. Wieder nickte der Bauer, und beide Männer erhoben sich.
»Lasst uns schlafen gehen. Es war ein harter Tag«, gähnte der Oheim.
Susanna konnte nicht sofort einschlafen. Zu viele Gedanken schwirrten in ihrem Kopf herum und hielten sie wach – zu viele Fragen blieben unbeantwortet. Nur eines wusste sie: Sie vertraute diesen Menschen, die sie so freundlich aufgenommen hatten.
Irgendwann schlummerte sie ein und wurde mitten in der Nacht durch ein lautes Geräusch aus dem Schlaf gerissen. Erschrocken setzte sie sich auf. Als sie erkannte, dass das Geräusch das Schnarchen der Großmutter war, legte sie sich beruhigt zurück. »Hier bin ich in Sicherheit«, murmelte sie und schlief wieder ein.
–·–
Schiffer blickte Markus ungläubig an. »Was willst du mit dem Gewehr?«, fragte er ihn.
»Denkst du, dass ich das Miststück ungestraft davonkommen lasse?«, erklärte Markus entrüstet.
»Lass ihm das Vergnügen«, mischte sich Jeremias ein, der ebenfalls ein Gewehr geschultert hatte. Als er Schiffers Blick sah, zeigte er auf seine eigene Büchse, grinste und sagte: »Für die wilden Tiere.«
»Ihr seid des Wahnsinns, und du bist zudem ein mordlüsterner Widerling«, beschimpfte Schiffer den Burschen.
»Beleidige mich nicht«, schrie Markus und drohte: »Sonst wird es dir und deiner Familie schlecht ergehen.« Er streckte seine Faust in die Höhe.
Eckart Schiffer ließ sein Pferd los, packte Markus am Kragen und zischte: »Wage es nicht, meiner Familie oder mir zu drohen, Bürschchen. Ich bin zwar älter, aber nicht schwächer als du. Wenn du uns zu nahe kommen solltest, werde ich dich töten und deine Leiche an meine Hofhunde verfüttern. Kein Hahn würde nach dir krähen. Also bleib mir vom Leib. Und für die Bauerntochter gilt das Gleiche. Du hast genug Unheil über uns gebracht. Haben wir uns verstanden?« Schiffer stieß Markus von sich, sodass er rückwärts strauchelte.
»Sollte ich dieses Miststück vor die Flinte bekommen, werde ich ihr eins überbraten. Ob dir das gefällt oder nicht«, erwiderte Markus mit gefährlich leiser Stimme.
Jeremias saß auf und blickte kopfschüttelnd auf die zwei Männer hinab, die sich wie Kampfhähne gegenüberstanden. »Wenn wir heute nicht losreiten, verlieren wir ihre Spur«, mahnte er und preschte davon.
–·–
Karl Lauer lebte im nahen Ort Calmesweiler. Der Bauer Sonntag, sein Bruder und Susanna marschierten am nächsten Abend in den Nachbarort und trafen Lauer in einer abgelegenen Scheune, wo er heimlich Schnaps brannte.
»Probiert den hier. Er ist erst gestern durchs Rohr gelaufen«, feixte er und hielt den beiden Männern einen Becher unter die Nase.
Bauer Sonntag schnupperte daran und kniff die Augen zusammen. »Der brennt wie Zunderschwamm«, lachte er und reichte seinem Bruder den Schnaps.
Der zauderte nicht, nahm einen Schluck und schüttelte sich. »Genau nach meinem Geschmack«, frohlockte er und wollte den Becher
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