Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
Gespräch zu belauschen. Am Fenster konnte er auf keinen Fall horchen. Selbst wenn Watson diese bei der Verhandlung nicht schloß, war es ein aussichtsloses Beginnen. Die Fenster des Office lagen nämlich zur Straße, und vorbeikommende Somerseter würden ihn sofort verraten. Regenwurm faßte daher einen ganz großen Entschluß: Er mußte sich ins Office einschleichen! Kurz vor dem Hause des Sheriffs stoppte er seinen Lauf und tat ganz harmlos. Das hatte natürlich seinen Grund! Er hatte nämlich Jimmy Watson, den Neffen des Hilfssheriffs, erspäht. Der lange Schlaks hockte auf den Stufen des Vorbaues und puhlte sich mit einem verrosteten Taschenmesser die Fingernägel sauber. Joe Jemmery schlenderte harmlos heran und sah einige Sekunden
schweigend aber interessiert zu, wie Jimmy sich abmühte, das zu betreiben, was man in der modernen Sprache „Maniküre" nennt.
„Wenn du denkst, du bist allein", sagte er plötzlich trocken, „dann mache dir die Finger rein!"
Jimmy Watson fuhr erschreckt auf. Er war so beschäftigt gewesen, daß er Joe gar nicht bemerkt hatte. „Verschwinde, Regenwurm", brummte er übellaunig, „kann dich nicht gebrauchen!"
„Kann ich mir denken, Stinktier", feixte Joe, „heute ist Sonntag. Und weil die Sonne scheint, beseitigst du schnell deine Trauerränder."
„Gehen dich einen Dreck an, meine Trauerränder!" Jimmy war böse; er hatte es nicht gern, wenn man „Stinktier" zu ihm sagte.
„Mich wundert", begann Regenwurm harmlos, „daß du hier noch herum sitzt. Ich an deiner Stelle würde deinem Onkel helfen."
„Was soll ich dem schon helfen. Er trinkt gemütlich seinen Whisky im ,Weidereiter'; die Umgebung dort paßt mir nicht." Jimmy fuhr in seiner Arbeit fort.
„Soooo?" dehnte der kleine „Gerechte", „weißt du das genau? Ich glaube, dein Onkel jagt einen gefährlichen Verbrecher! Habe eben so was läuten gehört."
„Quatsch! Du willst mich wohl auf den Arm nehmen. Dazu bist du mir aber zu klein, Regenwurm. Jimmy Watson läßt sich von so einem Zwerg nicht durch den Kakao ziehen."
„Wetten, daß ich recht habe? Ich biete zehn Dollars?" Joe ging mit seinem Angebot gleich aufs Ganze, um dem Schlaks jeglichen Zweifel zu nehmen.
„Zehn Dollars? Hä — hä — hä —! Wo willst du zehn Dollars hernehmen? So viel Geld hast du noch nie auf einem Haufen gesehen."
„Habe ich! Ist mein ganzes erspartes Geld." Joe tat ganz gelassen, obwohl er innerlich sozusagen auf glühenden Kohlen saß. Jeden Augenblick konnte Watson mit der Timpedow und dem Ziegenbart auftauchen, dann war es zu spät.
„Und wo jagt er den Verbrecher?" Jimmy wurde jetzt neugierig.
„Im Garten der Mrs. Timpedow. Der Bursche ist durchs Fenster gestiegen und hat das halbe Wohnzimmer ruiniert. Einmalige Gelegenheit, mein Lieber, sich Ruhm und Ehre zu verdienen."
„Und warum gehst du nicht hin?" Der Schlaks sah Joe mißtrauisch an.
„Weil ich nach Hause muß! Mein Vater versohlt mir das Fell, wenn ich nicht pünktlich bin."
„Na, kann ja mal nachsehen", sagte Jimmy gönnerhaft, „aber das sage ich dir: wenn nichts los ist, bekomme ich von dir die zehn Dollars!" Der Schlaks erhob sich lässig, nickte Joe noch einmal gönnerhaft zu und latschte dann die Straße hinunter. Joe Jemmery seufzte tief auf und verdrehte die Augen. Na, das hatte noch mal geklappt! Flink huschte er ins Haus und stand wenige Sekunden darauf im Amtszimmer. Suchend sah er sich um. Wo konnte er sich wohl am besten verstecken? Da! Schon hatte er es. Unter dem Fenster stand eine riesige Kiste, eine Art Truhe. Joe wußte, daß Sheriff Tunker darin die „Fundsachen" aufbewahrte. In den letzten drei Jahren hatte aber in Somerset kein Mensch etwas verloren oder gefunden. Daher war die Kiste leer. Der Regenwurm hob schnell den Deckel und trat, ohne hineinzusehen, mit einem Bein hinein. Aber plötzlich wurde dieses festgehalten.
„Paß doch auf, du Rindvieh!" erklang im selben Augenblick eine hohle Stimme.
Joe Jemmery erschrak furchtbar. Schnell wollte er das Bein wieder zurückziehen, aber der Bursche in der Kiste hielt es eisern fest. Von der Straße her erklangen im selben Augenblick Stimmen. John Watson war im Anmarsch! Der Kleine überlegte nicht lange! Ohne sich um das zu kümmern, was in der Kiste war, zog er sein zweites Bein nach, hockte sich nieder und ließ den Deckel fallen.
„Mach, daß du hinauskommst", schimpfte es im finsteren Gelaß, „für zwei ist hier nicht genug Platz!"
„Halt die Klappe, Jonny", feixte nun
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