Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
daran. Sie trieben unbekümmert ihr Spiel weiter; es war ja Sonntag.
„Elende Kreaturen", brummte Watson schon etwas lauter, „habt ihr keinen Respekt mehr vor der Obrigkeit? Wartet, ihr sollt mich kennen lernen."
Watson bückte sich stöhnend und hob einen faustgroßen Stein auf. Er schätzte maßgerecht die Entfernung, nahm einen Anlauf und . . . „Peng!" . . . „Klirr!" — das schöne Kirchenfenster zersplitterte mit großem Getöse! Hilfssheriff Watson stand wie erstarrt. Was hatte er da angerichet? Kein Mensch durfte je erfahren, daß er der Übeltäter war! Also nichts wie weg!
Watson setzte sich in Trab, erst gemächlich, dann immer schneller. Aber er hatte nicht mit den Hunden gerechnet. Sie hingen sich wild jaulend und kläffend an seine Fersen und sprangen ihm freudig zwischen die Beine; endlich kam Bewegung in ihr Sonntagsdasein! Aber schon fiel Watson auf seine große Nase und streckte alle viere von sich. Jetzt spielte einer der Hunde auch noch mit seinem Hosenboden. „Ritsch!" Der Stoff war dem scharfen Gebiß nicht gewachsen. Watson strampelte wild mit den Beinen und schaffte sich Luft. Dann rappelte er sich mühsam auf.
Aus der Kirchentür drängte jetzt eine erregte Menschenmenge. Laut schimpfend sah man sich nach dem Übeltäter um, der es gewagt hatte, die sonntägliche Andacht derart zu stören. So eine Unverschämtheit!
John Watson war in großer Not. Er konnte doch nicht
sagen, daß er--! No, ganz unmöglich! Er hielt sich
mit der linken Hand das Loch im Hosenboden zu und fuchtelte mit der rechten wild herum. „Ho", schrie er dabei, „haltet ihn! Haltet den Burschen, der es wagte, das Fenster unserer Kirche zu zertrümmern!"
„Wer war es denn, Mr. Watson?" wollte Mr. Tinfad, der Metzgermeister, wissen. „Haben Sie ihn gesehen?"
„Ich? — Gesehen? — Nein — ja, das heißt, ich kam gerade noch im letzten Augenblick dazu. Aber ich weiß
nicht, wer es war. Es war so ein großer, blonder Schlingel."
„Groß und blond? Wer kann das gewesen sein?" schrie Mrs. Timpedow, die Klatschbase von Somerset, erregt. „War doch nicht etwa dieser Pete Simmers? Der ist doch groß und blond!"
„Pete?" stotterte John Watson, „no, Pete war es nicht. Den hätte ich erkannt. Es war — es schien mir — ja, wer war es denn gleich?" Watson wand sich wie ein Aal in der*XJ Reuse. Teufel, daß ihm das passieren mußte!
Immer mehr Menschen kamen aus der Kirche. Reverend Thomas hatte den Gottesdienst vorzeitig beendet. ^ Eine dicke Menschentraube drängte sich um den Hilfssheriff. Alles schrie durcheinander. Jeder wollte zuerst erfahren, was eigentlich los war. Und Watson, das Gesetz von Somerset, hatte ein Loch in der Hose! —Wie peinlich . . . ausgerechnet am Sonntag! —
„Ich weiß nicht, Pete", meinte Sam Dodd, die Sommersprosse, in diesem Augenblick, „hier stimmt doch etwas ?3 nicht! Sieh dir mal diesen Watson an. Er kommt mir vor wie das personifizierte schlechte Gewissen."
„Personifizierte schlechte Gewissen?" Pete staunte. „Wo 02 hast du denn das Wort aufgeschnappt?"
„Habe ich in einem Kriminalroman gelesen. Da handelte es sich auch um einen Mann, der so widersprechende Aussagen machte — genau wie bei Watson. Erst sagt er, er wäre dabei gewesen, dann wieder wollte er den Täter nicht erkannt haben. Fällt dir denn gar nichts auf?"
„Du solltest lieber keine Schmöker mehr lesen, Sommersprosse, das verdirbt deine Phantasie", lächelte Pete. „Personifiziertes Gewissen? Wenn ich das schon höre!"
Die beiden Jungen waren ebenfalls in der Sonntagsschule gewesen und standen jetzt unweit der Gruppe, die sich um John Watson gebildet hatte. Sam Dodd sah heute aus wie ein „Film-Lausebengel". Mamy Linda hatte ihn auf Hochglanz poliert. Sein rotes Stoppelhaar war mit viel Zuckerwasser gebändigt, und einen knalligen Schlips trug er auch. Auch Pete hatte seinen Sonntagsstaat an. Er trug einen „richtigen" Anzug und fühlte sich deshalb nicht so recht wohl in der Haut.
„Ladies and gentlemen", hörte man jetzt John Watsons laute Stimme, „regen Sie sich doch nicht auf. Gehen Sie ruhig nach Hause und verputzen Sie Ihren Sonntagsbraten. Aufregung schmälert den Appetit! Überlassen Sie getrost alles andere mir, dem ,Hüter der Ordnung'. Ich werde den Täter schon erwischen! Schätze, bis Sie Ihren Pudding vorhaben, habe ich den Burschen längst am Schlafittchen."
„Sie? Sie den Pudding — eh — den Burschen erwischen?" Witwe Poldi arbeitete sich rücksichtslos durch
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