Das Pete Buch 23 - Der doppelte Watson
streckte sich. Auf einmal aber hörte er eine energische Stimme im Gang draußen, und gleich darauf rüttelte jemand an der Tür: „Onkel! Onkel! Du sollst sofort ins Office kommen und — Pferdeäpfel einsammeln. Den Korb hole ich dir schnell aus dem Stall."
,Seit wann bin ich ein Onkel?' fragte sich Kluck. Doch dann fiel ihm ein, daß er jetzt ja John Watson darzustellen hatte und somit auch einen lieben Neffen besaß, der den stolzen Namen Jimmy trug.
„Ich komme, Neffe Jimmy!" antwortete er mit lauter Stimme und sprang mit beiden Beinen zugleich aus dem Bett. Gewaschen hatte er sich schnell, und das Anziehen dauerte auch nicht lange. Zehn Minuten später erschien er in der Schreibstube. Tunker hatte bereits Borsty in den Stall gebracht. So machte er sich schnell daran, die Stube auszukehren. Jimmy stand mit offenem Munde dabei und sah ihm zu. Der Sheriff kam bald aus dem Stall zurück und fragte seinen Gehilfen: „Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht, als Sie Ihr Pferd hier im Office abstellten."
„Ich wollte es nicht in der Kälte draußen stehenlassen. Ich bin doch ein Tierfreund!"
„Erstens", sagte Tunker, „war es heute nacht gar nicht so kalt, und zweitens haben wir einen wunderschönen, warmen Stall."
„Gewiß", nickte der „Hilfssheriff." „Aber ich wußte doch nicht, welcher von beiden wärmer war. Wollte meinem Tier keinen Schaden antun und nahm es deswegen mit ins Haus."
„Jetzt wird mir alles klar", wetterte Tunker. „Sie hatten also wieder einmal so viel Alkohol zu sich genommen, daß Sie nicht mehr wußten, was Sie taten!"
„Sie haben recht, werde von jetzt ab nur noch Milch und Limonade zu mir nehmen."
„Das möchte ich Ihnen auch ganz entschieden geraten haben. Einen Säufer kann ich als Hilfssheriff nicht gebrauchen!"
„Ich werde mich also zu bessern haben!"
„Ich will es hoffen."
Damit hielt Sheriff Tunker dieses Thema für erledigt. Er sagte nur noch, daß er jetzt nach Littletown reiten werde, und ging in den Stall, um Hektor zu satteln.
„John Watson" war nun mit sich und „seinem Neffen" allein.
„Wo hast du dich denn so vollaufen lassen?" fragte der liebe Jimmy. „So spät war doch kein Lokal mehr auf?"
„Wer suchet, der findet", antwortete Kluck sehr diplomatisch, und Jimmy gab sich damit zufrieden.
„Da kommt Mrs. Forbes", rief der Schlaks plötzlich. „Wer ist denn das?"
„Du scheinst immer noch nicht ganz klar zu sein", meinte Jimmy.
„Du kennst doch dieses Weib; es ist die Frau, die heute acht Mädchen auf einmal bekommen wird."
„Wie bitte?" fragte Kluck verblüfft. „Wie soll das denn vor sich gehen?"
„Na, ihre Tochter Alice hat ihre acht Schulfreundinnen nach Somerset eingeladen. Sollen alles patente Girls sein!"
„Ja, ich entsinne mich jetzt! Verstehe gar nicht, wie ich das vergessen konnte. War wohl ein kleiner Kurzschluß im Gehirn."
„Guten Morgen", wünschte Mrs. Forbes, die nun eingetreten war. „Ist Mr. Tunker da?"
„Sheriff Tunker ist nach Little . . . Little . . ., na ja, er ist eben fortgeritten und kommt so schnell nicht wieder. Gott sei dank!"
„Ich will jetzt die Mädchen abholen", sagte Mrs. Forbes.
„Sie würden mir einen großen Gefallen tun, wenn Sie mitkämen und helfen würden, die Koffer aus dem Gepäckwagen zu holen. Uns schwachen Frauen fällt das
nun mal schwer. Vier meiner Cowboys sind krank, zwei in Urlaub, und die restlichen haben genug bei den Herden zu tun, so daß ich keinen freimachen konnte."
„Selbstverständlich helfen wir Ihnen", versicherte der „Hilfssheriff", und auch sein Neffe nickte. Jimmy war nicht gerade begeistert über diese Arbeit, aber das war immerhin eine gute Gelegenheit, sich mit den Girls bekannt zu machen. Emil Kluck schnallte sich den Waffengürtel um, und sein Selbstvertrauen wuchs damit zusehends. Was konnte nun schon passieren? Nicht mal sein „Neffe" bemerkte, daß er gar nicht sein Onkel war.
„Dann wollen wir mal", meinte die resolute Rancherin. „Der Zug läuft in wenigen Minuten ein."
Mrs. Forbers, „John Watson" und Jimmy folgten ihr zu dem draußen stehenden Wagen. Der „Hilfssheriff" kletterte zu ihr auf den Kutschbock, während Jimmy es sich innen bequem machte. In zügiger Fahrt erreichten sie in drei Minuten den Bahnhof.
„Brrrrr", machte Mrs. Forbes und zog die Zügel straff. Die Kutsche hielt. Jimmy stieg wie ein richtiger Gent aus, und Mrs. Forbes und ihr Begleiter kletterten vom Bock. Phil Baker, der Stationsvorsteher, kam ihnen
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